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Backpacker Laas Unltd. bleibt im Herzen Kind (Interview)

Backpacker Laas Unltd. bleibt im Herzen Kind (Interview)

Foto by Daniel Shaked | www.danielshaked.com

Bei der Kool Savas Snipes Tour durfte Laas Unltd. natürlich nicht fehlen… Mit einem breiten Grinsen und viel guter Laune im Gepäck lehnte er unseren Vorschlag für ein spontanes Interview nicht ab.
Laas Unltd. aka Lace, der am 11.10.2012 sein Album „Im Herzen Kind“ releaste, muss sich derzeit viel Kritik anhören. Das Pop Image, das dem Album bald aufgestempelt wurde, lehnt er vehement ab, auch wenn selbst er nicht abstreitet, Pop zu hören und viele Künstler aus diesem Genre zu feiern. Es ist nicht zu überhören, vor allem was die Hooks auf ein paar Nummern betrifft (z.B. „Aus den Augen verloren“, „Tränen aus Gold“), dass Laas einen gewissen Einfluss bei der Produktion zugelassen haben muss, aber seinem straighten Rapflow bleibt er ebenso auf dem Rest der Nummern treu. Was er privat hört, was Backpack für ihn persönlich bedeutet und wie es inzwischen mit Kollegah steht, erzählt er uns im Interview.

Mit Backpack Inferno hast Du ja ziemlich klar dein Image definiert. Hast Du das zum Schutz dafür gemacht, dass andere Dich kategorisieren?
Ja voll. Ich hab das nicht direkt gemacht, Backpack Inferno war ja mein drittes Album. Davor gabs Laas Unltd Begins und 2. 0 Actionrap und diverse Features von denen mich die Leute kannten. Aber ich hatte das Gefühl, die Leute konnten mich nicht so richtig einordnen. Die wussten, da is dieser Rapper, der kann cool rappen, aber wir wissen nicht, wofür der steht und was der macht. Ich wollte jetzt kein Image aufbauen, was an den Haaren herbeigezogen wäre. Und ich komm einfach aus dieser Backpack Schule und da gabs für mich nichts Naheliegenderes, als das den Leuten auch so zu präsentieren, um denen das Produkt griffig zu machen.

Was bedeutet der Begriff Backpack Schule für Dich persönlich?
Also als ich angefangen hab, war das so: Wir hatten keine Shows oder Bookings, wir sind mit dem Rucksack im Zug auf irgendwelche Jams oder Konzerte gefahren und haben da dann nachher auf der Bühne gefreestylt. So hat man einfach seine ersten Live Erfahrungen gesammelt. Das hilft mir heute auch immer noch jedes Mal, wenn ich auf der Bühne stehe. Das war einfach diese Schule, dieses ganze Ding mit Freestylen, mit Rappern auf der Bühne live battlen und sich da halt einfach durchboxen. Ohne dass man ins Studio geht, gleich einen Hit hat oder einen Song, der abgeht, wo man dann das Ganze direkt ein bisschen professioneller angeht.

Jetzt hat sich ja viel verändert bei dir. Du bist zum Beispiel gerade mit Savas auf Tour, ihr habt Securitys, einen Tourbus und ein Hotel… Du sitzt nicht mehr mit dem Rucksack in Zügen, oder?
Aber ich geh mit dem Rucksack in den Tourbus! (lacht)

Aber fandest du es früher cooler, oder genießt Du den Lebensstil jetzt auch?
Früher war cool, aber heute is natürlich auch geil. Es hat alles seine Vor- und Nachteile. Früher war cool, dass man alles sehr unbefangen gemacht hat. Man hat das ja nur für sich und seinen Spaß gemacht. Und jetzt ist es so, dass man Leute im Rücken hat, die einen unterstützen und die man natürlich nicht enttäuschen will. Das heißt, man muss da schon ein bisschen mehr Gas geben und auch konzentrierter sein. Aber dadurch, dass alles einfach besser organisiert ist, ist auch alles ein bisschen angenehmer. Du sagtest schon, ich muss nicht mehr nach dem Konzert 8 Stunden am Bahnhof auf den ersten Zug warten, sondern wir werden halt abgeholt (lacht). Und das genieß ich sehr. Ich hab hart dafür gearbeitet, damit das so ist. Und ich versuch das auch zu genießen und mich daran zu erfreuen.

Auf dem Track Star Wars ist der Feature-Gast eine eher untypische Wahl: Fler. Wie kam das zustande?
Ich hatte dieses Songkonzept im Kopf, dieses Star Wars Konzept. Dass man eben diesen Szene – internen Konflikt zwischen Straßen Rappern und Backpack Rappern thematisiert. Ich hab mir gedacht, dass muss eigentlich nicht so sein, weil ich persönlich auch jemand bin, der beides sehr feiert. Da hatte ich dann auch direkt Fler im Kopf. Savas hat dann letzten Endes den Kontakt hergestellt. Fler meinte: „Schick mir den Song, wenn der cool is, dann hab ich Bock drauf, dann machen wir das!“. Gesagt, getan.

Welche Reaktionen aus der Hip Hop Szene hast du auf diesen Song bekommen?
Die Reaktionen waren sehr gut. Obwohl manche Leute am Anfang schon skeptisch waren, warum ich jetzt was mit Fler mache. Aber als sie dann den Song gehört haben und auch Flers Part, konnten sie es wahrscheinlich besser nachvollziehen.

Wie haben denn die Fler Fans darauf reagiert? Waren Deine Fans nicht prinzipiell offener dem gegenüber?
Ich glaub sogar, dass es bei den harten Backpack Leuten auch welche gibt, die sehr ignorant sind und nichts anderes zulassen, außer dem, was sie feiern (lacht). Bei den Konzerten oder zum Beispiel Autogrammstunden, kommen immer wieder Leute mit Fler Pullovern, bei denen man auch sieht, dass sie nicht die klassischen Backpack Leute sind. Ich fands nur witzig am Anfang, als diese typischen Laas Unltd Fans auf die Fler Fans treffen, dass war glaub ich für die ein bisschen komisch. Aber letzten Endes ist dadurch die Situation entstanden, dass beide Seiten aufeinander zu gehen, dass ist schon sehr geil.

Auf dem Track Selbstkritik nimmst Du allen Rappern, die Dich battlen wollen, die Punches schon vorweg. Hast Du danach trotzdem noch Diss Tracks erhalten?
Also das war ja speziell auf die Situation mit Hamburg bezogen. Aber danach gab’s eigentlich keine Diss Tracks mehr. Mir haben auch viele Leute, die ich dann getroffen habe und die mich davor gehatet haben, gesagt, dass sie den Move gefeiert haben. Ich wollte da einfach auch zeigen: Hey ich kann auch über mich selber lachen, ich bin nicht so krass arrogant und denk die ganze Zeit nur ich bin der nächste King und keiner darf mit mir reden. So wie das die Leute halt denken. Das wollt ich damit einfach zeigen. Und auch, dass man eben einen geilen Diss Track gegen mich machen kann, wo man nicht die ganze Zeit meine Mutter beleidigt, sondern wo man wirklich Sachen sagt, die mich auch treffen könnten (lacht).

Ist die Situation mit Kollegah eigentlich noch aktuell? Habt ihr Euch mal seit diesem Vorfall getroffen?
Ich hab ihn jetzt auf dem Splash getroffen. Ich treff auch Elvir ab und zu mal, also seinen Labelchef von Selfmade. Und ganz ehrlich, dass sind ja auch erwachsene Leute, da ist ja auch ganz klar gewesen, dass das immer nur auf Rap Ebene passiert. Es war nie so, dass er eine Grenze überschritten hat, oder ich, dass man irgendwie denken könnte, jetzt geht das ganze auf ein körperliches Level. Also von meiner Seite aus war das immer nur Entertainment. Wir haben uns dann die Hand gegeben und haben kurz gelächelt. Wir sind jetzt nicht die dicksten Freunde und haben uns wahrscheinlich nicht wirklich viel zu sagen, aber da ist jetzt kein Kriegsbeil mehr. Ich hab damals alles gesagt, was ich zu sagen hatte und für mich ist die Sache eigentlich gegessen.

Ist das bei den Fans auch immer nur auf der Rap Ebene passiert?
Aber das passiert ja auch nur im Internet. Also ich hab noch nie mitgekriegt, dass irgendwelche Kollegah Fans zu mir gekommen sind und mich schlagen wollten oder umgekehrt. Jemand der bei Youtube einen Kommentar schreibt, der boxt ja auch nicht. Weil jemand der sich boxt, der geht boxen, und jemand der bei Youtube schreibt, schreibt bei Youtube (lacht).

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Kannst Du mich aufklären, über den angeblich gefakten Disstrack von Kollegah gegen Dich (Wer ist dieser Laas?)?
Ja, es gibt einen Rapper aus dem Ruhrpott, der kann genauso rappen wie er, eins zu eins. Und der hat diesen Track auch gemacht. Schöne Grüße an den, der ist auch Laas Unltd. Fan (lacht). (Anmerk: gemeint ist Headtrick)

In dem Song Respect zählst Du alle essentiellen Deutschrap – Künstler auf. Was ist Dein Bezug zu amerikanischem Hip Hop?
Der ist sehr groß. Also wenn ich Rap höre, hör ich fast nur Ami – Rap, muss ich dazu sagen. Damals, als das alles noch neu für mich war, hab ich fast nur Deutschrap gehört, ehrlich gesagt weil ich die Amis auch nicht so gut verstanden hab zu der Zeit. Das war so ’96. Dann irgendwann ’98 hab ich selber angefangen zu rappen. Und jetzt hör ich mir alle aktuellen Mixtapes und Alben an, ich spring zu Rick Ross durch mein Wohnzimmer und feier das!

Du hast bis jetzt noch keine Tracks gemacht, die man wirklich als experimentell bezeichnen kann. Was hältst Du denn von Rappern wie Cro, Marteria, … die teilweise auch ein ganz anderes Zielpublikum erreichen?
Find ich cool. Das ist ja auch wieder gut für Hip Hop, wenn andere Leute einen Bezug dazu kriegen und sich dann vielleicht wiederum andere Sachen anhören. Das ist halt immer eine musikalische Geschmacksfrage, ob ich das alles persönlich wirklich feiere. Das ist jetzt nicht alles mein Geschmack, aber zum Beispiel Marteria feier ich zu Tode, von Cro find auch einige Tracks sehr gut, von Casper gibt’s bestimmt auch Sachen, die ich gut finde, ich kenn nur leider nicht so viel davon.

Xavas haben gerade den Bundesvision Song Contest gewonnen, Cro war bei Wetten, dass…? . Würdest Du zu einer vergleichbaren Show gehen, obwohl derartig kommerzielle Events nicht unbedingt zum Backpack Image passen?
Das finde ich zum Beispiel gar nicht, dass das nicht passt. Also ich würde sofort dahin gehen. Wenn die mich anrufen würden und sagen: Du kannst morgen bei Wetten, dass…? sein, dann wär ich sofort da. Mir ging’s immer darum, meine Musik so vielen Leuten wie möglich zugänglich zu machen. Ich hab nie gesagt, ich will nur Musik machen, damit das nur die realen Unterground Hip Hop Heads hören. Weil dann könnt ich einfach 50 Kassetten aufnehmen und die in meinem Freundeskreis verteilen und das wärs dann gewesen. Aber darauf hab ich nie abgezielt. Ich wollte immer so viele Menschen wie möglich erreichen. Ich finde das auch nicht verwerflich, wenn man in solche Sendungen geht und sein Programm durchzieht und einfach Hip Hop einer großen, breiten Masse präsentiert.

Würdest Du, um eine größere Masse zu erreichen, Deine Tracks bestimmten Vorgaben anpassen?
Mir ist es immer sehr wichtig, dass ich es persönlich feiere. Ich bin auch großer Pop Fan, muss ich dazu sagen. Ich hör mir auch Pop Sachen an. Ich hör gerade zum Beispiel viel Lana del Rey und solche Geschichten. Solange ich das feier, würd ich das machen. Ich mach mir da auch keine Gedanken darüber, ob dass kommerziell ist, oder nicht. Für mich ist nur interessant, ob das ein geiler Track ist und ob ich den selbst feiern kann, oder nicht. Aber ich würde mir definitiv nichts vorschreiben lassen. Das würde auch gar nicht funktionieren. Ich kann Musik nur machen, wenn ich den Beat selber fühle und das geil finde. Jedenfalls für mich. Für andere Künstler schreiben, ist dann nochmal was anderes…

Interview: Ana Theresa Ryue