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Durch die Grazer Nacht mit Siebzig Prozent (Interview)

Durch die Grazer Nacht mit Siebzig Prozent (Interview)

Da bei der Duzz Down San Labelnight in Graz zwei der Siebzig Prozent – Jungs anzutreffen waren, hat The Message die Chance genutzt, die beiden Rapper der Truppe zu einem Interview zu bitten. In ihrem „Büro“, einer Bank mitten im Grazer Stadtpark, die übrigens auch im „Ach Ficki“-Video zu sehen ist, erzählten sie in nicht immer ganz ernst zu nehmender Manier über ihre Verbundenheit zum Versagertum von Kamp, die Grazer Rapszene und ihre eigene Unfähigkeit..

Ihr habt vor kurzem euer erstes Video veröffentlicht. Wie ist eure Zusammenarbeit eigentlich entstanden?
Flow: Wir haben uns kennen gelernt, weil wir beide Rap-Liebhaber sind. Als wir zusammen fortgegangen sind, wussten wir, da passiert der Shit, und diese Geschichten rappen wir jetzt.  In Graz gibt es einen DJ namens Lil Dirty, durch den wir mit Rap weitergemacht haben, weil er uns auf den Radiosender Soundportal gebracht hat und dort unseren Track gespielt hat. Das gab uns einen Euphorie-Schub. Er hat immer weiter Songs von uns gespielt, bis wir bei deren Charts dabei waren. Und ja, wir sind Kommerz-Musiker und geben’s auch zu. Jetzt machen wir mit HME Musik – das ist Untergrund-Shit, das ist dreckig.

Flex, der dritte im Bunde, macht eigentlich eure Beats?!
Flow: Ja. Ich habe zuerst mit meinem Bruder zusammen gerappt, aber er hat dann aufgehört damit und nur mehr Beats gemacht und ich habe beides weiter verfolgt. Dann habe ich Zane One kennen gelernt und mit ihm gemeinsam die Crew gegründet, mein Bruder war einfach so dabei, weil er geile Beats macht.

Zane: Wir machen hoffentlich bald ein Mixtape, da werden auch ein paar Beats von ihm oben sein, zudem auch noch welche von Baron Stern aka HME (Herbert Musikerschaffer).

Flow: Und wir werden fette Liveshows bringen! Kennt man das Styrian Stylez in Wien? Dort sind wir letztes Jahr aufgetreten.

Zane: Da haben wir voll verkackt. Ich war komplett betrunken und Flow hat zwei Mal seinen Einsatz verpasst.

Flow: Das war einfach so ein Arschloch-Auftritt auf einer kleinen Bühne, wo lauter schlechte Rapper wie wir waren. Es gab zwar hohe Ewartungen, dass wir das voll gut machen, haben es aber voll verkackt und waren schlechter als die schlechtesten Rapper. Über diesen Auftritt haben wir anschließend auch einen Text geschrieben.
Dieses Jahr treten wir dort auf einer richtigen Bühne auf, weil Soundportal uns angeschrieben hat, ob wir Lust darauf hätten. So läuft das in Graz, dass man voll cool ist, obwohl man im Prinzip scheisse ist.

Ist euer Name Siebzig Prozent auf euer Versager-Image zurückzuführen und soll darstellen, dass ihr nie 100 Prozent gebt?
Zane: Nein eigentlich überhaupt nicht, das könnte man aber jetzt damit kombinieren.

Flow: Als wir uns mit 15 Jahren das zweite Mal gesehen haben, waren wir gemeinsam fort. Also wir wollten zuerst in ein Lokal reinkommen, haben es aber nicht geschafft, weil ich leider zu jung war. Deswegen sind wir zum Zane nach Hause gefahren und eine Freundin hatte einen Brandy dabei und meinte der wäre 70-prozentig. Wir haben den dann zu zweit getrunken weil sie nichts mehr wollte. Zwei Stamperl haben wir übrig gelassen und nach dem Aufstehen getrunken.

Zane: Das war hässlich.

Flow: Danach haben wir aufgenommen, weil ich immer meine ganzen Studio-Sachen zu ihm mitgenommen habe. An diesem Tag haben wir uns gefragt, wie wir uns als Crew nennen sollen und da meinte Zane auf einmal: Wir nennen uns Siebzig Prozent, wegen des Brandys. Ich meinte nein, aber uns ist kein besserer Name eingefallen und seitdem heißen wir Fukkin 70 % mit zwei K.

Ihr habt über euch selbst geschrieben, dass ihr „No Future“ habt. Das ist ja eigentlich ein Kamp Zitat, welchen Einfluss hat er auf euch?
Flow: Kamp ist der hundertprozentige Einfluss von Siebzig Prozent.

Zane: Kamp ist mein Lebensmensch. Ich habe ihn kennen gelernt durch „Amadeus Ade“, warum auch immer erst so spät. Das hat mir eigentlich nicht so getaugt und ich habe ihn lang nicht gehört. Aber dann kam das VOZ-Album und ich habe mich verliebt. Und ganz ehrlich, auch wenn es mir jetzt peinlich ist, aber ich höre es jeden Tag. Ich habe so viele Erzählungen über ihn bekommen, er ist einfach ein Vorbild für mich und eine Legende. Wenn zum Beispiel eine Popsängerin wie Christina Aguilera ein Tribut-Album für eine andere Sängerin macht, dann feiert man das. Wir machen einfach das Tribut-Album für Kamp, weil der jetzt eh so alt ist.

Flow: Ich bring jetzt eine Zeile, die eigentlich echt schlecht ist, aber sie stimmt leider: „Auch wenn viele inzwischen behaupten, dass wir Austro-Rap prägen, ist es eigentlich doch so, dass wir nur VOZ faken.“

Zane: Schön. Danke. Ich hab auch eine: „Ich liebe Rap, ich werd’ für immer Fanboy bleiben, ich hab ’ne dope Stimme, warum sollte ich Kamps Zeug biten?“ Kamp hatte diese Zeile damals über Dende, ich finde so reimt es sich aber besser.

Habt ihr noch weitere musikalische Einflüsse?
Flow: Ich bin durch „Candy Shop“ von 50 Cent zu HipHop gekommen, das ist viel zu ehrlich, aber Gott sei Dank wahr. Mein Bruder und ich haben das gefeiert und sind dann über Pimp my Ride irgendwie zu Xzibit gekommen und über 50 Cent zu Eminem, über den ich wiederum zu Ami-HipHop gelangt bin. Deutschrap habe ich erst irgendwann gehört.

Zane: Ich habe da schon eine richtige Story dazu. 4. Volksschule: Ein Freund sagt so: „White America – kennst du das Lied?“ Zwei Jahre später bin ich erst drauf gekommen, dass das von Eminem ist und ich hab’s voll gefeiert. Ich habe aber auch sehr lange Prinz Pi gehört. Wie arg war das damals für mich als Fan, dass er  auf einmal was mit Kamp macht? Obwohl ich Prinz Pi jetzt gar nicht mehr feiern kann. Die Ärzte haben mich auch richtig geflasht, da habe ich auf einmal ein Jahr nur noch die Ärzte gehört. Und dann noch von Favorite „Ich vermiss euch“. Da dachte ich noch, dass er voll der coole Rapper wäre und tiefsinnige Texte schreibt, aber nachdem ich „Anarcho“ gehört habe, bin ich wieder zurück zu Prinz Porno.  Nach einem doch tollen Song von Anarcho, war ich dann irgendwann auf der Hollywood Hank Schiene.  Soll ich dir etwas über Kollegah erzählen?

Flow: Nachdem Kollegah in Graz im PPC aufgetreten ist, sind wir rausgegangen und ich habe gesehen, dass Favorite und Kollegah hinter uns gehen. Zane hat sich dann umgedreht, gewartet bis sie vorbei gegangen sind und als die beiden auf der gleichen Höhe waren, stupste er Kollegah. Ich dachte Zane wollte ein Foto mit ihm machen, aber er sagte: „Kollegah, darf ich einmal ganz kurz über deinen Nippel streicheln?“ Favorite hat irgendwas gemault und Kollegah hat nur bosshaft den Kopf geschüttelt und ist weitergegangen. Er hat das wirklich gebracht..

Zane: Das war ein sehr schönes Erlebnis für mich. Auf dem Konzert haben wir übrigens auch Yash kennen gelernt. Er ist zu uns gekommen und meinte, dass er uns feiert.

Wird es demnächst ein Feature mit Yash geben?
Flow: Ja, wir haben ein Video mit Yash und Spello geplant. Spello ist aus Voitsberg/Kreuzberg und war übrigens auch bei einem Track von der „Bis einer Weint“ EP von DNP dabei.

Wie steht ihr zu dem 4our Elements-Movement in Graz?
Flow: Wir sind cool mit allen Leuten von 4 Elements und es ist sehr cool was sie machen, so etwas muss passieren in Österreich. Wir gehören eigentlich schon dazu.

Zane: Meine Antwort: Ich kenne 4 Elements, das ist eine sehr coole Gruppe. Wir gehören nicht dazu, wir chillen nur mit denen und das sind echt coole Leute, die sich mit HipHop auskennen. Sie machen Workshops und schauen, dass sie richtig coole Leute nach Graz holen, letztes Jahr war zum Beispiel Jeru the Damaja dabei.

Glaubt ihr, dass ihr das nächste Mal auch dabei sein werdet?
Flow: Vor zwei Wochen war Ring Di Alarm von 4 Elements, da sind wir auch aufgetreten im Forum Stadtpark.

Zane: Bei dem Konzert habe ich einmal kurz gezittert. Wir haben eine Line bei unserem Song „Ach Ficki“ bei der „Maul gehalten“ vorkommt. Das sprechen wir aber nie aus und auf einmal kamen die zwei Worte aus dem Publikum – da habe ich Gänsehaut bekommen. Ja, wir freuen uns noch immer, wenn Fans unsere Texte können.

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Habt ihr bei euren Beats des Öfteren Zitate aus euren Lieblingsfilmen gesampled, wie beispielsweise bei „WIMM“ (Where is my Mind)?
Flow: Ich habe einfach zufällig auf Youtube „Verstand verloren“ eingegeben, weil wir darüber einen Text geschrieben haben. Dann kam eine Szene aus Alice im Wunderland und da haben die Samples perfekt gepasst, aus der wir dann den Refrain gemacht haben.

Zane: So haben wir das gemacht, wir Versager. Einfach auf Youtube ein Sample gesucht und gefunden.

Flow: Wem passiert so etwas eigentlich? Auf Youtube..wie unprofessionell..

Zane: Wir haben aber jetzt ein paar Tracks in Planung, wo Zitate von Leuten verpackt werden sollen, die wir sehr gerne mögen, wie HME oder Appletree. Siebzig Prozent findet Appletree fett, er ist einer der besten Rapper, die es gibt. Wir sind die Leute, bei denen alle in Graz denken: Die sind gar nicht so gut, warum reißen die was?

Flow: Eigentlich sind nur alle auf unseren Kack-Wannabe-Erfolg neidisch, den wir eigentlich gar nicht haben. Fünf Sekunden Fame.

Wie war die Resonanz auf eure Musik?
Zane: P.Tah von der Hörspielcrew hat uns geschrieben „Big Up“, Average feiert uns voll, den mögen wir übrigens auch sehr gerne und mit Nora Mc von MTS machen wir vielleicht ein Lied – hoffentlich. Wir hätten ihr Beats schicken sollen, haben wir aber noch nicht getan. Ich glaub jetzt ist sie ein wenig angepisst.

Flow: Sonst mag uns gar keiner. Obwohl DJ Chrisfader noch meinte, das sei alles ganz cool.

Was erwartet ihr euch noch von eurer Zukunft im österreichischen HipHop-Kosmos?
Zane: In erster Linie nichts. Wir sind leider faul und trotzdem so motiviert, dass wir eine Crew gründeten, gute Rapper zu uns holten und mit denen eine fette Gruppe gründeten, wo wir uns wirklich alle gut verstehen – aber im Endeffekt macht niemand etwas. Wenn wir auf Facebook einen Beat in unserer Gruppe online stellen, schreiben alle dazu, wie geil der Beat nicht ist, aber im Endeffekt nimmt niemand seinen Text dazu auf.  Unsere Pläne sind eine gemeinsame EP, eine Siebzig Prozent-Family EP und eine EP von jedem von uns beiden.

Flow: Wir werden uns in nächster Zeit auch auf Live-Auftritte konzentrieren. Es gibt dafür die Auswahl zwischen zwei DJs. Einer davon rappt auch selbst als HME aka Baron Stern, der machte unsere Shows bis jetzt. Der einzige, der für ihn einspringen könnte, wäre Elwood, weil er ein doper Hawara und ein sehr guter DJ ist.

http://soundcloud.com/siebzigprozent
http://www.facebook.com/siebzigprozent

Interview: Julia Gschmeidler
Foto: Dirty South Entertainment