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Swede:art – Beats & Bleeps made in Bavaria

Swede:art – Beats & Bleeps made in Bavaria

Das Erstlingswerk „Emotional Colors“ von Swede.Art wirbelt in der Blogger-Gemeinde ordentlich Staub auf. The Message sprach mit ihm über Wonky Music, die Red Bull Music Academy und Sex im Flugzeug.

Von Wien knappe 300 km donauaufwärts liegt Passau, ein niederbayerisches Idyll und Heimat von Joachim Prügl alias Swede.Art. Der 20- jährige droppte jüngst sein Erstlingswerk „Emotional Colors“ auf dem Frankfurter Netlabel Tokyo Dawn Records. Früh behauptete er sich als MC auf lokalen Hip Hop-Jams und begann auch bald, die Plattenteller zu drehen. Seine Mixe aus Leftfield, Hip Hop und vertrakter Elektronik sorgten nicht nur in Passau für Aufmerksamkeit, auch auf Online-Communities wie Soundcloud.com oder error-braodcast.com erfreuten sie sich zunehmender Beliebtheit. Michael Ortner traf Swede.Art in Wien.


The Message Du hast gerade dein Debütalbum „Emotional Colors“ veröffentlicht. Laurent Garnier sagte über dein Album: „It’s like mister ‚dope beats hip hop‘ having wild sex with ‚miss abstract funk‘ trippin on acid – GENIUS album“. Wie bewertest du so ein positives Feedback?
swede:art (lacht) Ich find´ es natürlich cool, wenn der das sagt. Aber man sollte diese Feedbacks nicht allzu ernst nehmen. Ich weiß nicht, wie genau er es sich angehört hat. Er war bei dem letzten Release von Tokyo Dawn mit einem Remix vertreten, wo ich auch einen Remix beigesteuert hab. Damals hat er meinen Remix anscheinend ziemlich cool gefunden und hat ihn auch gespielt. Vielleicht taugt es ihm, vielleicht nicht, ich weiß es nicht.
The Message Aber ihr kennt euch nicht persönlich?
Swede.Art Nein, nein. Man darf das auch nicht überbewerten.
The Message Im Frühjahr dieses Jahres wurdest du zur Red Bull Music Academy nach London eingeladen. Wie bist du dazu gekommen und wie ist dein Eindruck danach?
Swede.Art Das war echt Wahnsinn. Das beste, das jemanden der auflegt oder sonst irgendetwas mit Musik zu tun hat, passieren kann. Du triffst in 2 Wochen alle möglichen Leute aus der ganzen Welt, die von den 4000 Bewerbern ausgewählt werden. Wie sie das genau auswählen, weiß ich nicht genau. Aber du meinst bei jedem, den du dort kennenlernst, du kennst ihn seit 20 Jahren. Musikalisch gesehen, kommt jeder von einer anderen Seite, trotzdem hat jeder denselben Geschmack. Die unterschiedliche Musik, das ist einfach wahnsinnig inspirierend und eindrucksvoll gewesen. Eine extrem super Zeit, mit so vielen musikalischen Leuten unter solchen Umständen, das passiert kein zweites Mal.
The Message Du hast mit Hip Hop, Leftfield und Broken Beats aufzulegen begonnen. War der Wunsch nach eigenen Produktionen von Anfang an vorhanden oder kam das erst im Laufe des Djings?
Swede.Art Also der Wunsch war schon immer da, selbst Musik zu machen, weil es das ist, was ich machen will. Aber damals hatte man erstmal die technischen Schwierigkeiten, wie geht man mit Sequenzern um? Oder mit Synthesizer, man kennt sich einfach nicht aus. Im Endeffekt war das schon so, dass das Rappen der Übergang war zum Produzieren. Einfach der Versuch, sich musikalisch Auszudrücken, aber mit Instrumenten und nicht mit Stimme und Djing.
The Message Apropos Djing: Du spielst im Juli auf dem Splash-Festival, einem der größten Hip Hop Festivals in Europa, neben großen Namen wie dem Wu-Tang-Clan und Anti-Pop Consortium. Was bedeutet das für dich?
Swede.Art Ich find´ es lustig, es ist cool und super, dass es so schnell geklappt hat. Aber im Endeffekt kann ich mir die Atmosphäre dort noch nicht vorstellen, so was hab ich ja noch nicht gemacht. Es ist cool, aber ich bewerte das alles nicht über oder mir ist das jetzt nicht so wichtig, ob das jetzt Wu-Tang-Clan oder sonst ein großer Künstler ist. Diese ganzen Namen sollte man nicht überbewerten.
The Message Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Tokyo Dawn Records?
Swede.Art Das war ein Prozess, weil ich damals noch mit einem Kumpel aus Dessau geplant hab, dass wir zusammen eine Art „Beat-Tape“ raushauen, weil wir  übers Internet unsere Sachen verschickt haben. Dann war es an irgendeinem Punkt mal so, dass wir gesagt haben, schreiben wir doch mal ein Label an, wir könnten es ja einfach mal verschicken, es kostet ja nichts. Tokyo Dawn war das erste Label, das wir zudem gekannt haben von Comfort Fit oder Portformat und dann haben die gleich zugesagt. Somit ist ist dann alles in die Wege geleitet worden. Ich habe dann die Sache allerdings alleine fertig gemacht, weil der andere Produzent jeden Tag 12 Stunden gearbeitet hat. Mit Duktus eben, der auch auf zwei Tracks auf meinem Album vertreten ist.
The Message Kommen wir zum Album, eine Nummer heißt „Sex on the airplane“.Wunschdenken?
Swede.Art (lacht wieder) Das ist lustig, weil ich hab den Track bei Soundcloud hochgeladen und es gab diverse Kommentare zu dem Titel. Manche meinten, die Nummer ist vielleicht zu kurz für Sex on the airplane. Ähm, eigentlich nicht, ich hab den Beat gemacht und er war irgendwie dreckig und böse. Das ist meistens so bei meinen Tracknamen, die kommen dann einfach so.
The Message Du hast mit Rappen und Auflegen angefangen, von welcher Musik warst du beeinflusst? Hatte dein Vater ein große Jazzsammlung, oder hast du Instrumente gespielt?
Swede.Art Also das Musikalische war in der Familie eigentlich schon immer da, weil meine Mutter Musiklehrerin ist, meine Schwester drei Instrumente gespielt hat und mein Vater hatte früher auch in einer Jazzband gespielt. Der Jazz war immer da, das ist eigentlich das Wichtigste. Und das „Colors“, eine Bar in Passau, wo das Musikalische im Vordergrund stand beim Weggehen. Beim Rappen war mir das Rhythmische wichtiger, das auch beim Jazz, Funk oder beim Soul im Vordergrund steht. Einfach die Stimmung, die damit verbreitet wird. Und im Endeffekt kann man das alles auf ein Ding zurückführen, egal ob du jetzt Beats machst oder Techno, eigentlich kann man alles auf ein rhythmisches Grundmuster zurückführen. Deswegen sind auf dem Album auch Uptempo Nummern oder Nummern mit 140 oder 120 bpm. Alle gehen auf ein rhythmisches Grundmuster zurück.
The Message Auf dem Album ist eine Nummer mit „Caits Meissner“ aus New York, einer Spoken Word-Künstlerin. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit ihr und dem gemeinsamen Track?
Swede.Art Caitlin hat schon viel mit Tokyo Dawn zusammengearbeitet und ich hab den Track dann gemacht und hab mir vorgestellt, dass es ziemlich cool wäre, wenn man da noch so die poetische Richtung drauf hat. Einfach Wörter drüber hat, die einfach nicht im Takt sind, sondern die eher das Spirituelle rüberbringen. Weniger Clubnummer sondern mehr so eine spirituelle Nummer.
The Message Dein Album könnte man grundsätzlich zwischen den Polen Wonky, Electronica und Dub ansiedeln. Die Parallelen zu Dorian Concept sind unüberhörbar. Nerven dich solche Vergleiche?
Swede.Art Das ist so eine 100-Euro Frage. Genau das, was das Album ausdrücken soll ist, dass man Musikrichtungen nicht festsetzen soll. Das ist mit jeder elektronischen Musikrichtung so, dass keine Grenzen mehr bestehen, alles wird vermischt. Mann muss zwar immer wieder beschreiben und man muss dem Album eine Stilrichtung geben, ob das jetzt Soul oder Hip Hop ist, aber das sind im Endeffekt nur Überbegriffe für etwas Persönliches, dass man ausdrücken will. Ich setze mich jetzt definitiv nicht  an den Rechner und sag „Jetzt mach ich eine Wonky Nummer“. Klar sind die Parallelen da, zu dem ganzen Sound der da raus kommt, aber es ist im Prinzip nur ein Gefallen an der Musik. Was das für einen Namen hat, interessiert mich weniger.
The Message Die letzte Frage: Wie sieht die Zukunft bei dir aus, widmest du dich verstärkt dem Produzieren oder machst du auch wieder mehr Richtung Auflegen?
Swede.Art Keine Ahnung, eine gute Frage. Ich wollte jetzt eigentlich schon ein bisschen auflegen, aber es wird sich relativ schnell ergeben, dass das Produzieren im Vordergrund steht. Aber wie es genau aussieht weiß ich nicht, ich werde jetzt ein paar Remixe machen mit verschiedenen Leuten. Mal schauen.

Release

Swede.Art

See Also

Emotional Colors

2010

Tokyo Dawn Records

Text und Interview: Michael Ortner