Now Reading
Die Perfektion der Pause – Groundation

Die Perfektion der Pause – Groundation

Groundation by Daniel Shaked DSC_1766

Einiges an diesem 1. Novemberabend in Wien wirft Fragen auf. Fragen, die man überall im Porgy im Herzen der Innenstadt hören kann. Immer wieder dieselben. Wieso? Wieso spielt eine der renommiertesten Reggae Bands der Neuzeit im renommierten Jazz Club? Verkauft jemand noch Karten? Wieso ist die Vorband so fad und lange auf der Bühne? Wieso in dieser kleinen Location, wenn man locker eine größere Venue hätte ausverkaufen können? Und zu guter Letzt: Wieso gibt es noch immer Menschen, die nichts von Körperhygiene mitbekommen haben? Axel Schweiss lässt grüßen. Oder haben wir das vor dem Rauchverbot einfach alle derart hart nicht mitbekommen?

Doch machen wir der Reihe nach. Langes Wochenende und ein restlos ausverkauftes Porgy & Bess. Eine sich bis auf die Straße windende Schlage anstehender Reggae-Fans. Karten zu ergattern: Fehlanzeige. Verzweiflung auf den Gesichtern derjenigen, die Karten brauchen, freudige Erwartung auf den anderen, die sich hinunter in den Bauch des Clubs schieben.

In der Rhetorik besteht eines der wichtigsten Stilmittel in der klug gesetzten Pause. Wann spreche ich, wann nicht (sollten sich einige vielleicht auch im echten Leben zu Herzen nehmen). Wie schaffe ich es, den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten? Wie fessle ich meine Zuhörer? Rein rhetorisch versteht sich. Ähnliches gilt für die Musik. Pausen gehören mitgespielt und bewusst eingesetzt. Was einfach klingt, setzt hohe spielerische Intelligenz voraus. Zur Perfektion gebracht hat das die kalifornische Formation Groundation. In unnachahmlicher Weise spielen sie Reggae voller Rhythmusbrüche, Pausen und Tempowechsel, garniert mit minutenlangen Soli, wie man sie normalerweise auf Jazz-Konzerten oder Aufnahmen von Blue Note oder Impusle Releases zu finden glauben würde. Wo sich der Kreis mit der Wahl der Location wieder schließt. Und der mit der Rhetorik. Offen bleibt also lediglich die Frage nach Schweiß, Ausdünstungen und Körpergerüchen in Zeiten von Deo und nichtrauchenden Jazzclubs.

Text & Fotos: Daniel Shaked

 

Groundation by Daniel Shaked DSC_1775Groundation by Daniel Shaked _1755 Groundation by Daniel Shaked DSC_1771

Groundation by Daniel Shaked DSC_1761

See Also

Groundation by Daniel Shaked_1759

Groundation by Daniel Shaked _1746