1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi…
In dieser Reihe widmen wir uns monatlich den neuen Releases der Beat- und Instrumental-Szene. Das Meer an großartigen Beats wird von Tag zu Tag größer und nur die wenigsten Produzenten erhalten gerechtfertigte Credits. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Instrumentalreihen – viele der Projekte gehen allerdings in der Flut an Releases einfach unter und werden nicht mit einem eigenen Artikel gewürdigt. Dennoch sind sie relevant genug, um ihnen eine Plattform zu bieten.
Bacao Rhythm and Steel Band – The Serpent’s Mouth
Wir haben die Hamburger Bacao Rhythm and Steel Band bereits 2016 vorgestellt, als sie mit dem Album „55“ einen faszinierenden Mix aus Eigenkompositionen und funkigen Coverversionen von Faith Evans, 50 Cent, Cat Stevans und vielen anderen releast haben. Charakteristisch für die Band ist die Verwendung einer Steeldrum, die Bandleader Björn Wagner bei einem mehrmonatigen Besuch in Trinidad & Tobago zu spielen gelernt hat und seither mit Funk-, Soul-, und HipHop-Elementen verschmelzen lässt.
Diese außergewöhnliche Kombination ist auch das Grundrezept des kürzlich über das New Yorker Label Big Crown Records erschienenen Nachfolgers „The Serpent’s Mouth“, benannt nach der Meerenge zwischen Trinidad & Tobago und Venezuela. Neben Covern wie „1 Thing“ von Amerie, „Xxplosive“ von Dr. Dre oder „Burn“ von Mobb Deep sind als Originale etwa das mit reichlich Breaks und Flöten ausgestaltete „Hoola Hoop“ oder das gemächliche, eingängige „Touchdown“ vertreten. Wieder einmal eine runde Sache. – Simon Nowak
Mansur Brown – Shiroi
Zu den vielen hochtalentierten Contemporary-Jazz-Acts, die derzeit aus dem Londoner Untergrund sprießen, zählt zweifellos auch Mansur Brown. Der junge Gitarrist und war bereits 2016 auf dem grandiosen „Black Focus“ von Yussef Kamaal vertreten und prägt seither einige Werke entscheidend mit – zuletzt etwa die Single „Love Is The Message“ mit Yussef Dayes und Alfa Mist. Ende September ist mit „Shiroi“ das erste Soloalbum des 21-jährigen Südlondoners erschienen, das sein virtuoses Gitarrenspiel noch stärker in den Fokus rückt und die starken Hendrix’schen und Benson’schen Einflüsse mit verschiedensten Stilmitteln kombiniert – mitunter auch mit Trap, wie der Abschlusstrack „Hands Tied“ zeigt. – Simon Nowak
Kamaal Williams – Nights in Paris
Still und heimlich hat auch Kamaal Williams aka Henry Wu mit „Nights in Paris“ drei neue Instrumentaltracks veröffentlicht. Der Keyboarder zählt zu den Einflussreichsten der gegenwärtigen britischen Generation, bildete mit dem Drummer Yussef Dayses das Duo Yussef Kamaal und ist als Gründer des Labels Black Focus Records quasi der Boss von Mansur Brown. Gemeinsam spielen die beiden derzeit eine ausgedehnte Tour – leider ohne Station in Österreich. Bei den Konzerten dürften neben den drei neuen Tracks auch verstärkt Nummern aus seinem im Mai erschienenen Album „The Return“ zur Geltung kommen. – Simon Nowak
Joe Corfield – Patterns
Joe Corfield mausert sich zunehmend zu den spannendsten HipHop-Produzenten. Neben regelmäßigen Produktionen für das High-Focus-Camp – zuletzt etwa „It’s Like That“ von Fliptrix – liefert er auch beständig Instrumentalreleases. Sein jüngstes Album „Patterns“ kann dabei nahtlos an die 2017 releaste LP „Phase Shift“ sowie die im Februar erschienene EP „Roach Ritual“ anknüpfen. Die samplebasierten Beats sind wieder mit feinen Keys und Synths ausgeschmückt und klingen außerordentlich klar. Durch die 21 Tracks zieht sich ein entspannter Grundcharakter, wobei der Brite den warmen Basslines knallharte Drums entgegensetzt und für reichlich Kopfnick-Potenzial sorgt. – Simon Nowak
Kev Brown – Delve Into Classical Moog
Ein Mann für die große Bühne war der in Maryland stationierte Produzent und Rapper Kev Brown wohl nie. Dafür eilt ihm seit seinem 2005 erschienenen Debütalbum „I Do What I Do““, etwa als Teil der Low Budget Crew, der Ruf als hochgeschätzter Underground-Artist voraus. Vor allem die charakteristisch dominanten Basslines seiner Boombap-Produktionen – wie beispielsweise auf „Legion of Doom“ – haben sich nachhaltig ins Gedächtnis eingebrannt. Nach einer mehrjährigen Pause meldete er sich im August mit dem Rap-Album „Homework“ zurück. Im September folgte mit „Delve Into Classical Moog“ das Ergebnis seiner ersten Experimente mit Moog-Synthesizer-Klängen. Kev Brown bedient das instrumentale Forschungsfeld in minimalistischer Vintage-Manier, aber durchaus bravourös. – Simon Nowak
Dunc – Looking Back
Ebenfalls aus Maryland und aus dem Low-Budget-Umfeld stammt der Produzent Dunc, der früher mit dem Rapper Toine das Duo DTMD bildete. Mit seinem neuen Album „Looking Past“ blick er in Form von 18 größtenteils smoothen Beats auf die vergangenen drei Jahre zurück. Diese waren für Dunc mit diversen persönlichen Veränderungen verbunden, das Produzieren dürfte da die größte Konstante gewesen sein. – Simon Nowak
Yovenek – oshun
Der Pariser Produzent und Percussionist Yovenek ist bereits viel herumgekommen. Um seinen musikalischen Horizont zu erweitern, war er etwa in Algerien, Ägypten, Spanien sowie vor Kurzem in Kuba. Dort hat er sein Percussionspiel verfeinert und sich mit Yoruba-Religionen beschäftigt und in sein neues Album „Oshun“ einfließen lassen. Der Titel beschreibt die Göttin des Wassers und der Wälder, musikalisch lassen sich die jazzige-melodischen Klänge irgendwo zwischen Abstract-HipHop und Boombap einordnen. Die 19 Tracks bieten dabei feine Drum-Breaks, wirken generell vorzügliich ausgestaltet. – Simon Nowak
Illingsworth – You’re No Fun
Als Ode an den Hedonismus und den Eskapismus hat der Produzent und Rapper Illingsworth sein neues Album „You’re Not Fun“ gestaltet. Der Detroiter möchte dazu aufrufen, möglichst für den Moment zu leben. Dementsprechend verspielt und experimentell klingen die größtenteils instrumentalen, via Mello Music Group erschienenen Tracks. Die teils ergänzenden Rap-Parts stammen überwiegend von ihm selbst, daneben sind die Labelkollegen Open Mike Eagle und Denmark Vessey vertreten. – Simon Nowak
leavv – Mind Garden
Nach zahllosen Beiträgen auf diversen Compilations erschien mit „Mind Garden“ das erste Soloalbum des aus Deutschland stammenden leavv über Chillhop. Neun verträumte Tracks, die dazu einladen, gedankenverloren aus dem Fenster zu blicken. Im positivsten aller Sinne! – Simon Huber
prgmat – Concrete Jungle Flava
Viel Beachtung erfuhr der Lette prgmat für sein über das russische Label kadv erscheinende Album „Concrete Jungle Flavor“, das für Labelverhältnisse mit ziemlich viel Drive und Golden Era-Anleihen ausgestattet ist, wenngleich das proklamierte „not so chill as usual“ verglichen mit anderen Tapes, die sich dem straight 90s Flavor verschrieben haben, nur bedingt zutrifft. Die Mischung aus verträumten LoFi-Elementen und treibendem Boombap macht sich allerdings hervorragend. – Simon Huber
Moo Latte – Syd
Das wohl interkulturellste Release des Monats kommt vom sich selbstironisch bezeichnenden Moo Latte, der auf „Syd“ seine polnisch-kongolesischen Wurzeln aus Sicht seiner Mittlerweile-Heimat Dänemark aufarbeitet. Der Klassik- und Jazz-Komponist, der auch außerhalb des HipHop-Spektrums aktiv ist, nutzt sein Produzenten-Alter-Ego, um HipHop, Jazz und Soul zu kombinieren und arbeitet dabei sowohl mit Akustikinstrumenten, Synthesizern als auch Samples aus dem afrikanischen und südamerikanischen Raum. – Simon Huber
lofi.samurai – passive.aggressive
Nihilismus und geballtes Desinteresse zusammengefasst in vier Tracks. Nothing more to say. – Simon Huber
fortnight – Blunted to Deaf
Neu gegründet wurde der kadv-Ableger Lo-Factory mit Fokus auf – wer hätte es gedacht – „lo fi vibes and jazzy mellow sounds“. Den Beginn macht Produzent fortnight aus Bristol mit dem grundsoliden „Blunted to Deaf“. Erfindet das Rad nicht neu, aber bereichert den Instrumental-Indie-Tapemarkt auf jeden Fall um ein weiteres Label, das man im Auge behalten kann. – Simon Huber
Step – Memory Lane
Aus dem Umfeld von Torch’s Label 360° Records entspringt das zweite Soloalbum von DJ Step, der zuvor vornehmlich als Live-DJ fungierte. Das 14 Anspielstationen umfassende Album mit Gastbeiträgen von Kacy und DJ Soundtrax bildet einen hörenswerten Nachfolger von „Footprint“ mit weitem Spektrum von chillig („City Lights“) bis nahezu epochal („Sunset Groove“, „Highlands“) und entstand in einer Zusammenarbeit von 360° und Breakin‘ All Records. – Simon Huber
Gordo Jazz – Future Beats
Auf „Future Beats“ nimmt uns der Mexikaner Gordo Jazz mit auf eine Reise in die Zukunft. Dementsprechend progressiv bis abstrakt gestalten sich die acht Beats, auch wenn klassische Elemente immer wieder auftreten. Das Album erschien über Dezi-Belle. – Simon Huber
oofoe – White Shoes and Grape Juice
Beinahe unbemerkt produziert oofoe aus Wien seit 2016 Beats, auch wenn der Name immer wieder in diversen Playlists oder Kollaborationen mit bekannteren Produzenten wie mt. fujitive auftaucht. Im September erschien die bereits fünfte Veröffentlichung „White Shoes & Grape Juice“, die sich in Aufmachung und Instrumentierung vornehmlich den positiven und relaxten Angelegenheiten des Daseins widmet. – Simon Huber
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