Now Reading
Fiva und das Phantom (Interview)

Fiva und das Phantom (Interview)

Fiva ist zwar nach wie vor live und auf ihrem vierten Album wortgewandt mit DJ(´s) unterwegs, sie hat aber auch beträchtlichen Zuwachs durch eine Band bekommen: das Phantom Orchester. Wer zur Besetzung des Orchesters gehört ist zwar nicht so genau festgelegt, einer ist aber auf jeden Fall immer dabei: Paul Reno, Ex-Mitglied der Emil Bulls. So auch bei unserem Interview in Wien, das sich zunächst auf die Band-Zusammenarbeit konzentrierte, dann aber Fiva zum Beispiel auch erklären ließ, warum sie sich über einen Diss der Vamummtn gegen sie freuen würde…

Du bist mit dem Phantom Orchester auf Tour und hast mit der Band auch ein Album aufgenommen. Wieso dieser krypt
ische Band-Name?
Fiva: Genau das ist es ja! Unter dem Live Phantom Orchester soll man sich auch gar nichts vorstellen, weil sich das personell dauernd ändert. Die feste Stammbesetzung sind Paul und ich. Und da ich über Paul, bevor ich ihn noch persönlich kennengelernt habe, lange Zeit immer nur Geschichten gehört habe, habe ich schon fast nicht mehr geglaubt, dass er wirklich existiert. Deswegen Paul das Phantom. Wir haben das Album gemeinsam mit Rüde Lindhof von den Sportfreunden gemacht, auf der Tour kann er aber auch nicht immer dabei sein. Wir wussten schon davor: wenn wir als Band auf Tour gehen, kann es keine bestehende Formation sein. Wir haben mit Profi-Musikern, zum Beispiel auch Streicherinnen zusammengearbeitet, die alle schon Bands und andere Projekte haben. Rüde macht gerade sein neues Album mit den Sportfreunden, DJ Phekt ist gerade in Mexiko auf einer schönen Tour. Dafür sind bei unserem heutigen Wien-Konzert DJ Radrum und Stephan Kondert dabei. So haben wir allen die Möglichkeit gegeben, ihren Beruf weiter auszuüben, aber trotzdem auf Tour gehen zu können und nicht jedes dritte Konzert absagen zu müssen, weil zum Beispiel der Schlagzeuger gerade nicht kann. Wir erweitern uns je nach Anwesenheitsmöglichkeiten und Budget.

Rüde und Paul, beziehungsweise die Sportfreunde Stiller, hätte man aber doch auch stärker betonen können…
Fiva: So Fiva, Rüde & Paul? Ne also Sportfreunde, nö….
Also der Paul kommt ja auch nicht von den Sportfreunden, sondern von den ehemaligen Emil Bulls. Dementsprechend wäre das dann zu irreführend gewesen. Natürlich ist Rüde ein Drittel von den Sportfreunden, aber wir sind nicht die Sportfreunde, und wir sind auch nicht die Emil Bulls.
Paul: Das soll sich ja auch nicht darauf reduzieren, dass das ein Side-Projekt für uns ist…genau deswegen haben wir den Namen auch aufgegriffen.

Was für einen Stellenwert hat das Projekt für dich, Paul?
Paul: Einen sehr hohen, wir haben das ja auch drei Jahre lang im Keller produziert (lacht). Konzentriert haben wir aber nur etwa drei bis vier Monate daran gearbeitet. Es war allen Beteiligten klar, dass man das dann irgendwann auch fertig stellt, aber nichts überstürzt. So Sachen wie Streicher-Arrangements brauchen dann natürlich auch ihre Zeit.

Wie war euer Kontakt, also von dir und Rüde Lindhof, davor zu Hip Hop?
Paul: Ja ich war ja bei den Emil Bulls auch DJ und habe bei denen auch gescratcht. Und der Rüde hört halt sehr viel Hip Hop, hauptsächlich Neunziger Jahre Zeug, so wie Pharcyde zum Beispiel. Aber es ist natürlich klar, dass das nicht seine Hauptmusik ist. Für uns war es auf jeden Fall spannend was Neues zu machen.

Euer heutiges Konzert in der Szene Wien war bereits Tage zuvor ausverkauft. Ihr habt in den letzten sechs Tagen in ebenso vielen Städten Konzerte gespielt, darunter auch drei Österreich Termine. Wie waren die besucht?
Fiva: Die waren voll.

Andere deutsche Rapper geben in Österreich vielleicht ein, zwei Konzerte en suite, aber nicht mehr. Worauf führst du deine Popularität hierzulande zurück?
Fiva: Das liegt daran, dass ich mit dem DJ Phekt als MC-DJ Duo und davor schon mit DJ Radrum wahrscheinlich in jedem Kaff in Österreich zumindest einmal gespielt habe. Und ich bin ja auch gefühlte Halbösterreicherin. Dann habe ich bei FM4 einen Radiosender gefunden, bei dem ich sehr gerne arbeite und von dem ich auch extrem unterstützt wurde. Und das schon bevor ich da gearbeitet habe: man unkt ja dann immer wieder gerne so: ja die arbeitet dort und deswegen spielen die die rauf und runter. Das muss man dann mal kontrollieren, denn das tun die so gut wie nie. Schon beim ersten Album, das wir mit Radrum hingebracht haben, also bei „Kopfhörer“, haben sie viele unserer Sachen gespielt. Das ist ein toller Radiosender, die supporten nicht nur im Indie-Bereich echt gute junge Bands und dann kommen halt auch wirklich Zuhörer.


In deinen eigenen Moderationen merkt man im Gegensatz zu deinen Raps manchmal, dass du einen leicht bayrischen Akzent hast…
Fiva: Nein, umgekehrt rum. Also jeder Bayer würde über mein sogenanntes Bayrisch lachen, aber in Berlin oder Mainz gehe ich als die fetteste bayrische Frau, im Sinne vom Dialekt, durch. Die kennen zum Beispiel kein „Ich scheiß mich an“ oder „Da scheiß ich mir nix“. Aber ich bin schon eine Hochdeutsch sprechende Person.

Im Dialekt zu rappen wäre also nichts für dich?
Fiva: Das könnte ich machen, aber jeder der Dialekt spricht, würde mich fragen, ob ich einen Schatten habe. Aber ich würde schon gerne auch im Dialekt rappen können, weil ich es cool finde. Es ist ja auch nicht zufällig Max von Milland, der auf Südtirolerisch singt, Voract auf unserer Tour..

In Österreich ist ja Mundart Rap schon eine Zeit lang ziemlich populär…
Fiva: …ja super!

…deine Sendung auf FM4 heißt „Ponyhof“, die Vamummtn, ich weiß nicht ob du die kennst…
Fiva: Ja die haben „das Leben is kein Ponyhof“. DJ Buzz hat mich aber angerufen und mir gesagt, dass es nicht gegen mich ging. Es wäre auch krass, wenn es gegen mich ginge, weil dann müssten sich mich A kennen und B jemals den Ponyhof gehört haben. Beides ist glaube ich aber nicht der Fall. Wenn ich so viel wert wäre, dass mich die kommerziell erfolgreichste Rapgruppe Österreichs in ihrem Albumtitel dissen würde…alles richtig gemacht! (lacht). Bis auf dich hat mich auch noch niemand darauf angesprochen, das heißt die Zielgruppen dieser beiden Musikgruppen sind so verschieden, dass es nicht einmal Beef kreiert hat. Ich schaffe es einfach nicht (lacht).

Ihr habt in diesem Sommer auch unter dem „Fiva & das Phantom Orchester“-Namen auf großen Festivals wie zum Beispiel „Rock am Ring“ oder „Rock im Park“ gespielt…
Fiva: Das ist super und es ist mit Band natürlich schon schöner für mich, weil die Bühne ist dann schon so groß, wenn ich alleine da vorne stehe und es kommt dann am Ende auch nicht so fett rüber. Wobei ich MC-DJ Duos natürlich nach wie vor super finde.

Du bist 2004, oder 2005 beim Donauinselfest als Gast bei den Waxolutionists, die damals einer der Hauptacts auf der FM4-Bühne waren, aufgetreten….
Fiva: Boah das war noch früher, ich glaube 2003.

See Also

Damals hattest du hörbar Angst auf die Bühne zu kommen.
Fiva: Das war ja auch so ein Kessel voller Leute. Das war Irrsinn! Und ich habe es dann ja auch wirklich verkackt und sie mussten neu anfangen. Soundcheck hatten wir nicht und auch nicht geprobt und das war eben auch eine richtige Live Band und das was ich jetzt jeden Abend mache, hatte ich damals noch nie gemacht. Die Waxos waren alle an den Turntables und alles was es gibt an Instrumenten, also so gefühlt, war auf der Bühne. Und dann ging es los: alles dunkel, mit Leuten bis oben hin voll und ich habe meinen Einsatz verpennt. Ich hatte also begründete Angst.

So weit ich weiß gab es zu deinen ersten drei Alben keine Videos. Wieso?
Fiva: Weil ich es hasse Videos zu drehen. Ganz am Anfang gab es aber schon zwei: zu „Blaue Flecken“ und „Status Quo“. Sonst würde ich aber überhaupt nichts dagegen haben, nie Videos drehen zu müssen. Die Videos, die ich gerne machen würde, könnte ich mir nie im Leben leisten. Die Ideen, die ich dazu gerne hätte, habe ich selber nicht. Andererseits habe ich aber mittlerweile einfach selber erkannt wie notwendig das jetzt ist, Videos zu machen. Die Hörgewohnheiten sind zu Sehgewohnheiten geworden. Ich finde Kameras jedenfalls furchtbar…

Wieso stehst du dann als Moderatorin so oft vor der Kamera?
Fiva: Wenn ich moderiere, ist es nicht schwierig, da erzähle ich den Leuten um was es gerade geht. Wenn ich aber als Künstlerin gefilmt werde, finde ich, dass die Videos die ich mache Kunst sein sollen. Ich selbst bin nicht künstlerisch begabt genug und habe kein Geld um Leute zu engagieren, die ich toll finde, damit man abgefahrene Dinge macht. Ich bin aber mit unseren beiden aktuellen Videos jetzt natürlich trotzdem sehr zufrieden.

Wie waren deine Erfahrungen mit Musikvideos bei den Emil Bulls?
Paul: Ich habe noch das Ende der Goldphase der Plattenindustrie mitbekommen, wo für so etwas noch viel Geld verschleudert wurde. Anfang der Nuller Jahre hat man mit 80.000 Euro Videos gedreht, wo man dann aber am Ende meiner Meinung nach nicht wirklich sieht wo das Geld hingegangen ist. Gut es war schon ein anderer Standard, mit mehr Beleuchtung und Make-Up Artists und so. Bei unseren Videos jetzt hat es aber eigentlich viel mehr Spaß gemacht. Bisschen so Guerilla Style…man war mit den Regisseuren in viel engerem Kontakt und man konnte sich gut austauschen. Die digitale Revolution hat mittlerweile auch das Video-Medium erreicht. Es ist nicht nur deswegen kleiner, weil die Budgets gekürzt wurden, sondern natürlich auch deswegen kleiner, weil das Video-Machen an sich einfacher und billiger geworden ist.

Eine Abschlussfrage: auf der Nummer „Schalldichtrappst du über den Alltag aus der Sicht einer passiven Kifferin, die vieles will, aber nichts macht. War das autobiographisch?
Fiva: Eigentlich ist „Schalldicht“ wie jeder andere meiner Texte: ich habe es ein bisschen auch selber erfahren, aber bei ganz viel anderen Leuten auch gesehen. Dieses sich Hoffnungen und leere Träume aufbauen und dann nicht danach greifen und dann sagen alle anderen wären schuld. Aber es ist nicht wirklich autobiographisch. Das ist ja eben die Ironie, wie bei „Die Stadt gehört wieder mir“, ich war da nicht gerade frisch getrennt und ich hatte auch keinen Freund, der eine Katze hat. Ich hatte überhaupt noch nie eine Katze. Auch wenn man persönliche Texte schreibt, dann muss es noch immer so eine Ebene haben, dass sich damit auch ganz viele darin erkennen können, sonst wäre es ja nur Tagebuch führen. Dementsprechend also keine Suchtprobleme bei mir (lacht).

Interview: Jan Braula
Mitarbeit: Julia Gschmeidler
Foto: fivasolo.de