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Bloß kein politisches Gespräch mit SSIO // Interview

Bloß kein politisches Gespräch mit SSIO // Interview

SSIO-by-Daniel-Shaked-©-2016-8478

Bevor er kam, war „Nutte“ lediglich ein weiteres Wort für den ältesten Beruf der Welt. Heute entspricht der Begriff dem „Sinn des Lebens“, ziert T-Shirts, wird auf seinen Konzerten gebrüllt – und schreibt sich „Nuttööö“. SSIO macht bekanntlich keinen Hehl aus seinen Hobbys. Diese wären kiffen, bumsen und auf richtig dicke Beats rappen. Diese Affinitäten teilt er zwar mit einigen Kollegen aus der Branche (minus den Beats vielleicht), was ihn aber ganz klar unterscheidet, ist die Herangehensweise: „Gags, Gags, Gags“ würde Grissemann wohl sagen. Und ein Punchlinegewitter, von dem Deutschrap sich vor ein paar Jahren erst einmal erholen musste. Sein Debüt-Album „BB.U.M.SS.N“ (selbstverständlich stehend für „Boombapisch ultraamnesisch melodischanaboler Straßenscheiß, Nuttööö“) machte den Rapper aus Bonn mit afghanischen Wurzeln im Nullkommanichts zum meist gefeiertsten Artist 2014. Wortwitz, Punchlines, Neckbreaker-Beats und eine Prise Selbstironie machten ihn zu einem regelrechten Phänomen. Während sein Labelboss Xatar und Kollegin Schwesta Ewa auch 2015 glänzten, wurde es – bis auf ein paar Featureparts – einige Zeit ruhig um Ssiawash Sadat aka Mahir. Daran, dass er mit einem Knall wiederkommen würde, zweifelten aber wenige. Und tatsächlich gelang SSIO mit „0,9“ (Review gibt’s HIER) zumindest die Weiterführung – wenn nicht die Steigerung – des Erfolgs seines eigenwilligen und herausragenden Stils. Der mehr als gelungene Nachfolger von „BB.U.MM.S.N“ verschaffte ihm eine Echo-Nominierung (für das Video zu „Nullkommnaneun“), Platz 1 in den deutschen Charts und eine weitgehend ausverkaufte Tour. In Wien musste er sogar eine Zusatzshow in der Grellen Forelle spielen. Zwischen Puffbesuch und Konzertabriss hatte er dennoch Zeit, mit uns über seine musikalische Erziehung, Humor im Deutschrap und Komplexbewältigung durch Rap zu tratschen. Aber NICHT über Politik.

Interview: Jérémie Machto & Helen Aksakalli
Fotos: Daniel Shaked

The Message: Erst mal Gratulation zur Echo-Nominierung. Habt ihr damit gerechnet?
SSIO: Dankeschön. Gerechnet haben wir damit nicht, aber berechtigt ist es.

Worin unterscheiden sich deiner Meinung nach deine Videos von denen anderer Deutschrapper?
Es ist immer schwer, den Künstler aufzufordern, sich selber Props zu geben. Das musst du diejenigen fragen, die sich das Video anschauen. Aber allein der Look unterscheidet es schon. Der HDR-Look (= High Dynamic Range Image, Anm. d. Red.). In Deutschland ist es eher üblich, diesen „cleanen“ Videolook herzustellen. Da sorgt der HDR-Look für eine freshere Optik.

Bist du jemand, der sich viel mit Filmkunst auseinandersetzt?
Ne. Technisch kenne ich mich jedenfalls nicht aus.

Und Filme generell?
Pornofilme gucke ich zum Beispiel gerne. Also grundsätzlich. Und für alles andere habe ich noch nicht die Zeit gefunden.

So richtig mit Handlung?
Nein, nein: Textpornos. Ich lese mir nur Texte durch. Das finde ich besser, da gibt es viel Interpretationsspielraum.

SSIO-by-Daniel-Shaked-©-2016-8471Zurück zu deinen Videos: Wie ist XATAR als Regisseur?
Es ist sehr konsequent und diszipliniert. XATAR hat immer eine ganz konkrete Vorstellung. Er dreht „frame by frame“, das heißt er hört sich die Songs an und hat quasi Sekunde für Sekunde die Bilder vor Augen und weiß dann dementsprechend, wie er zu drehen hat. Die Bilder konstruiert er sich vorher. Man filmt nicht stundenweise Material und schneidet das dann zusammen.

Das merkt man auch im Video zu „SIM-Karte“. War das ein aufwendigerer Dreh als zu „Nullkommaneun“?
Von der Anzahl der Drehtage war „SIM-Karte“ geringer, aber der Aufwand hat sich in der Vorbereitung bemerkbar gemacht. Bei so einem „One-Take“-Video müssen alle Abläufe zum richtigen Zeitpunkt sitzen, die Requisiten müssen besorgt werden. Das ist eine größere Vorbereitungsarbeit. Größer als bei anderen Videos, wo du rumschneiden kannst.

Welche Rolle spielen Symbolik beziehungsweise wiederkehrende Zeichen und Personen in deiner Musik?
Es klingt zwar bescheuert, wenn ich das 100-mal sage, aber es ist nicht bewusst. Wenn man ein Album macht und man hat das Album-Cover und die ersten visuellen Dinge wie das Video, dann fühlt man eine gewisse CI (Corporate Identity, Anm. d. Red.), der man dann auch weiter nachgeht. Aber es ist nicht so, dass wir vorher geplant haben, mit dieser Symbolik zu spielen und sie deswegen drauf ist. Das passiert in der Mache.

Ist es schwer, das Gleichgewicht zu finden? Zwischen Sachen, die eigentlich verkopft und durchdacht sind, und Ideen, die man weiterspinnt, die aber so wirken sollen, als wären sie locker und spontan entstanden?
Es kommt darauf an, wie du deine Musik machst: Kalkulierst du sie oder machst du es rein aus deiner Lebenssituation, aus dem Gefühl heraus? Und auch alles, was du um die Musik herum machst. Bei mir ist es ganz klar der zweite Fall. Es entsteht viel aus der Lebenssituation und aus dem Gefühl heraus. Deswegen kann es nicht noch ehrlicher rüberkommen.

„Das hat in meinen Augen nichts mit Politik zu tun, sondern mit Menschlichkeit.“

Du äußerst dich nicht gerne zu Politik, bist jetzt aber bei einem Benefiz-Konzert für Flüchtlinge und Hilfsbedürftige („Voice of the Voiceless“) aufgetreten. Wo ist für dich der Punkt, an dem du dir denkst: „Jetzt muss ich Stellung beziehen“?
Das mit der Benefiz-Veranstaltung hat für mich keinen politischen Wert, sondern einen menschlichen. Ich beschäftige mich nicht mit Politik, möchte ich auch nicht. Wieso, weshalb, warum ist da auch völlig uninteressant und irrelevant. Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. So ein Benefiz-Konzert mache ich nicht aus politischen Gründen oder weil ich damit zur Politik Stellung beziehen will. Ich mache das, weil es eine offensichtliche Hilfe für Hilfsbedürftige ist. Es ist immer was Gutes, wenn man in einer Position ist, in der man einen positiven Beitrag für Menschen leisten kann, die sich in einer schwierigeren Situation befinden. Das hat in meinen Augen nichts mit Politik zu tun, sondern mit Menschlichkeit.

Du hast auch gemeint, dass es sehr schwer ist, vertrauenswürdige Informationsquellen zu finden und du dich deshalb nicht für Politik interessierst.
Das ist der Punkt, wo wir schon anfangen, über Politik zu reden. Also würde ich am besten die Frage überspringen.SSIO-by-Daniel-Shaked-©-2016-8468

Hängt die Tatsache, dass du darüber nicht reden und rappen willst, auch mit der Aussage zusammen, dass die Leute nichts anderes von dir erwarten, als das worüber du nun mal rappst?
Ja, aber das ist natürlich nicht der Grund, warum ich mit meinen öffentlichen Mitteln nicht mit Politk spiele. Ich denke, dass in meinem Kosmos Politik einfach fehl am Platz ist. Politik und Integrationsdebatten und was auch immer.

Wird an den Menschen „vorbeipolitisiert“?
Genau. Was aber nicht bedeutet, dass man sich nicht mit dem Thema beschäftigen soll. Das ist bei mir ein rein persönliches Ding und jeder hat für sich selber auch seine Gründe, aber in meiner Musik hat das einfach nichts verloren. Und das ist auch völlig in Ordnung so.

Ist das krasse Gegenteil zu dieser „Entpolitisierung“ die Verbreitung von teilweise absurden Verschwörungstheorien, die im Deutschrap mittlerweile nicht unsignifikant ist?
Jetzt sind wir wieder bei Politk …

Stimmt. Dann kommen wir wieder aufs Musikalische zu sprechen: Du meinst, dass es bei Funk gefährlich ist, ins Kitschige zu stolpern. Wo ist die Grenze zwischen „witzig“ und „kitschig“?
Es gibt rhythmisch orientierte Musik und melodisch orientierte Musik. Da, wo es um Melodie geht, hat man in einem gewissen Alter schon viel verschiedene Musik gehört: Mainstream-Mucke, Nischen-Mucke. Und irgendwann entwickelt man ein Gefühl für Klischees, weil sich viele Dinge im Leben in ähnlicher Form wiederholt haben. Funk ist eine Musik, die sehr schnell ins Comic-mäßige neigen kann. Und im Alter entwickelt man eben ein Gefühl für Dinge, die dem Funk-Kosmos entsprechen und trotzdem nicht Klischee sind.

Das hört sich an, als ob du recht musikalisch aufgewachsen bist.
Ich war als Kind vier Jahre auf der Musikschule, zwischen 10 und 14. Technisch gesehen habe ich es größtenteils verlernt. Ich kann zwar immer noch gewisse Dinge komponieren, aber das entsteht nur nach Gehör. Ich gehe da nicht mathematisch ran. Aber generell wächst jeder in einer Art musikalisch auf  der eine mehr, der andere weniger. Ich habe schon in jungen Jahren viel HipHop gehört und viel klassischen R’n’B aus den 90ern. New Jack Swing und alles, was damals so im Trend war. Es ging in die Richtung Black Music und war ein Cocktail aus ganz vielen Dingen.

Gibt es abseits von Rap Genres, die dich interessieren oder beeinflusst haben?
Absolut. UK Garage, Drum’n’Bass – vor allem wegen der Drum-Kompositionen – , ganz klassicher Jazz, Big-Band-Swing. Auch Deep House. Aber was heißt Deep House? Dieser Jazz-House sag ich mal. Ich weiß nicht, ob das das Gleiche ist, ich kenn mich da nicht aus. Ich bin generell nicht so der  House-affine Typ, aber es gibt schon die ein oder anderen Stücke, die heftig geil ballern. Ich bin offen, was das angeht.

„Mit Trap verbinde ich immer diese „Skinny-Jeans-tragenden-und-rote-Schuhe-besitzenden-in-die-Luft-springenden“ Menschen.“

Wenn du auch gegenüber elektronischer Musik offen bist, woher kommt die Abneigung gegen Trap („Alle die auf Trap tanzen sind Pisse“ aus „Nur Schimpfen“)?
Ich habe keine Abneigung gegen Trap. Ich habe eine Abneigung gegen den Lifestyle des Mainstream-Traps. Trap kann cool klingen, es gibt gute und schlechte Songs. Sowie auch in klassischen Kompositionen. Mit Trap verbinde ich immer diese „Skinny-Jeans-tragenden-und-rote-Schuhe-besitzenden-in-die-Luft-springenden“ Menschen. Ich habe vielleicht eine Abneigung dafür.

Du hast schon in jungen Jahren viel Musik gemacht. Wie hat sich das von dem unterschieden, was du heute machst?
In dem Alter schreibt man natürlich nicht die Texte, wie man sie heute schreibt. Auch von der Wortwahl her. Aber im Grunde genommen ist es immer derselbe SSIO, der sich dann mit dem Alter und dem Charakter entwickelt hat. Also es ist jetzt nicht so, dass ich damals einen völlig anderen Charakter hatte. Ich war zwar ein Kind, aber ich war ein und dieselbe Person.

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Gibt es Menschen, die dir deinen humorvollen Zugang zu mehr oder wenigen „ernsten Themen“ übel nehmen?
Wer heutzutage menschlich so gestimmt ist, ist ein Mensch, der generell in dieser Gesellschaft keinen großen Anschluss findet. Am Ende des Tages mache ich ja nichts Neues. Ich bin auch nur ein Abbild dieser Gesellschaft und wer damit nicht klarkommt, ignoriert ganz einfach diese Gesellschaft.

Man merkt, dass du ein sehr sprachgewandter Mensch bist und genau weißt, wozu du etwas sagst. Verkürzt dich das nicht auch?
Ich merke, dass es viele Interviewer gibt, die ein Problem damit haben, weil sie längere Antworten von mir verlangen – erwarten besser gesagt – und meistens antworte ich kurz und knapp, gut verpackt. Ich will das einfach nicht in Fachsprache ausdrücken müssen, um meine Eloquenz zu beweisen und so ein Scheiß. Mir ist es wichtig, dass derjenige, der sich das Interview durchliest, ganz klar direkt und konkret in einfachster Sprache meine Antworten versteht und sie auch verinnerlichen kann.

Durch deine Texte wird aber jeder mehr oder weniger „gelabelt“ oder in eine gewisse Ecke gestellt.
(lacht)

Und der Kosmos, aus denen du deine Texte zimmerst …
Huren, Drogen, Puff und der ganze Kram, ja.

… kann verallgemeinernd als ein Kosmos aufgefasst werden, der für die „einfach Gestrickteren“ bestimmt ist.
Ich würde nicht sagen, dass das so ist.

Die erste Frage, die sich daraus ergibt: Verstehen alle Leute den Humor und dieses Augenzwinkern, die du damit transportierst?
Ich kombiniere keinen Sarkasmus mit grauenvollen Themen, es geht um alltägliche Zustände in unserer Gesellschaft (lacht). Guck mal, wie das klingt. Jetzt habt ihr mich dazu gebracht, diesen schwulen Satz zu bringen! Es kommt immer darauf an, welche Charakterperson dahintersteckt und wie man das Ganze rüberbringt. Ich relativiere das alles auch. Mit der Art und Weise wie ich es rüberbringe, wie ich mich artikuliere. Das passiert nicht nur in meinen Texten, das passiert auch im echten Leben. Ich denke, dass die Gesellschaft den Umgang mit dieser Form von Inhalt zu pflegen hat und auch damit umgehen kann.

Kann Humor der Schlüssel sein, Sachen, die vielleicht schwieriger sind, wenn man sie ernsthaft bringt …
… verdaulicher zu machen? Ja.

See Also

Ist das von dir gewollt?
Nicht von vornherein angegangen, aber im Nachhinein erkannt. Und dem entsprechend auch weiter ausgeführt …

Hast du das an expliziten Beispielen erkannt?
Es geht am Ende des Tages um die Resonanz und die Reichweite, die das ganze Ding erreicht. Daran kann man messen, dass es nicht eine bestimmte Zielgruppe gibt, die einen Umgang mit dieser Musik finden kann. Ich bin von fester Überzeugung, dass ich alle Lager vereinen kann. Das spricht dann eigentlich auch für sich.

„Jemand, der Sarkasmus versteht, ist ein Mensch, der sehr abgeklärt mit sich selbst ist.“

Wieso ist dann der Humor im deutschsprachigen Rap so wenig ausgeprägt?
Das ist ’ne gute Frage … Ich weiß es nicht, ich kann nicht in die Gedanken anderer Menschen schauen. Eine Musikszene besteht aus einem Umfeld von Menschen, die alle unterschiedlich sind. Das ist gut so, sonst würde man den Kontrast gar nicht erkennen zwischen Humor und Ernsthaftigkeit.

Wobei Humor eine Kunst ist.
Das ist nicht nur eine Kunst, es erfordert große Intelligenz, weil da mit Zweideutigkeit gespielt wird. Jemand, der – nennen wir es lieber Sarkasmus – versteht, ist ein Mensch, der sehr abgeklärt mit sich selbst ist und einen gewissen Intelligenz-Quotienten besitzt.

Bedeutet Humor auch immer, dass man sich selbst miteinbezieht?
Nicht unbedingt, aber teilweise.

Wenn du sagt, dass man mit sich selbst abgeklärt sein muss, um Humor zu verstehen, bearbeitet man dann seine eigenen Komplexe damit?
Was heißt eigene Komplexe? Ich habe keinen Komplex mit meiner Nase, wenn ich sage: „Ich habe eine dicke Nase“ (lacht). Ich hab keinen Komplex mit Frauen, wenn ich sage: „Ich will dicke Frauen bumsen“. Natürlich findet im Rap oft eine Form von Übertreibung statt, damit der Sarkasmus deutlicher rüberkommt. Es ist nicht so, dass es ein interner Komplex oder ein Konflikt mit sich selber ist. Im Gegenteil: Es ist völlig gleichgültig. Und das spürt man.

Die Frage, die daraus resultiert hätte, wäre, ob man daraus den Schluss ziehen kann, dass viele andere Kollegen ein Problem mit sich selbst haben, weil sie sich so ernst nehmen?
(lacht). Auf jeden Fall, ganz klar.  Man kann sich auch selbst auf die Schippe nehmen, bis zu dem Grad, wo es noch nicht lächerlich wird. Ab da, wo es lächerlich wird, bist du eine Comedy-Figur. Es gibt wahrscheinlich Leute, die so sind, aber da sind wir bei mir an der falschen Adresse. Das ist ein gesunder Grad. Wenn man so Jungs auf der Straße sieht, die sich total ernst nehmen, sind das meistens irgendwelche Pisser, die sowieso nicht ernst genommen werden von richtigen Männern.

Darum müssen sie es übertreiben. Wo wir wieder bei den Komplexen wären.
Du hast vollkommen recht, das sind komplexbeladene Menschen, denen du eine Ohrfeige gibst und die dann direkt Angst haben. Die müssen vorher doppelt so stark verdeutlichen, wie krass und welche harten Gangster sie sind.

SSIO by Daniel Shaked © 2016-8470

Wenn man sich den Gangster-Rap in den USA ansieht, merkt man ja auch, dass da ein gewisses Augenzwinkern dabei ist. Ist das etwas, das du mitbekommen hast?
Die Beats! Diese klassischeren Beats vermitteln einem so einen Vibe von Lässigkeit. Und aus der Lässigkeit heraus kannst du gar nicht so total ernstgemeinte Texte daraufkicken. Das ist der falsche Vibe dafür. Da müsstest du wieder zu den Rim-Snares gehen, damit du über Messerstecherei und Blutspritzen reden kannst.

Aber Kalim schafft es ja auf ernsthafte Weise auf dieselben Beats.
Auf jeden Fall. Auch Xatar schafft es auf ernsthafte Weise, aber ich glaube wiederum, dass keiner von beiden so ernst ist wie jemand, der noch dazu böse in die Kamera gucken muss.

Kann die übermäßige Ernsthaftigkeit auch dem geschuldet sein, dass die englischen Texte zu wörtlich auf Deutsch übersetzt werden und somit der Humor verloren geht?
Bei mir ist es so: Ich bin nicht so flüssig mit dem Englischen, deshalb nehme ich unterbewusst vielleicht nur fünf bis zehn Prozent vom Textinhalt auf. Ich höre nur atmosphärisch. Vibe. Ich wünschte natürlich, ich könnte den Inhalt verstehen, aber wenn das nicht so ist, ist es auch scheißegal. Am Ende des Tages höre ich nicht auf den Textinhalt bei Ami-Songs, weil es mir sonst zu anstrengend wird. Aber um zu dem Ernsthaftigkeits-Thema zurückzukommen: Es gibt Leute, die noch sarkastischer sind als ich, es gibt Leute, die ernster sind als ich. Ich bin irgendwo in der Mitte. Man darf die Ober- und Untergrenze nicht überstreiten, darum geht’s. Sobald man das tut, ist man automatisch peinlich. Das heißt nicht, dass ich der goldene Wert bin vom Grad zwischen Ernsthaftigkeit und Humor.

Aber mit dem Ansatz des Humors könnte man auch schwere Themen, zu denen man sich nicht gerne äußert – wie Politik –, besser knacken.
Auf jeden Fall, aber ich habe zu wenig politischen Input, dass ich da irgendwie reflektiert und aussagekräftig darüber berichten könnte.

Wobei man nicht sagen kann, dass deine Sachen nicht poltisch sind. Wenn man von „SIM-Karten“ spricht …
(lacht) Jaja. Aber wenn wir jetzt das Wort „politisch“ benutzen, wissen wir, was ich meine. Aktuellere Themen, die wirklich die breite Masse ansprechen, da bin ich einfach die falsche Person dafür. Der eine ist Zahnarzt, der andere ist Frauenarzt. Ich bin Frauenarzt, was soll ich machen (lacht).

Das spricht auch die breite Masse an.
Ja die andere breite Masse, es gibt ja noch eine (lacht).