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Frank Ocean – Channel Orange

Frank Ocean – Channel Orange

Jetzt ist er also da, der heilige Gral, Channel Orange vom Retter des R&B Frank Ocean. Es wird die Standards für die nächsten zehn Jahre des Genres prägen und Ocean zum Unsterblichen machen. So oder so ähnlich wird das Album allgemein antizipiert. Seien wir mal nicht so voreilig und werfen tatsächlich einen Blick auf das Album.

Frank Ocean hat sich vor kurzem auf seinem Tumblr als bisexuell geoutet. Ein großer, mutiger und für die Branche wichtiger Schritt, der hoffentlich noch Wellen schlagen wird. Es sei ebenfalls noch angemerkt, dass selbst die Odd Future Partie (oder zumindest Tyler, the Creator) sein Outcoming gutgeheißen haben. Den Jungs und Mädels dort wird öfter Homophobie vorgeworfen. Unberechtigt, wie man sieht. Das hilft jedoch alles nicht, wenn er das Album verhauen hat, also let’s get down to business.

Als Videospiel-Nerd kommt jede Spielereferenz gut bei mir an und das Street Fighter Theme gleich im Intro zu hören lässt das Nostalgieherz höher schlagen. Ganz anders als nostalgisch geht es dann bei „Thinkin Bout You“ weiter, das an Drake oder The Weeknd erinnert. Erste Höhenfluge werden allerdings bei „Sierra Leon“ abrupt beendet. Ein Song der so dahintümpelt und mit Streichern mühevoll einen Höhepunkt erzeugen will, welcher schließlich nicht als solcher wirkt. „Sweet Life“ macht es mit seiner Thematik und dem erfüllenden Refrain schon viel besser. Wenn er dabei seine Nachbarn wegen ihrer Materialitä als „apeshit crazy“ bezeichnet und man genau weiß, dass er damit auch seine Musikerkollegen meint, kauft man ihm das sogar ab.

Und auch wenn sich alles bis hier tatsächlich nach dem Album anhört das alle erhofften, kommt nun ein 2-3 Nummern langer Durchhänger, der diese Träume platzen lässt. „Pilot Jones“ beispielsweise wird zwar, so wie alle Songs auf Channel Orange, schön soulig und mit dem nötigen Schmerz vorgetragen, als Song wäre dieser eher als B-Side zu gebrauchen.

Ein Monument von einem Song wir allerdings mit „Pyramids“ errichtet. Der Zehnminüter hat alles: Katzen, Pyramiden, ein Kanye West-Gitarren-oder-ist-das-doch-die-Stimme-Solo, den sehr gezielten Einsatz einer Hookline mit Rihanna-Synthesizer und genug verschiedene Teile um nicht langweilig zu werden. Bravo dazu.

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Pfui allerdings dazu mit „Lost“ den von „Pyramids“ aufgebauten Pathos und die Schwere mit einem Fingerschnipp über den Haufen zu werfen. In den restlichen Songs lassen sich noch ein paar Anspielungen auf seine Bisexualität finden, für alles Weitere muss man die Nadel wieder an den Anfang setzen. Das tut man gerne immer wieder, da die Stimmung des Albums im Großen und Ganzen sehr positiv zusammenspielt und es einem auch mit einem solchen Gefühl zurücklässt. Es lassen sich mit  „Thinkin Bout You“ und „Sweet Life“ Lieblingslieder für den kommenden Monat finden. Auf die große Erfüllung muss man jedoch noch warten.

Abschließend kann man schon etwas enttäuscht sein. Der große Hype um das Album ließ die Erwartungen in die Höhe schnellen, was natürlich zu einen umso größeren Absturz führen kann. Diesen hat Frank Ocean mit Channel Orange zwar gekonnt gebremst und das sollte man ihm hoch anrechnen. Das unsterbliche Referenzalbum ist ihm allerdings nicht gelungen.

(BA)