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Lieber Vorbild als Gangsta // Azman Interview

Lieber Vorbild als Gangsta // Azman Interview

Mit dem am 13. März erschienenen, 12 Tracks starken „Alles Wien“-Onlinerelease schließt sich für Azman ein Kreis. Vor fast genau zehn Jahren als Jungspund erstmals mit der gleichnamigen Single aufgezeigt, folgten für den zwischen Rennbahnweg und Großfeldsiedlung aufgewachsenen Wiener Rapper ein kurzer Höhenflug, einige Turbulenzen und eine lange Schaffenspause. Erst vor gut zwei Jahren kehrte Azman mit Singles auf die musikalische Bildfläche zurück. Seither arbeitet er intensiv mit Smokey Eyes Productions zusammen.

Um einen Blick hinter die Kulissen zu wagen, treffen wir uns – ausgestattet mit negativen Covid-Tests – im Studio des Produzentenduos. Im Interview gibt sich Azman nachdenklich und reflektiert. Er erzählt uns etwa, warum er einst die Lust an der Musik verloren hatte, wieso jetzt alles anders ist, warum er dem jungen Azman Watschen geben würde und wieso ihm die Vorbildrolle heute ein großes Anliegen ist. Außerdem sprechen wir über seine Hassliebe zu Wien sowie seine Bezugspunkte nach Kurdistan – einem Gebiet, aus dem er im Alter von zwei Jahren mit seinen Eltern kriegsbedingt flüchten musste.

Fotos: Daniel Shaked

The Message: Du bist vor gut zehn Jahren erstmals als Rapper in Erscheinung getreten, seit rund zwei Jahren wieder aktiv. Dazwischen warst du lange weg. Warum?
Azman:
Ich war eigentlich nur von 2009 bis 2011 aktiv. Da hatten wir in Wien eine gewisse Reichweite und haben regelmäßig Sachen gedroppt – unter dem Namen 21 Recordz mit Noli. Es kam intern zu Problemen und wir haben gesagt, dass wir einen Schlussstrich ziehen. Die Interessen haben sich verschoben. Ich bin nach Deutschland gegangen, habe Videoproduktion studiert und für fünf Jahre komplett mit der Musik aufgehört.

Wo in Deutschland warst du?
Wo war ich nicht? (lacht) Ich bin während meiner Ausbildung viel herumgekommen, war in Stuttgart, Nürnberg und Frankfurt. Dort habe ich viele Kontakte aufgebaut und nette Jungs kennengelernt.

Azman im Smokey Eyes Studio.
Azman in seinem zweiten Wohnzimmer, dem „Smokey Eyes“-Studio.

Musikalisch bist du dort nicht aktiv geworden. War das keine Option?
Es ist lustig, weil einer meiner besten Kumpels dort der Cousin von Kurdo ist und wir paar Mal bei ihm in Heidelberg waren. Wir sind in seinem Café gesessen, haben aber nie über Musik geredet, weil ich damit abgeschlossen hatte. Es hat mir keinen Spaß mehr gemacht – auch aufgrund der Geschehnisse davor.

Was meinst du genau?
Intern ist sehr viel passiert. Es war eine Clique von Kurden und Albanern, im Hintergrund ging es mehr um Macht und Geld. Das spaltet natürlich. Es waren auch Egos im Spiel. Ich habe gesehen, wie es hinter den Kulissen abläuft. Was für ein Druck herrscht, wenn größere Leute versuchen einen Künstler zu pushen und so weiter.

Ihr hattet eine gewisse Reichweite, vor allem über YouTube-Videos. Das Ende kam abrupt. Wie blickst du darauf zurück?
Es war uns nicht klar, wie viele Aufrufe wir auf diese Videos hatten. Wir konnten keine Werbung schalten, haben nichts von Sponsoring gewusst. Für uns gab es nur Facebook und YouTube. Du hast Songs hochgeladen und dich gefreut, wenn die Leute sie gefeiert haben. Aber wir haben nicht gewusst, dass wir hunderttausende Klicks sammeln und inwieweit uns Leute pumpen. In Deutschland wurde ich teilweise in Kaffeehäusern erkannt. Rückblickend ist es schade, dass es diesen Bruch gab.  

Was hat dich zur Musik zurückgebracht?
2017 bin ich zurück nach Wien und habe mich wieder der Szene, den alten Jungs von früher angenähert. Aber richtig aktiv als Rapper bin ich seit circa zwei Jahren, seit ich mit Smokey Eyes zusammenarbeite. Es ist eine andere Atmosphäre, seit ich die beiden kennengelernt habe und wir ein komplett neues Soundbild kreiert haben.

Was löst es in dir aus, wenn du deine alten Tracks hörst?
Es ist lustig, weil Songs wie „Alles Wien“, „Need Some Sleep“ oder „Simsalabimbo“ heute noch gefeiert werden – Entschuldigung wenn ich das so sage, aber das waren Hits. Ich habe wegen diesen Songs Nachrichten und Props aus Deutschland und der Schweiz bekommen. Wenn ich reinhöre, finde ich es cool. Die Lyrics passen bis heute, es flowt und ist aussagekräftig. Aber es sind Ausnahmebeispiele. Ich kann natürlich nicht für jeden Song sprechen, den ich damals recordet habe.

Azman ist nach längerer Pause zurück im Studio und plant nicht so bald wieder aufzuhören.
Azman war lange weg, nun will er umso länger bleiben.

„Ich habe meinen Ruf und Respekt in dieser Stadt erarbeitet“

Am „Alles Wien“-Tape fällt die Line „Macht Platz, Azman ist da und diesmal bleibt er auch hier“. Warum sollte es diesmal anders laufen?
Weil mir das Musizieren jetzt Spaß macht. Die Jungs sind wie eine Familie für mich geworden, ich kann mich entfalten, performen wie ich will. Sie reden nicht rein, außer ich mache einen oagen Fehler oder etwas hört sich unharmonisch an. Aber ich habe viel Freiraum, kann mich künstlerisch ausdrücken wie ich möchte. Es gibt keine Barrieren, dahinter steht kein Label, keine Clique, kein Movement, nach deren Regeln ich mich zu verhalten habe. Deshalb habe ich gesagt, ich bleibe hier. Ich bin im Kopf so weit gereift, dass ich mir das zutraue.

Wie haben sich deine Ansprüche als Rapper verändert?
Als ich wieder angefangen habe, habe ich mich gefragt, ob ich den alten Azman nach außen bringen will, oder einen Neuen, der ein geerdeter Künstler ist. Das hat sich schnell beantwortet. Jeder Newcomer ist am Anfang laut und wild, schlägt sich auf die Brust. Ich habe mit 18, 19 Jahren begonnen, war praktisch ein Kind. In so einer rauen Szene ist es wichtig, dass du auf den Tisch klopfst. Heute habe ich das nicht mehr nötig. Ich habe meinen Ruf und meinen Respekt in dieser Stadt erarbeitet. Ich muss nicht den harten mimen, sondern kann ehrlich an die Sache rangehen und Themen ansprechen, die vielleicht nicht jeder teilt. Wenn ich zum Beispiel sage: ‚Kriminalität ist ein Hurensohn.‘

Du rappst auch, dass du selber mal im Dopegame warst. Wann hast du das hinter dir gelassen?
Mit dem Wegzug aus Wien habe ich mit dem alten Leben abgeschlossen. Du kennst hier 2.000 oder 3.000 Menschen, verabschiedest dich aber nur von drei Leuten und bist für unbestimmte Zeit weg. Es hat einiges darauf hingedeutet, dass es für mich zu viel war. Wäre ich damals mit meinem Background in Wien geblieben, wäre vieles schiefgegangen.

Nicht alles ist Schall und Rauch bei Azman. Aber einiges
Azman und Smokey Eyes – Nicht alles ist Schall und Rauch.

Man hört auf „Alles Wien“, dass du irgendwann begonnen hast, ganz anders zu schreiben. Nach den ersten zwei, drei Tracks gibt es einen Bruch. Danach rappst du viel mehr in Bildern, erzählst nicht nur.
Es ist eindeutig durch die Arbeit mit Smokey Eyes gekommen. Das hat dazu geführt, dass ich in meinem Schreibstil besser und geerdeter geworden bin. Sie geben mir Beats, Melodien und einen Sound vor, der mich nur zum Nachdenken anregen kann und keinen Spielraum zum Flexen lässt.

Du hast gefühlt begonnen, eine Verantwortung als erwachsener Mann wahrzunehmen, eine Vorbildrolle einzunehmen. Was ist passiert?
Ich sehe wie die Jugend das heute macht und leider diesen kriminellen, verdorbenen Lifestyle anpreist. Ich sehe mich in der Pflicht, aufzuklären und zu sagen: Leute, halt! Ihr rappt die ganze Zeit, wie toll dieses Leben ist, aber habt ihr schon die Schattenseiten gesehen? Und wenn ihr sie gesehen habt, warum rappt ihr immer noch, dass es so schön sei? Es ist eine Doppelmoral. Und ich will Leute an den Ohren ziehen, die damit Kapital schlagen, obwohl sie wissen wie Scheiße das ist. Sie haben selbst die Musik als Mittel benützt, um aus diesem Dreck rauszukommen. Aber wieso preist ihr diesen Lifestyle an und spielt der Jugend vor, dass das cool ist? Ich will ihnen sagen, dass ich durch die Hölle gegangen und wieder raus bin, aber nie wieder hin möchte. Am liebsten wäre es mir, wenn sie auch nicht durch diese Hölle gehen.

Warum siehst du es als deine Pflicht?
Weil ich sehe, dass gesellschaftlich viel schiefläuft. Der Hass ist groß – wir sind eine Hassgesellschaft geworden. Leider vertschuxlt Wien jeden, der versucht, was aufzubauen. Hier hast du das Problem, dass du einen kriminellen Künstler hast, der pusht und Scheiße baut, um als Musiker erfolgreich zu werden und der versucht, sich ohne rumpfuschende Majorlabels zu finanzieren. Das passiert aber nicht. Dann sitzt er da und sagt sich: Ich habe so viel in Tracks, Videos und so weiter investiert, es spiegelt sich nicht in der Reichweite wider, push ich halt weiter. Irgendwann klickt es, dann sitzt der Arme im Häfn – mit seinem enormen Potenzial, coolen Songs und freshen Videos. Aber er hat es sich mit dem Blödsinn richtig versaut. Die meisten sind in ihrem Loch gefangen und können oder wollen nicht über den Tellerrand blicken. Das ist schade. Deshalb sehe ich diese Vorbildfunktion nicht nur für die Hörer, sondern auch für andere Künstler in Wien. Ich will hartnäckig mein Ding durchziehen und versuchen, so viel Qualität und so einen hohen Anspruch zu haben, dass mir die Leute nacheifern.

Wie hast du das vor zehn Jahren wahrgenommen?
Da war ich mittendrin, habe über Gangsta-Scheiße gerappt und das für cool empfunden, weil ich in dieser Clique war. Als ich 2017 zurück nach Wien gegangen bin, habe ich mich gefragt: Habe ich hier was gutzumachen? Ich habe viele Wegbegleiter von früher verloren.

Es hat mich damals auch als Künstler schwach gemacht – musikalisch und textlich, das gebe ich offen zu. Wenn ich mir die Tracks von früher anhöre, die in diesem Movement entstanden sind, habe ich einen Rückschritt gemacht. Ich bin mit der Stimme immer lauter und aggressiver geworden, die Namedroppings sind mehr geworden. Es war durch den Einfluss von hinten und die Stimmen, die auf uns eingewirkt haben. Du wolltest die Jungs representen, sie glücklich machen.

Azman über alte harte Zeiten: "Ich habe viele Wegbegleiter von früher verloren."
Azman denkt an alte, harte Zeiten.

„Ich hätte dem jungen Azman Watschen gegeben“

Wenn junge Rapper auf dich zukommen, was möchtest du ihnen konkret mitgeben?
Ihr habt es nicht nötig, dass Leute auf euch zukommen, die nichts mit der Musik zu tun haben, aber euch die Hand reichen und sagen: ‚Ich bau dich als Künstler auf.‘ Leider habe ich dieses Gespräch schon mit einigen jungen Künstlern aus Wien gehabt, die sagen, dass man einen Rücken, eine Großfamilie oder Leute mit einem Namen als Schlägertypen braucht und zurückschlagen muss, wenn man gedisst wird. Ich habe gesagt: Aber du machst ja Musik, oder? Du bist nicht im Boxklub und trainierst für einen Kampf, sondern gehst ins Studio zum Recorden. Das ist dein Fight und dein Platz. Wieso lässt du Leute auf dich einreden, die nichts mit der Materie zu tun haben? Das macht keinen Sinn. Aber ich war selbst schon in so einer Situation.

Wie hättest du damals auf dein heutiges Ich reagiert?
Ich kann dir umgekehrt sagen, wie ich heute auf den jungen Azman reagiert hätte – ich hätte ihm Watschen gegeben (lacht).

Glaubst du, dass deine Einsicht mit deiner Erziehung zu tun hat? Wie du uns vorher gesagt hast, haben deine Eltern in Bagdad studiert und sind im Theater tätig.
Auf jeden Fall. Da habe ich auf dem Tape eh eine Zeile, wo ich sage: ‚Meine Eltern sind nicht im Krieg entkommen, damit ihr Sohn in Ketten endet.‘ Die trifft es auf den Punkt. Sie haben hart gearbeitet und versucht, mir so viele gute Werte mitzugeben. Ich bin jetzt in der Verantwortung, sie umzusetzen. Und ich kann das mit meinen Erfahrungen, meinem Wissen und meiner Sichtweise wieder bisschen anders interpretieren, damit es die Kinder auch verstehen.

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Wie viel von dem, worüber du rappst, ist wirklich wahr? Du rappst ja zum Beispiel auch von deiner Mutter, die viel weinen muss.
Hundert Prozent. Man muss in den Texten natürlich unterscheiden, wann ich etwas verallgemeinere und wann ich nur von mir persönlich rede. Aber meine Mutter hat sehr oft wegen mir weinen müssen. Weil ich leider viel Blödsinn gemacht habe und früher nicht auf sie gehört habe. Oder weil sie einfach enttäuscht von mir war.

"Wien ist eine Hasslebe. Das wurde mir bewußt, als ich in Deutschland gelebt habe."
Azman mit Gebetspose? Nicht aus eigenem Antrieb.

Es gibt ja auch viele Gefängnis-Anspielungen und die Polizei, die bei der Tankstelle wen festnimmt.
Genau, das sind Sachen, die ich meist mit eigenen Augen gesehen habe. Meine Akte ist Gott sei Dank sauber (lacht) – ich war nicht im Gefängnis. Aber ich habe viele Briefe mit Freunden, die aufgrund solcher Storys im Gefängnis waren, ausgetauscht.

„Wien ist eine Hassliebe. Das wurde mir bewusst, als ich in Deutschland gelebt habe.“

Am Tape gibt es mehrere Seitenhiebe gegen die Wiener Rap-Szene. Was stört dich?
Da musst du mit der Definition einer HipHop-Szene einer Stadt anfangen. Es ist etwas, das ständig in Bewegung ist und wo Kontakt da ist. Ich habe leider zu den wenigsten Künstlern in Wien einen Bezug, weil jeder eine Barriere aufbaut. Du hast in Wien leider eine Neidgesellschaft, weil die wenigsten bis keiner es geschafft haben, wirklich erfolgreich zu werden und davon zu leben. Bevor du es geschafft hast, packst du Neid aus. In diesem Denkansatz ist das Problem. Warum ich nicht Teil dieser Szene sein will? Weil sie in der Form – wenn ich jetzt nach Deutschland blicke – nicht existiert.

Es gab eine Szene, als wir schon aktiv waren. Es gab die Blockpartys. Das waren drei oder vier Veranstaltungsabende innerhalb eines Jahres, wo fast die ganze Szene vertreten war. Wir waren in der Crowd, haben die Hände füreinander gehoben und mitgerappt. Da war kein Neid, du hast allen Erfolg gewünscht. Wir waren auf Augenhöhe, jeder hat cool gerappt und sobald jemand einen Song rausgehaut hat, haben es alle gefeiert. Dann haben wir geschaut, dass wir es noch besser machen. Heute kann sich ein Künstler vor den Laptop stellen, sich selbst verwirklichen und bekannt werden, ohne Teil einer Szene zu sein. Bei uns war viel Mundpropaganda – mein erstes Tape habe ich auf 200 CDs gepresst und auf der Straße 10 Euro pro Nase bekommen, weil die Leute mich pushen wollten. Dann hast du als 18-Jähriger plötzlich 2.000, 3.000 Euro in der Hand – von deiner Musik. Schick heute mal einem anderen Künstler dein Werk und lass ihn das kommentieren. Du kriegst nichts zurück. Das ist der Punkt, wo ich sage, ich will kein Teil so einer Szene sein.

Wie würdest du generell dein Verhältnis zur Stadt beschreiben?
Es ist eine Hassliebe. Das wurde mir bewusst, als ich in Deutschland gelebt habe und Wien sehr vermisst habe. Ich konnte mich in Deutschland nicht als Mensch identifizieren. Es ist riesig, du kannst viel mehr machen, es ist viel mehr möglich. Wien ist dagegen so kompakt und hat ein eigenes Flair. Das habe ich vermisst.

Könntest du dir vorstellen, nochmal aus Wien wegzugehen?
Es ist die Frage aus welchem Grund. Natürlich nicht mehr aus den Gründen wie damals. Aber wenn ich wo eine bessere Perspektive habe, was bewirken kann und im Leben weiterkomme, dann gerne. Die Welt ist groß – geh raus und erobere sie!

Azman gibt sich bei The Message im Interview nachdenklich und reflektiert.

Anderes Thema: Was hörst du persönlich abgesehen von Rap für Musik?
Ehrlich gesagt alles, was einen guten Klang hat, mich inspiriert und auf eine Gedankenreise schickt. Kurdische Musik natürlich auch – Folklore, Drama und Herzschmerz. Das ist sehr alte Musik, wo du die Scratches von der Kassette hörst.

Wen zum Beispiel?
Adnan Karim oder Muhammad Mamle, um paar Namen zu nennen. Es sind sehr alte Sänger. Bei uns kann man sie Meister nennen. Dazu kommt, dass mein verstorbener Großvater einer der berühmtesten Dichter und Schriftsteller im kurdischsprachigen Raum war. Er ist den meisten Kurden immer noch ein Begriff. Sein Name war Hasib Qaradaxi. Er hat den Weg für hunderte kurdische Musiker geebnet. Die erfolgreichsten kurdischen Popsänger haben seine Texte und Gedichte verwendet, natürlich bisschen umgeschrieben. Ich wollte das auch probieren, die Texte auf meine Art zu interpretieren und habe meine Mutter gefragt. Sie hat mir Gedichte geschickt, die er früher für sie und mich geschrieben hat – er ist 1996 gestorben. Für eine Ballade, bisschen an Dancehall angelehnt, habe ich versucht, den Text von meinem Großvater mit bissl Hilfe von Autotune zu performen und auch einen deutschen Part einzubauen, damit für alle Zuhörer was da ist. Auch die Kurden mögen dieses Internationale.

Wie groß ist der Einfluss der Dichter und Schriftsteller heute auf kurdische Musik?
Immer noch groß. Bei uns schreiben die wenigsten Musiker selber. Aber du merkst, dass die modernen Songwriter nicht so den Nerv der Zeit treffen wie die Dichter damals. Die sind halt ohne Strom, Gas, Licht und Wasser mit einer Kerze dagesessen, haben nur den Sternenhimmel und ein Blatt Papier vor sich gehabt – und vielleicht eine Flasche Ouzo oder was weiß ich (lacht). Sie haben vor sich hin philosophiert. Da nehme ich viel mehr für mich mit als von denen, die es heute versuchen zu kopieren.

Zum Abschluss: Du hast mit Smokey Eyes ein größeres Album geplant – im Kontrast zu „Alles Wien“, das du als Tape bezeichnest. Kannst du schon was verraten?
Vorher sind noch Musikvideos zum Tape geplant. Aber sobald wir diese Songs abgearbeitet und abgeschlossen haben, setzen wir uns gezielt hin und arbeiten an einem neuen Soundbild. Da juckt es mich schon, ich freue mich drauf.

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