Looking For The Perfect Beat
Bereits zum zwölften Mal fand vergangene Woche das donaufestival in Krems statt. Das letzte Mal unter der künstlerischen Leitung von Tomas Zierhofer-Kin, der das Festival von Anbeginn begleitete. „redifining arts“ wurde dabei als Motto ausgerufen: „Das donaufestival 2016 versteht sich als Manifest der Nicht-Norm, des anderen, des postkolonialen Blicks auf eine Welt des Grauens. Aber die Statements unserer KünstlerInnen sind auch Ausdruck von Hoffnung und Utopie, ein Apell zu einem neuen Denken, Handeln und Empfinden.“
Im Mittelpunkt dabei das Wiener Theaterkollektiv god’s entertainment mit ihrer Performance NIEMAND HAT EUCH EINGELADEN – Teil 2 der Neuen europäischen Tragödie. Zu dem Titel, welcher auch als Werbespruch für das Festival diente und wohl in ganz Österreich an Bushaltestellen und Litfaßsäulen hing, gab es dann eine zweite „verschärfte“ Poster-Version: Eine mit einer Ku-Klux-Klan- Kutte vermummten Gestalt in den Nationalfarben Österreichs. Das erinnert ein wenig an Schlingensiefs Container-Aktion auf den Wiener Festwochen 2000, als dieser vor der Staatsoper ein riesiges Plakat mit der Aufschrift Ausländer raus! installierte und sich mehrmals öffentlich wunderte, warum es von niemandem entfernt wurde. „Und was tut Europa?“ ist die eröffnende Frage der Performance. Österreich hoffentlich zumindest keinen blauen Bundespräsidenten wählen.
Musikalisch war das Festival wieder breit gefächert. Dabei auch einige Künstler, die im HipHop angesiedelt sind, vorwiegend aber dem elektronisch sowie bass-lastigen Genres zugeordnet werden können. Wie etwa Kode9, Evian Christ, Omar Souleyman, Le1f, Easter, Lotic, Angel-Ho oder etwa DJ Koze – um nur einige wenige zu nennen. Die Minoritenkirche, komplett abgedunkelt, wurde dabei vielen zur Lieblings-Location, in der man die ersten Minuten meist vollkommen orientierungslos hinten im Saal verbrachte, um sich an die völlige Schwärze zu gewöhnen. Wobei der Sound am Messegelände so unglaublich druckvoll (und gut!) war, dass sich auch die Ohrstöpseldichte im Publikum weit über die „gewohnte Norm“ manifestierte.
Le1f live
Khalif Diouf ist eine ziemliche Erscheinung. Dass er allein mit Angel-Ho als DJ auf einer größeren Bühne steht, ist dabei sogar von Vorteil. Vor allem, weil es dem vielleicht erst zweiten Rapper nach 2Pac, welcher Ballett (und Modern Dance) studierte, jede Menge Freiräume auf der Bühne einräumt. Ohne wirkliche Pause rappt er sich dabei durch sein letztjährliches Debütalbum Riot Boi oder ältere Mixtapes wie Dark York und Tree House. Immer auf der Suche nach dem Kontakt zum Publikum, immer in Bewegung. Dabei fällt ein Kleidungsstück nach dem anderen (übrig bleiben nur enge schwarze Shorts). Es ist unmöglich, von dem Spektakel, den dröhnenden Synths, den pumpenden Bässen nicht mitgerissen zu werden. Le1f rekelt sich am Boden, küsst Hände, verpasst Handschläge. Der Höhepunkt ist erreicht, als er zum Publikum hinunterklettert und in der springenden tanzenden Masse versinkt. Eigentlich sein letztes Lied, doch das Publikum klatscht, stampft und schreit so lange, bis es doch noch zu einer Zugabe kommt. Ein perfektes Konzert.
Das war’s vom donaufestival. Einziger und hoffentlich konstruktiver (sowie persönlicher) Kritikanstoß: Ein Busverkehr von Wien NACH Krems!(?) Wir sagen Danke und freuen uns auf nächstes Jahr!
Alle Fotos zu den Konzerten gibt es hier.
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