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Message-Premiere: Parkwächter Harlekin „In der Stadt“

Message-Premiere: Parkwächter Harlekin „In der Stadt“

Zirkus ist Illusion. Eine schöne zwar, gleichwohl aber eine schreckliche. Driftet die von Kinderaugen imaginierte Scheinwelt doch entschieden von der harten Realität – der Zirkusbetriebe und den Gauklerseelen, die sich in diesen verdingen – ab.  Parkwächter Harlekin widmet diesem Topos auf seinem neu erscheinenden Album breiten Raum – und ein Video.

 In der Stadt

Text: Felix Diewald

Dieses Video weckt mit seiner Zirkusthematik und den Käfigeinstellungen Reminiszenzen an die Edgar Alan Poe Stummfilm-Verfilmung von „Murders in the Rue Morgue“ aus dem Jahr 1932. „Das Video stammt von meiner guten Freundin Eva Reischer. Wir wollten unbedingt ein Musikvideo für mein neues Album machen und witzigerweise ergab es sich, dass darauf ein Zirkuslied ist und Eva gleichzeitig an einer Dokumentation über ein Paar arbeitet, welches gerade eine Lagerhalle mit Allem befüllt, was mit Film und Zirkus zu tun hat, um damit nächstes Jahr auf Wanderausstellung zu gehen – Somit war die Kombination aus Lied und Drehort aufgelegt.“ Nach der Intention für den Text gefragt, gibt Parkwächter Harlekin folgendes zu Protokoll: „Die Nummer habe ich geschrieben, nachdem mir ein Freund von seinem ersten Zirkusbesuch seit seiner Kindheit erzählt hat: All der Glanz der Erinnerung war dem Bild von Armut, Verzweiflung und Dreck gewichen“, erklärt er. Diese – sie darf wohl emotional genannt werden – Vorführung von Dekadenz gehört zu einer der bitteren Erfahrungen, die Menschen im Laufe ihres Erwachsenwerdens machen müssen. “Ich war daraufhin mit meiner Tochter im Zirkus; weil es wirklich ein – zwar faszinierendes aber auch sehr ernüchterndes Erlebnis war, musste ich den Text nochmal umschreiben.” Dass die musikalische Umsetzung – auch wegen des Dialekts – stark nach Wienerlied klingt, erklärt sich dieser mit “einer Kindheit in der ich über meinen Vater das österreichische Kabarett der 50er Jahre zu lieben gelernt habe; Bronner, Qualtinger und natürlich Georg Kreisler. Das hat mich bestimmt musikalisch und politisch geprägt.”

Wenn Parkwächter Harlekin sich an “Greisler – die es mittlerweile nicht mehr gibt – in denen man sich als nicht in direkter Nachbarschaft Lebender wie ein Störfaktor gefühlt hat.” erinnert, bedient er sich freilich der, laut Klischee, für Österreich typischen rosaroten Vergangenheits-Glorifizierungs-Brille –  indem er aber gleichzeitig nur die negativen Aspekte der damaligen Zeit aufzählt, leistet er Subversion durch Affirmation. Die Variante des Protests schlechthin, ermöglicht diese doch die Möglichkeit zur Kritik aus dem Inneren eines Systems. Auf die Frage hin, ob oder welchen Einfluss die Wiener Gruppe respektive der Wiener Aktionismus auf sein musikalisches Schaffen haben – sie waren immerhin die ersten die in der zweiten Republik Subversion durch Affirmation anwendeten, indem sie in Bundesheeruniform gegen ebenjenes demonstrierten – entgegnet der Parkwächter mit einer Anekdote: “Ich werde nie die erste Folge von “Sunshine Airlines” (ehemalige Kultursendung, Anm. d. Red.) vergessen, in der unterschiedlichste “prominente” Menschen zu Ihren Meinungen zu verschiedenen Kunstwerken befragt wurden. Eines davon war ein Video von Günter Brus. Jeannine Schiller hat darüber, nachdem sie sich angeekelt weggedreht hat, den für mich unsterblichen Satz gesprochen: “Ich lehne prinzipiell alles ab, was mich negativ berührt.” Soviel zur Kunst.” Was soll da noch hinzugefügt werden? Manege frei!

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Parkwächter Harlekins neues Album „Die Unentschlossenheit der Türen“ erscheint am 25.10 2013 auf Problembär Records/Sea you Records.

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Ein ausführliches Interview mit Parkwächter Harlekin zum Release folgt demnächst.

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