KeKe veröffentlichte Anfang November ihre EP „Donna“, B.Visible sein Debütalbum „Pleasant Clutter“. Ein Interview mit dem Wiener Produzenten erscheint demnächst auf The Message. Auch abseits davon hatte die vergangene Woche einiges zu bieten – wie gewohnt in unserem Round-up zusammengefasst.
Titelfoto: Pascal Kerouche
RAF Camora – Zenit
Bekanntlich soll man ja aufhören, wenn es am schönsten ist. Was vor über 20 Jahren hier in Wien begonnen hatte und in Berlin fortgesetzt wurde, findet nun wieder in Österreichs Hauptstadt sein Ende: RAF Camoras letztes Soloalbum „Zenit“. Auf 16 Songs erzählt RAF von seinen Anfängen, dem Hype, dem Erfolg. „Sie sagen ‚Du hast dich so verändert‘ / Ich hab‘ mich so verändert / Ja, man wird alt und mein Inneres kalt / Wie Asphalt im Dezember“, heißt es auf „Verändert“ gemeinsam mit Bonez MC. Auf der LP reflektiert RAF nachdenklich und ernst, mit „Adriana“ sei dem Album jedoch zumindest auch ein Partysong gesichert. Drei Fortführungen von Songs aus früheren Zeiten als „Resümees“ geben dem Album zusätzlich eine raue Note. RAF wirkt erwachsen, „am Zenit“, wie er selbst sagt. „Bin in der Zukunft endlich am Ziel“, heißt es im ersten Song. Mit Blick auf die Vergangenheit betrachtet RAF Camora auf „Zenit“ sein Lebenswerk und wagt dabei auch einen Blick in die Zukunft – denn „erst jetzt beginnt die Party“.
Stichwort Party: Sein letztes Release zelebrierte RAF gleich doppelt in pompöser Manier. Neben einer „Red Bull Listening Session“ im Privatjet gab es eine exklusive „Release Night“ im Sofitel Wien – inklusive Diamant-Verleihung für den Track „Nie ohne mein Team“.
Gigolo D & JerMc – Nichts zu erzählen
Den im Frühjahr erstmals aufgetauchten Dyin Ernst vorübergehend im Abstellkammerl geparkt, tritt nun wieder die Hauptfigur JerMC in den Vordergrund. Am 15. November erscheint sein zweites Album auf Beats von Gigolo D. War der Aufhänger 2017 noch „Eher schiach, aber eh ganz lieb“, lautet er nun „Eher tiaf, aber eh ganz deep“. Ein Indiz dafür, dass das „Zniachtl aus 1070“ auch diesmal viel Selbstironie und Wurschtigkeit einbaut, die Punchlinedichte aber gleichzeitig nach oben schraubt. Auch jazzige Beats dürften beim „verficketen zweiten Album“ wieder eine große Rolle spielen, wie „Nichts zu erzählen“ andeutet. Der erste Vorbote dient als kleiner Querschnitt der neuen Tracks. Vieles dürfte beim Alten bleiben, JerMc aber ein gesünderes Ego entwickelt haben: „Ja, wir sind dope und ja, du kommst spät drauf“, rappt er etwa, während im Hintergrund von ihm zusammengepanschte Videoschnipsel laufen.
Flip & Chill-Ill – Bad Breaks Vol. IV
Die von Flip initiierte Reihe „Bad Breaks“ geht in die vierte Runde. Diesmal dringt der Linzer gemeinsam mit dem als Gast vertretenen Chill-Ill – der erst kürzlich eine Solo-EP veröffentlichte – tief in jamaikanische Gefilde hinein. Ihre beiden Remixes sind eindeutig für den Dancefloor ausgelegt und werden vor allem DJs erfreuen. Während Flip dem bekannten Buju-Banton-Track „Champion“ mit ergänzenden Soul-Samples und Boombap-Drums neues Feuer einhauchte, fügte Chill-Ill „Listen!!!“ von Talib Kweli Reggae-Samples bei.
Klitclique – Auto
„Ich bin ein Mann / Ich kann mich nicht verfahren / Ich geb‘ die Richtung an / Seit 3000 Jahren“. Mit „Auto“ hinterfragt die Klitclique das Klischee des Autos als Symbol der Männlichkeit auf ironische Art und Weise, wobei die ironische Betrachtung keineswegs die Ernsthaftigkeit des Themas wegnimmt. „Ich bin in meinem Recht / Überhole von rechts / Bezahle für Sex / Bin das zahlende Geschlecht“, heißt es auf dem Track. Das Video zum Song entpuppt sich als kleiner Kunstfilm: Der Papst, Maurice von Bilderbuch, David Hasselhoff – sie alle fahren Auto. Der Zusammenschnitt aus Videoschnipseln, Google Street View und Szenen aus Videospielen sorgt zusätzlich für gute Unterhaltung.
Money Boy – Es wird alles gut
Die kalte Jahreszeit macht sich nicht nur allmählich (also schlagartig) in Wien breit, auch bei Money Boy scheinen sie und die damit verbundene Melancholie Einzug zu finden. „Es wird alles gut“ aus dem Album „Geld Motivierte Muzik“ ist ein Bruch in seinem bisherigen Image, es geht nicht um Drugs und B*tches – tatsächlich kommen diese Begriffe kein einziges Mal vor. Es geht um den dankbaren Rückblick aufs Leben, auf Erfolg, es geht um Verzweiflung und die Besinnung aufs Wesentliche. Und um den Glauben an sich selbst: „Wenn man denkt es geht nicht mehr / kommt von irgendwo ein Lichtlein her / Um dir zu zeigen, Mann, du solltest noch nicht aufgeben / Es wird alles gut / Irgendwo tief in dir drinnen steckt dein ganzer Mut“. Ruhig und besinnlich, im grauen Rollkragen vor Schönbrunn. Steht dir, Money Boy.
Liberty – Superficial
Ein sehr basslastiger Beat mit ruhigen Violinen untergemischt und ein konstanter Flow ohne große Ausbrüche. Damit rappt sich Liberty ihren Weg durchs nächtliche Berlin und präsentiert sich alles andere als oberflächlich: „Now all my buddies want the fame, superficial / i keep it real, they don’t understand, superficial“. Raptechnisch tritt die Niederösterreicherin dabei noch als Newcomerin auf. Zwar hat sie bereits auf einigen zuvor veröffentlichten Stücken gerappt, ihr Schwerpunkt liegt aber seit jeher bei der Beatproduktion. Liberty produziert bereits seit 2012. Begonnen mit D’n’B, widmet sie sich nun vermehrt HipHop-/Trap-, Reggaeton- und Dancehall-Klängen – als Konstante steht die 432-Hertz-Grundstimmung. Daneben übernimmt sie mit dem Label Libertyartmusic das Recording und Mixing für Kollegen.
Golden G – Am Not Afraid
Für die Veröffentlichung seines zweiten Tracks nach „Der Wein“ hat sich Golden G just Halloween ausgesucht. Passenderweise hat er im dazugehörigen Video auch kurz vor der Geisterbahn Station gemacht. Eigentlich geht es Golden G aber um etwas ganz anderes, während er den Wiener Prater abklappert und dabei erstmals auf Englisch singt: Den eigenen Ängsten stellen, sie überwinden und dadurch über sich hinauswachsen. „Trotz meines Rollstuhls genieße ich das Sein und Tun an jedem einzelnen Tag. Mit dem neuen Song möchte ich das thematisieren und auch andere Leute motivieren, eine Veränderung selbst in die Hand zu nehmen“, führt er dazu aus. Feine Sache!
Text: Simon Nowak, Chiara Sergi & Francesca Herr