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Großer Name mit großem Talent: „Facepaint EP“ von Buzzy Lee // Review

Großer Name mit großem Talent: „Facepaint EP“ von Buzzy Lee // Review

(Future Classic/VÖ: 27.04.2018)

Hinter dem recht unscheinbaren Künstlernamen Buzzy Lee verbirgt sich reichlich Prominenz. Der Name Spielberg spricht schließlich Bände, Buzzy Lee aka Sasha Spielberg ist Tochter der Hollywood-Legende Steven Spielberg. Ab und an ist sie auch in den Filmen ihres Vaters zu sehen. Dabei handelt es sich um keine Hauptrollen, in die sie schlüpft, sondern eher Gefälligkeiten. Etwa, wenn Steven Spielberg gerade nach einer Frau sucht, die Shia LaBeouf in „Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull“ einen Schlag ins Gesicht verpassen könnte. Das sind die Situationen, wo er zuerst bei seiner Tochter nachfragt.

Die meiste Zeit verbringt diese jedoch mit der Produktion von Musik. Entweder mit ihrem Bruder Theo als Duo Wardell, wo sie in die Gefilde des Indie-Folk abtaucht. Oder, wieder als Duo: Mit einem ominösen Produzenten, den Spielberg in Interviews auf vertraute Weise lediglich „Nico“ nennt. Dieser Nico, zugleich ihr bester Freund, ist aber ebenfalls eine ziemliche Hausnummer, handelt es sich hier um den chilenischen Downtempo-Virtuosen Nicolas Jaar. Gemeinsam bilden Spielberg und Jaar das Duo Just Friends, bisher mit quantitativ bescheidenem Output.

Buzzy Lees „Facepaint EP“, die explizit kein Just-Friends-Release sein will, ist mit seinen fünf Tracks nun auch die längste Gemeinschaftsproduktion des Duos Spielberg-Jaar. Musikalisch wagt sich Nicolas Jaar nicht in unbekannte Territorien vor, sondern bastelte sphärische Downtempo-Instrumentals mit 80er-Jahre-Synthies und prägnanten Details. Buzzy Lee macht sich diese Soundästhetik zu eigen und legt ihre manchmal sanft, manchmal beschwingt, aber immer ausdrucksstark klingende Stimme selbstsicher über die Instrumentals.

Auf dem Opener/Titeltrack erinnert die melancholische Schwere an Lykke Li, so schmerzhaft im positiven Sinne klingt ihr „I keep coming back to you“ über Jaars minimalistischem Beatgerüst. Ein ähnliches Stimmungsmuster greift Lee in „On the Radio“ auf: Ihr Falsetto – in dieser Stimmlage singt sie die meiste Zeit auf „Facepaint“ – bringt sie über eine reduzierte, mit spärlich eingesetzten Dissonanzen versehene Piano-Untermalung zum Besten. Jaar bietet der Stimme Lees Raum, den sie zu nutzen weiß.

Als melancholischer Abschluss fungiert „Walk Away“, auf dem Lee gar bluesig-soulige Seiten aufzieht und ein herzzerreißendes „I hate to watch you walk away“ in der Hook schmettert. Die emotionale Tiefe, die sie mit ihrer Stimme erzeugt, ist bemerkenswert; ebenso die Wandlungen, die sie in der kurzen Spielzeit vornimmt. Denn nicht alles ist grau bei Buzzy Lee: Auf „Coolhand“ wird eine ungemein lebhafte, poppige Seite aufgezogen, auf „No Her“ führt Jaar seine singende Partnerin aufs Eis des R’n’B, wo sie jedoch erstaunliche Standhaftigkeit beweisen kann. Das Highlight des Tracks lässt sich aber Nicolas Jaar, der auf der ganzen EP seine Detailversessenheit unter Beweis stellt, nicht nehmen: Das E-Gitarrensolo kommt auf „No Her“ haargenau zur richtigen Stelle und gibt dem Track noch einen ganz besonderen Kick.

Der findet sich bei den Lyrics der Tracks nicht immer, textlich geht Buzzy Lee wenige Risiken ein. Peinliche Zeilen umschifft sie zwar weitgehend, aber interessante Konzepte wie die zeitgemäße Social-Media-Abhandlung „Coolhand“ finden sich auf „Facepaint“ zu selten. In dieser Hinsicht muss sie für ein hoffentlich bald kommendes Album noch eine Schippe drauflegen. Einer der wenigen Kritikpunkte, denn ansonsten bewegt sich das Spielberg-Jaar-Gespann auf einem überaus hohen Niveau.

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Fazit: Mit „Facepaint“ liefert Buzzy Lee eine überaus ansprechende Kostprobe ihres gesanglichen Talents ab, das nicht zuletzt von den graziösen Instrumentals des Nicolas Jaar herausgefordert wird. Nur lyrisch beweist Buzzy Lee noch etwas Luft nach oben. Nach dieser EP sollte man ihre weiteren Entwicklungsschritte auf jeden Fall im Auge behalten. Dass Sasha Spielberg eine Emanzipation von ihrem berühmten Vater gelingen kann, ist nämlich durchaus möglich.

3,5 von 5 Ananasse