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Beatshizzle (Oktober/21) // Beats & Instrumentals

Beatshizzle (Oktober/21) // Beats & Instrumentals

In dieser Reihe widmen wir uns monatlich den neuen Releases der Beat- und Instrumental-Szene. Das Meer an großartigen Beats wird von Tag zu Tag größer und nur die wenigsten Produzenten erhalten gerechtfertigte Credits. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Instrumentalreihen – viele der Projekte gehen allerdings in der Flut an Releases einfach unter und werden nicht mit eigenen Artikeln gewürdigt. Dennoch sind sie relevant genug, um ihnen eine Plattform zu bieten.

Wie gewohnt haben wir unsere Spotify-Playlist mit den neuen Releases aktualisiert.

Al Quetz – Habanología

Eine geschichtsträchtige Altstadt, pulsierende Straßen wie die Calle Obispo, „Havana Nights“ und so weiter – dass der Tourismus in Havanna der wichtigste Wirtschaftszweig ist, kommt nicht von ungefähr. Doch die kubanische Hauptstadt hat mehr zu bieten als vorgefertigte Bilder, die nur an der Oberfläche kratzen. Das weiß auch der Pariser Produzent Al Quetz, der einige Jahre dort gelebt hat. Mit der musikalischen Liebeserklärung „Habanología“ weist er auf die facettenreichen Klänge Kubas hin, die weit über den Buena Vista Social Club und Salsa-Percussions hinausgehen. „Far from the musical clichés with percussions and horns, Cuba is an island bombarded with influences that one discovers. An island which vibrated for the jazz, the soul, the psychedelic rock, from the waves coming from the Caribbean to those of the bulky neighboring ogre.“

Als Basis hat sich Al Quetz durch den Katalog des bedeutenden postrevolutionären Labels Areito gehört, dem die Musiksamples des Albums entspringen. Für eine spezielle Atmosphäre sorgen zudem aufgenommene Stimmen und Momente aus den Straßen, Film- und Radioschnipsel, natürlich ausschließlich aus Kuba. Al Quetz vermischt sie zu groovigen Klängen, bei denen viel Melancholie und Nostalgie mitschwingen. Einige befreundete Musiker*innen runden das Album mit meist instrumentalen Features die 14 schönen Tracks mit hohem Replay-Potenzial ab. Ein zweiter Teil von „Habanología“ ist offenbar schon im Entstehen.

DJ Abilities – Phonographic Phoenix

Philosophischen, poetischen und sozialkritische Texte, Beats mit Rock- und Turntablism-Einfluss – Eyedea & Abilities zählten mit den Alben „First Born“, „E&A“ und „By the Throat“ in den 00er-Jahren zu den spannendsten Artists der US-Indierapszene. Das Ableben von Eyedea im Jahr 2010 im Alter von nur 28 Jahren setzte dem Duo aus Minnesota ein jähes Ende. Seither trat auch DJ Abilities nur durch einzelne Rap-Beats und DJ-Mixes in Erscheinung. Die lange Pause endete im Oktober mit dem passend betitelten Release „Phonographic Phoenix“, das wie seine bisherigen Werke über Rhymesayers Records erschienen ist. Ein Mini-Album, mit dem eine musikalische Neuorientierung weg vom samplelastigen Sound einhergeht.

Die Tracks fallen sehr schwer und bassbetont aus, Turntablism-Elemente rücken immer wieder in den Fokus. „Abilities built this album’s compositions from the ground up, creating his own sound through deep, cavernous bass, funky drums and enveloping synths, with razor sharp cuts and vocal chops providing a voice where his fallen partner may have once stood“, heißt es in der offiziellen Meldung. Ungewohnte Klänge von ihm, aber durchaus hörenswert.

tajima hal – Minor Sights

Als einer der bekanntesten und umtriebigsten Beatmaker ist tajima hal auch über die Landesgrenzen hinaus vielen ein Begriff. Der Gründer des Labels Hermit City Recordings hat bereits über Urban Waves Records veröffentlicht, war zudem am Sampler „Sichtexotica II“ vertreten. Auch sein jüngstes, insgesamt achtes Studioalbum ist übers Deutsche Label Sichtexot erschienen.

In entspannter Manier bewegt sich tajima hal darauf zwischen Breakbeats, Latin-Vibes, Slow Jams und Diskoklängen und sorgt für ein Album, das sich schön druchhören lässt. „His lush drum-arrangements and lovingly chosen instrumentals lead through a musical cosmos, in which everything between atmospheric layers, nested vocal cuts and acoustic guitars is reconciled“.

DJ Sacred – Memphis Rap Strikes Back

Memphis Rap lebt – in der Ostukraine. Mit seinen „Sacred Mixes“ sowie der mit DJ Armok und DJ Bishop 2019 veröffentlichten Compilation „Dungeon Rap: The Introduction“ hat DJ Sacred bereits bewiesen, dass er in beachtlicher Manier an den Memphis-Rap-Sound der 1990er anknüpfen kann. Er gibt den düsteren Dungeon-Synth- und ausgegrabenen Rap-Parts einen modernen Anstrich, ohne sich weit von den Genrewurzeln zu entfernen. Im Oktober veröffentlichte DJ Sacred sein erstes Soloalbum und damit einmal mehr feinsten Memphis-Sound straight outta Kharkiv. „From heavy bass to melancholic pimp tunes, the album reveals the diversity and uniqueness of this genre“, schreibt er dazu. Klar, ein reines Beatreleases ist es auch diesmal nicht, zumal es sich diesmal mehr um echte Rap-Features als reingeschnipselte Altparts handelt. Aber so beatzentriert dieses Nischengenre ist, nehmen wir das Album gerne in diese Rubrik rein.

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Moods – Music Ruined My Life

Angekündigt mit der Single „Music Saved My Life“, hat Moods kürzlich sein neues Album „Music Ruined My Live“ veröffentlicht. Und damit sein erstes vollständig live aufgenommenes Album – was beim Produzenten aus Rotterdam nicht überrascht, zumal er schon vorher meist auf organisch klingende Beats fokussiert war. Ausgestattet mit Demoskizzen hat Moods mit einigen Instrumentalisten im Studio gejammt, mehr als bisher auf die Arrangements geachtet und komplett auf Vocal-Parts verzichtet. Ergibt acht entspannte Downtempo-Tracks mit starker Jazz-, Soul- und R&B-Komponente.

Calvin Valentine – Weed Is Awesome

Das jüngste Album von Calvin Valentine ist ganz auf die Schnittmenge aus Beat- und Weed-Heads zugeschnitten. Der Produzent aus Los Angeles lässt keine Zweifel daran, dass die Tracks „einbufft“ entstanden sind – und „Weed Is Awesome“ fürs Hören in ähnlichem Zustand optimiert ist. Egal, der Autor dieser Zeilen tut es gerade ohne Substanzeinfluss. Calvin Valentine vereint im klassischen Beattape-Format kurze, samplebasierte Tracks mit – no na ned – psychedelischem und entspannten Charakter, dzau gesellen sich viele glorifizierende und Situationskomik aufweisende Vocal-Samples. Kurzweilig und durchaus gut produziert, auch wenn so manches Sample schon etwas ausgelutscht erscheint. Das Businessmodell rund ums Album erscheint ausgeklügelt: Aus Kalifornien, wo Cannabis seit 2016 legal ist, versendete Calvin Valentine in der „Hotbox“-Version mit dem Album ein Paket mit Weed und zubehör – laut eigener Aussage als erster Künstler überhaupt. Interessante Angelegenheit, können wir aber natürlich nicht überprüfen. Ob das kalifornische Weed dann auch nach Europa verschifft worden wäre? Eigentlich eh wuascht, schon längst vergriffen.

Sátyr – Erato

Vor etwa zwei Jahren öffnete Sátyr die Büchse der Pandora und veröffentlichte sein Debütalbum auf dem Qualitätslabel Krekpek Records. In dieser kurzen Zeit arbeitete er sich unter der schützenden Hand des Labels zu einem der vielversprechendsten Nachwuchsproduzenten Deutschlands heran. Nun folgt mit „Erato“ das nächste Album, auf dem er seinen Sound weiter verfeinert und mit zahlreichen namhaften Produzenten zusammenarbeitet, statt sich wie in der Vergangenheit üblich und wohl auch coronabedingt seine Inspiration nciht in griechsichen Gefilden zu holen. Auch wenn die Vinylveröffentlichung leider noch ein paar Monate auf sich warten lässt, kann man sich das Album bereits auf Bandcamp anhören.

Telemakus – The New Heritage

Der Pianist Telemakus liefert auf dem über Radio Juicy veröffentlichten „The New Heritage“ ein modernes Werk mit zeitgenössischen Jazz- und HipHop-Einflüssen und ist im Detailreichtum seiner Kompositionen wohl einer Ausnahmetalent der internationalen Produzentenszene. Zusammen mit der Unterstützung von Musikern aus 11 Ländern entstanden während diversen Lockdowns neue Soundentwürfe, die nun in einem Album zusammengeflossen sind.

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