"The hardest thing to do is something that is close…
In den Kingsize Soundlabs in Los Angeles muss eine einzigartige Stimmung vorgeherrscht haben, als für 30 Tage im Jahr 2011 Kamasi Washington, Cameron Graves, die Bruner-Brüder und Miles Mosley dort rund um die Uhr an Musik werkten. Als erstes Ergebnis der ausgiebigen Jam-Sessions, bei denen über 200 (!) Songs entstanden, gelangte Kamasi Washingtons episches „The Epic“ 2016 an die Öffentlichkeit, ein faszinierendes Jazz-Album in der Monumentallänge von drei Stunden. Mit „Uprising“ von Bassisten Miles Mosley folgt nun der nächste Streich mit der unmenschlich schwierigen Aufgabe, das Niveau von „The Epic“ nur ansatzweise zu erreichen.
Glücklicherweise ist aber nicht nur Kamasi Washington ein Virtuose an seinem Arbeitsgerät, sondern auch Miles Mosley, der seinem Instrument ganz neue Funktionsweisen aufzwingt. Mosley handhabt die Bassgeige nämlich auf eine Art und Weise, bei der jedem Musiklehrer die Haare zu Berge stehen: Herrlich unkonventionell klingt es, wie Mosley seine Bassgeige zur Leadgitarre umfunktioniert und die Audiosignale in eine Reihe von Effekten hüllt, so, wie man es sonst nur aus der Rockmusik kennt. Mosley verblüfft mit seiner Spielweise – einfach dadurch, dass eine Neuinterpretation eines Instruments auf solch radikale Weise im 21. Jahrhundert nicht mehr für möglich gehalten wurde.
Doch Miles Mosleys musikalische Fähigkeiten beschränken sich nicht nur auf den Umgang mit der Bassgeige, auch gesanglich liefert der Kalifornier stolze Leistungen ab. Ein Grund, warum das West-Coast-Get-Down-Gemeinschaftswerk „Uprising“ mehr in die Schublade eines Soul-Albums als eines Jazz-Albums fällt, ohne dabei auf die Verwendung manch jazztypischer Songstruktur zu verzichten. Diese Verwurzlung macht „Uprising“ eben auch zu einem besonderen Stück Musik, Nummern wie das famose, mit religiösen und biografischen Referenzen ausgestattete „Abraham“ überzeugen durch eine dynamische Mischung aus Rock, Jazz, Soul sowie Funk und schaffen es, zugleich modern und „ancient“ zu klingen. „L.A. Won’t Bring You Down“, eine Erzählung über die Tücken der oftmals so verrückten Stadt der Engel, schiebt Miles Mosley einen melancholisch-traurigen Einstieg vor, ehe er seinen Song in funkig-jazzige Klänge entlässt. Eine Nummer, die beispielhaft für die Eleganz des Sounds steht, der einem auf „Uprising“ geboten wird.
Musikalisch ist dem Album nichts vorzuwerfen, selbst vor „The Epic“ muss sich „Uprising“ nicht verstecken – wenngleich Mosleys Album nicht an der außerordentlichen Wucht, Raffinesse und Tragweite des Werkes seines guten Freundes Kamasi Washington herankommt. Lyrisch steht auf „Uprising“ der große Themenkomplex Liebe im Zentrum des Geschehens, an manchen Stellen, wie dem von Selbstzweifeln handelnden „Shadow of Doubt“, gewährt Mosley auch Einblicke in sein Seelenleben. Keine komplett neuen Sujets, die aber im Songwriting spannend verpackt wurden. Wobei die Texte, bei dem Vibe, der auf „Uprising“ vorherrscht, sowieso in den Hintergrund rücken.
Fazit: Mit „Uprising“ liefert Miles Mosley ein Jazz-beeinflusstes Soul-Album, das, wie zuvor „The Epic“, als Artefakt der mittlerweile schon sagenumwobenen Studio-Session in den Kingsize Soundlabs dient. Den großen Hype kann Miles Mosley, im Gegensatz zu Kamasi Washington, mit „Uprising“ aber nicht auslösen, da er mit dem Album sein Genre nicht in eine neue Richtung lenken wird; anders als Kamasi Washington, dem selbiges auf „The Epic“ mit dem Jazz gelungen ist. Die musikalischen Grenzen der Bassgeige hat er jedoch erweitert und nebenbei mit „Uprising“ ein äußerst gelungenes Stück Musik abgeliefert.
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