Radio-Afficionado. Von Deutschrap über französischen & britischen Rap und natürlich…
Fotos: Niko Havranek
Text: Jérémie Machto
Das B72 füllt sich schleppend, doch T-Sers Einstand passt perfekt. Der Salzburger kommt direkt mit einem Haufen Punchlines auf die Bühne – „Ich schüttel’s einfach aus dem Ärmel wie Toby Maguire.“ Leider versteht man nicht alle Lines gut, da der Sound stellenweise nicht optimal ist. Sein regelrechter Comeback-Track mit einem Überbeat von Mono:Massive scheppert aber wunderschön aus den Boxen. Ein paar Hände und Köpfe wippen mit, die Ohren sind gespitzt. Was man hört, ist authentischer Conscious-Straßen-Punchline-Rap! Zur zweiten Hälfte wird es trappiger, aber nicht minder fresh. Ein Diss gegen „14-jährige Fun-Rapper“ und Lowlifes („aka FPÖ-Wähler“) darf nicht fehlen – wobei ein Raum, gefüllt mit Menschen, die gegen die FPÖ-Wählerschaft gröhlt, der Spaltung der Gesellschaft sicher nichts Gutes tut. Kurz und knackig präsentiert T-Ser, woran er derzeit so hackelt. Dass er erst 22 ist, macht das Ganze noch beeindruckender. Sein Flow über Dsiigners „Panda“ macht auf jeden Fall einiges an Lust auf Neues von T zum S.
Im Anschluss tritt DJ Sammy B Side an die Ones and Twos und zeigt, wie viel Spaß man mit einer Handvoll A capellas und geilen Beats haben kann. Vor allem, wenn man solche „mad skills“ hat. Dirty Dike kommt eingepackt in Pulli und Kapuzenjacke auf die Bühne und dreht der Crowd den Rücken zu. Er lässt den Beat anlaufen und rappt den ersten Track – noch im Assassin’s-Creed-Modus, sprich Kapuze auf. Spätestens bei seiner Version der „Ten Dike Commandments“ wird er richtig warm und entledigt sich seiner Schichten. Er hat wohl schon von den Konzertsitten in Wien gehört, wirft aber nicht mit Glasflaschen oder Mikros, sondern mit einem Tetra-Pack. Einem großen Typen fliegt das Mischgetränk (äußerst präzise) plus Mittelfinger entgegen – und ein Grinser, der Dike wie einen ertappten Spitzbuben aussehen lässt.
Im weiteren Verlauf der Show muss er enttäuscht feststellen, dass im gefüllten B72 nur drei Graffiti-Writer anwesend sind. Dirty Dike probiert viel, um die Crowd zu animieren, jedoch zündet nicht mal „Return of the Twat“ so richtig – ein paar gehen ab, der Rest schaut und nickt mit dem Kopf. Wer Videos von anderen Auftritten von Dike gesehen hat, der weiß, dass da in Wien noch viel Luft nach oben ist. Als dann auch noch eine Fetzerei zwischen zwei Typen in der ersten Reihe ausbricht, ist die Stimmung am Tiefpunkt. Dike unterbricht die Musik, weist den mutmaßlichen Unruhestifter zurecht: „No fighting during my shows. If you want to fight, go to a boxing club. I’m doing my job here. If you start fighting during my show, I go home.“ Dafür bekommt er Applaus und die Kappe des Übeltäters. Die Show scheint sich von diesem Zwischenfall nicht ganz zu erholen, Dirty Dike bemüht sich, bekommt jedoch keinen übertrieben Response. Man merkt ihm an, dass ihn das trotz seines strahlenden Grinsers stört. Der Vodka wird mittlerweile pur getrunken. Nach einer recht kurzen Show verabschiedet er sich erstmals, die Crowd wartet, bis er angezogen ist – um endlich zu reagieren und Lärm zu machen. James lässt Gnade walten und gibt noch alles für den letzten Track, nach welchem die Crowd relativ schnell verstummt und keine weitere Zugabe fordert. Ihn wird’s freuen, früher Feierabend, seine Leistung hat er erbracht.
Fazit: Einer der realsten Rapper und Produzenten Englands liefert eine beachtliche Show in Wien ab. Auch wenn das Publikum ihn mit Höhen und Tiefen überrascht – zwischen den Songs war es manchmal etwas zu still, auch für seinen Geschmack. Die Drum’n’Bass-Einlagen brachten frischen Wind unter die Leute, aber nicht genug, um wirklich auszurasten. Trotz allem: von Dike eine fantastische, aber etwas kurze Show. Danke für das hochkarätige Booking geht raus an Advanced Society – wir haben den Abend schwitzend genossen.
Ähnliche Posts
- Darondo gives love instructions - live
Das folgende Video zeigt einen Ausschnitt eines Auftritts des wunderbaren Soul und Funk Sängers DARONDO…
- Love What Survives // Mount Kimbie live
Die Londoner Musiker von Mount Kimbie, Dominic Maker und Kai Campos, werden meist dem Genre…
- Love What Survives // Mount Kimbie live
Die Londoner Musiker von Mount Kimbie, Dominic Maker und Kai Campos, werden meist dem Genre…
Radio-Afficionado. Von Deutschrap über französischen & britischen Rap und natürlich Österrap. Außerdem Battle-Rap-Fanatiker und beherrscht die Beistrichregeln, nicht, besonders, gut.