Nach einer kleinen Winterpause kehrt das Austro Round-up mit den interessantesten Tracks des Jahreswechsels zurück. Noch vor Weihnachten veröffentlichten Sweetboyblondey, Joshi Mizu, Jonny5, Arkan45, Pan Kee Bois und Gutti Green neue Singles, die wir zumindest einleitend erwähnen möchten. Weiters brachte Scoddy Flippin Ende Dezember eine audiovisuelle Neuauflage seines Tracks „So viel zu tun“ heraus, PerVers einen Remix von „Normal“.
Kreiml & Samurai – Auf Olle 4re
Der Schweinehund auf Beats von Brenk Sinatra? Unbestritten treffen da zwei Speerspitzen der österreichischen HipHop-Szene aufeinander. Dennoch kam die Ankündigung eines gemeinsamen Albums überraschend, zumal Verknüpfungspunkte bislang rar gesät waren. Ein gewisser Bruch zum altbewährten Sound von Kreiml & Samurai ist vorprogrammiert – vielleicht auch ein nötiger Anreiz beim mittlerweile vierten Album. Als erster Vorgeschmack auf das am 21. Februar erscheinende „Auf olle 4re“ dient der Titeltrack. Brenk liefert eines seiner Trademark-Brettln, für das er im Vergleich zu seinem jüngsten Instrumentalprojekt das Tempo – und Kopfnick-Potenzial – gehörig nach oben geschraubt hat. Kreiml & Samurai lassen darauf die teils paradoxe Schweinehund-Geschichte – „Erfoigreich mit Raps über Erfoigslosigkeit“ – Revue passieren und fahren ihr gewohntes Programm. Ein gelungenes Intro, das den Erwartungen an die Kombo gerecht wird. Jetzt muss nur noch ein eindrucksvolles Album folgen, das nachhaltig im Gedächtnis bleibt.
Ruffian Rugged – Battle Royale Mixtape
Vorab unter anderem mit einem „Rock Me Amadeus“-Remix(!) und einem „Grime Medley“ angekündigt, lässt Def Ill mit dem „Battle Royal“-Mixtape sein Alter Ego Ruffian Rugged aufleben. Aufbereitet als musikalischer Überlebenskampf, steigt er dabei in den Ring – mit der Mission, jedes Genre zu zerlegen. Dementsprechend fällt das Mixtape mit über einer Stunde Laufzeit inhaltlich wie stilistisch vielfältig aus, wobei der Linzer auch seinem Selbstverständnis als „Austrias Fastest Rapper“ gerecht wird. Gehostet ist das Mixtape von Afu-Ra. Kürzlich noch gemeinsam auf der EP „B4: Bring BoomBapBack“ zu hören, gibt der Wastcoast-Veteran nun als „Commander“ die jeweilige Herausforderung vor. Im Boombap-Segment darf Ruffian Rugged auch Afu-Ras bekanntesten Track „Defeat“ beackern. Spoiler: Er überlebt das Battle bis zum Schluss, eine Fortsetzung des Mixtapes ist also gut möglich. Davor dürfte aber noch das für heuer angekündigte Def-Ill-Album auf Duzz Down San erscheinen.
Beatbangers & Devillion – Einheizbrei
Bei der „Einheizbrei“-EP können die Beatbangers & Devillion auf Instrumentals von The Doppelgangaz zählen – keiner davon recyclet. Damit wird den Feuerfabrik-Rappern eine seltene Ehre zuteil, denn EP und Matter Ov Fact produzieren sonst hauptsächlich für eigene Rap- und Instrumental-Projekte. Der charakteristische, groovig-düstere Doppelgangaz-Boombap kommt gleich beim Eingangstrack „Feuertaufen“ zur Geltung. Die beiden österreichischen Rapper sorgen mit smooth gerappten Representer-Lines für die passende Ergänzung. Ein feiner Track, zugleich das Aushängeschild der EP und mit Street-Video ergänzt. Die weiteren drei Tracks bieten etwas experimentelleren Sound, wobei die Handschrift des „Groggy Pack“ ebenso hörbar ist. Dabei bekommen die Beatbangers & Devillion teilweise auch englischsprachige Unterstützung ihres schwedischen Crew-Kollegen Chef Boy Dee.
Der-Con – Seratonin
Nachdem Der-Con 2019 einige Monate als „Nomadic Rapper“ durch die Welt gereist ist, dabei unter anderem in Thailand und Indien Station gemacht hat, startet er zurück in Wien mit einem Grime-Track ins neue Jahr. Wie der Titel „Seratonin“ – ein Wortspiel aus Serotonin und Serato – andeutet, möchte der Rapper damit Glückshormone freisetzen, für „Auditiv-Medizin“ sorgen. Im Original produziert von Fvbio, ist auch eine Remix-Version von alllone erschienen. Das aufwendig gestaltete Schwarz-Weiß-Video kommt von Black Alpaca. 2020 ist bei Der-Con auch eine EP mit Testa geplant, wie der Produzent und DJ kürzlich im Rahmen unseres Jahresrückblicks angekündigt hat.
Ron21 & Noli – Keiner Von Uns
Zuletzt philosophierten Ron21 und Noli noch gemeinsam mit Locco über das Leben in der Floridsdorfer Großfeldsiedlung, nun treten sie zu zweit Erscheinung. „Keiner von uns“ heißt der neue Track, der thematische Fokus ähnelt dem vorigen – „Du bist keiner von uns, Großfeldsiedlung / Du bist keiner von uns, keiner aus dem Vorstadt-Ghetto“. Wie es scheint, geht es in der transdanubischen Wohnanlage härter, direkter und wohl auch krimineller zu. Das Koks wird vom Handydisplay gezogen, die Waffen geladen, das Bargeld in hohen Summen gezählt. „Da wo ich wohne sind scharfe Kanonen Statussymbole / Denn die Jungs schaffen es nach oben mit anderen Methoden“.
4x4cl – Oana Gangat Nu
4x4cl, das sind Yolo Ferrari, Fray, Mosch und Jay Miracho – ein musikalisches Kollektiv, das sich zusammenschloss und seitdem eine ganz klare Linie verfolgt: Mundartrap mit Message. Vorrangig setzen sich 4x4cl in ihren Texten mit kritischen Themen wie Sexualisierung und Frauenfeindlichkeit, sowie Drogenkonsum auseinander. Gesellschaftskritik auf Mundart, dem sie stets einen Schuss – also Stamperl – Humor und Selbstironie beifügen. „Oana Gangat Nu“ thematisiert – wie der Titel bereits vermuten lässt – das Über-den-Durst-Trinken. „Lachen ist so g‘sund, doch dafür braucht man leider Drogen“, heißt es darauf.
Chakuza – Hoch und Fallen
„Ich suche immer nach Zielen, die es nie gab / So nehm ich nichts außer Musik mit ins Grab“, heißt es auf Chakuzas neuem Freetrack. Dass Musik einen großen Bestandteil Chakuzas Leben einnimmt, zeigte sich nicht zuletzt an der Menge an Releases im vergangenen Jahr. Sein für 10. Jänner angekündigtes Album „Heavy Rain“ wurde für einige Wochen nach hinten verschoben, damit das Album als Vinyl auch noch in der Box zum Album seinen Platz finden kann. Auf dem neuen Track geht es derweit gewohnt leicht melancholisch, leicht hoffnungsvoll zu.
Salephone & Souly – Carti Leaks
„Wir ficken zu Carti Leaks, wir ficken zu Mucke von mir“. Salephone und Souly treffen sich auf ihrem gemeinsamen Song „Carti Leaks“, um eine gemeinsame Trap-Hymne zu machen. Ein etwas vernebelter, leicht genuschelter Sound, zugleich jedoch ein starker Vibe, der sich durch den Song zieht. Salephone dürften einige bereits vom YouTube-Channel Heatvienna, über den der Song veröffentlicht wurde, kennen. Mit bekannten Gesichtern der jungen Szene führt der Wiener dort ausführliche Gespräche und Interviews. Wie die beiden Acts persönlich und musikalisch zueinander gefunden haben, bleibt fraglich. Fest steht das Ergebnis: Ihre eigene Trap-Hymne.
Text: Simon Nowak & Chiara Sergi