Der Blumenladen gefällt Hunney Pimp, die Rosen passen gut zum Thema Liebe, meint sie. Das Thema ihres am 25. Oktober erscheinenden dritten Albums. Seit ihrem letzten Album “Schmetterlinge” sind fast zwei Jahre vergangen. Jetzt meldet sich Hunney Pimp als “Chicago Baby” aus dem Studio. Die Liebe ist dabei aber nur eine der persönlichen Hürden, die die Sängerin, Rapperin und Produzentin in letzter Zeit zu überwinden hatte.
“Die vergangenen Jahre waren für mich ein kompletter Wandel im privaten Leben, wodurch wahrscheinlich auch das musikalische in eine andere Richtung gegangen ist”
Gangster vs. Kitsch
Dass sich die Künstlerin nicht von ihrem Weg abbringen ließ, liegt wohl an dem “Pimp”, der in ihr steckt. “Ich hab’ einfach eine gewisse Härte entwickeln müssen, weil ich leider nicht das einfachste Leben hatte”, erklärt sie. Die letzten zwei Alben “Zum Mond” und “Schmetterlinge” seien “Delirium-Musik” aus einer “relativ darken Zeit” gewesen. Eine Zeit, die die junge Musikerin hinter sich lassen möchte.
The Message: Du hast erwähnt, dass du eine dunklere Zeit hinter dir hast. Würdest du eine Geschichte aus dieser Zeit mit uns teilen?
Hunney Pimp: Ich will nicht so genau drauf eingehen, weil ich selber noch am Verarbeiten bin. In meinem relativ kurzen Leben habe ich zu oft den Tod gestreift und auch zu viele Menschen verloren. Einfach der Sumpf, da bedingt sich alles. Drogen, Krankheit, Existenzängste. Das war in einem großen Übermaß vorhanden. Die Musik war für mich immer eine der wenigen Konstanten, daran konnte ich mich festhalten, mich neu erfinden und gleichzeitig authentisch bleiben. Jetzt bin ich an einem Punkt, wo ich diesen Abfuck-Film nicht mehr spielen will und auch nicht kann. Deswegen habe ich viel verändert.
Eine “Drama Queen” ist Hunney Pimp aber nach wie vor, das Kitschige habe ihr schon immer sehr gelegen. Mit einem neuen Alter Ego und einer Liebesgeschichte à la Bonnie & Clyde schafft sie sich nun Raum für Neues. Die Musikern zeigt gerne Ambivalenzen auf, die sich in den alltäglichsten Dingen manifestieren. Mit “Chicago Baby” verwandelt sie sich in eine “voll verkitschte Version” ihrer selbst, die “komplett im Liebestaumel gefangen” ist. Und auch “die Liebe selbst ist eine sehr ambivalente Geschichte”.
Warum eigentlich Chicago?
Es gibt eine Zeile, in der ich singe: “Sie nennen mich Chicago Baby”, aber eigentlich hat mich keiner je Chicago Baby genannt (lacht). Aber der Name spielt wieder mit zwei Gegensätzen, dem Chicago-Mafia-Touch versus die romantische Liebesgeschichte. Ich finde das Album trifft das generell ganz gut. Dass man sich selber auch in der Liebe immer jagt und wieder verändert.
Im Musikvideo zu “Bugaboo” ist der Clyde zu dir als Bonnie ein Rapper aus Wien, Matthew. Bleibt er das ganze Album und wird es auch musikalisch ein Feature geben?
Hunney Pimp: Wir wollten eigentlich schon vor zwei Jahren ein Feature machen, aber unsere Leben sind sehr ähnlich komplex. Jetzt machen wir erst die Videos zum Album mit ihm und danach dann ein Feature. Das Konzept für das Video steht schon länger. Es spiegelt ein Untergrund-Milleu total verkitscht wider. Wenn du dich in so einem Umfeld verliebst, sind Liebe und Wahnsinn sehr nah beieinander, genauso wie Kälte und Wärme. Als ich Matthew getroffen habe, wusste ich gleich, dass er das sehr authentisch spielen wird. Und er ist auch ein fescher Kerl, was soll ich sagen.
Wie hat sich der Sound im Vergleich zu den vorherigen Alben geändert?
“Chicago Baby” nimmt vom alten sehr viel mit und vereint es mit dem neuen. Der Rap ist härter geworden, der Gesang noch kitschiger, gefühlvoller. Das Album spielt in den 50er/60er-Jahren. Um das auch musikalisch darzustellen, haben wir alte Samples oder Synthesizer verwendet. Der letzte Song wird zum Beispiel einen Ella-Fitzgerald-Vibe haben.
Hast du auch produziert auf dem Album?
Ja, mitproduziert immer. Ich kann da echt nervig sein, weil ich auf alle Kleinigkeiten achte und überall dabei sein möchte. Da bin ich froh über die so enge, langjährige Zusammenarbeit mit Melonoid. Ich hab über die vergangenen Jahre extrem viel produziert, weil ich da oft in eine Extreme kippe und dann nur mehr das mache. Ich werde sicher auch weitermachen.
Business pur?
Mit “Chicago Baby” liefert Hunney Pimp ein gewohnt abstraktes Konzept-Album, auf dem sie ihrer zarten wie harten Seite treu bleibt. Ihr neues Logo spiegelt diese Gegensätze wider und wirkt professionell. Für das ausgeklügelte Konzept bekam Hunney Pimp eine Förderung vom Österreichischen Musikfonds und entschied sich für die Arbeit mit dem Label Phat Penguin.
“Ich führe einfach schon immer so ein Hustler-Leben, das wird ermüdend über die Jahre. Ich will machen, was mir liegt und nicht dauernd schwimmen. Wir haben gemerkt, dass man ein konzeptuelles Album mit rotem Faden auch größer aufziehen kann“
Die Video-Auskopplungen zum Album sind professioneller geworden. Kannst du uns ein bisschen über die Hintergründe zu den Drehs erzählen?
Das Video zu „Britney“ haben wir in Kroatien gedreht. Ich bin mit großen Ideen reingegangen und habe auch viel Einsatz gefordert von den Kollegen. Wir hatten einen Regisseur und einen Kameramann und konnten trotz des begrenzten Budgets wirklich geile Bilder machen. Und weil jeder extrem viel Arbeit über den Sommer reingesteckt hat.
Wie bist du an der Story beteiligt?
Ich hatte recht genaue Vorstellungen am Anfang. Manche Sachen musste ich im Prozess verwerfen und am Ende kam es zu einer Symbiose aus den Ideen des Teams. Eine Szene, die wirklich genauso geklappt hat, wie ich es wollte, gibt es im ersten Video zu „Bugaboo“. Da liege ich in einem Meer aus Rosenblüten. Die Idee ist aus dem Film “American Beauty”. Ich wollte diese absurde Szene einfach unbedingt machen, sie unterstreicht dieses Gefühl von Liebe auf den ersten Blick nochmal voll. Das ist wirklich ein Herzensprojekt über alle Videos hinweg und ich liebe die leidenschaftliche Arbeit von allen Beteiligten.
Frauen im Hip-Hop: Probieren geht über Studieren
Eine Veränderung macht sich nicht nur in der Business-Manier, sondern auch im optischen Stil der Künstlerin bemerkbar: Statt Baggy-Shirts trägt Hunney Pimp jetzt Kleider und Stöckelschuhe. Ein Image-Wechsel sei das aber nicht: “Ich probiere mich nur aus und werde das bestimmt auch noch öfter machen.” In einer von Männern dominierten Musikszene ist es aber oft gar nicht so einfach, doch es gilt, Dinge auszuprobieren.
In einem unserer letzten Interviews hast du gesagt, dass man in der Szene eher weiterkommt, wenn man wie ein Bub wirkt. Wirst du mit deinem neuen Auftreten anders behandelt?
Als Frau kannst du anziehen, was du willst, du wirst sowieso deppert angemacht. Aber da wo ich arbeite, kennen mich alle und werden immer respektvoll zu mir sein, egal, wie ich daherkomme. Ich find’ es aber sehr wichtig, dass man als Frau sein Ding durchzieht. Es wird eh immer Kommentare geben, also kann man sich auch einfach ausprobieren und versuchen, sich nicht unterkriegen zu lassen. Oft ist im Real Life dann mehr Akzeptanz da, als man gedacht hat. Wenn man authentisch ist. Ich nehme ja auch kein Blatt vor den Mund.
Ist deine Musik dahingehend auch eine feministische Nachricht für andere Frauen?
Ich hoffe doch. Ich ordne mich zwar keiner feministischen Gruppierung zu, aber bin natürlich Feministin. Ich will unbedingt, dass Frauen sich gegenseitig supporten und sich nicht im Weg stehen. Dafür braucht es mehr Gesichter, mit denen man sich identifizieren kann. Ich habe das Gefühl, es gibt diese erfolgreichen, starken Frauen eh, aber sie sind ein bisschen versteckt. Entweder sie trauen sich selber noch nicht, oder bleiben unbemerkt, weil sie nicht als geschlossene Gang auftreten.
Hat man es schwieriger als Frau, in einer von Männern dominierten”Gang” Anerkennung zu bekommen?
Ja, logisch. Man ist auch schneller abgeschreckt. Ich kann mich noch erinnern, wie ich angefangen habe. Leute waren teilweise asozial und haben vor mir zu einem anderen Dude gesagt: “Der machen wir die Brille weg, Tattoos drauf.” Als wäre ich ein Produkt. Du musst dich durchwurschteln. Als Mann kommst du ins Studio mit anderen Männern und kannst dich ausprobieren. Als Frau wirst du sofort analysiert und eingeordnet, was natürlich viele nicht interessiert. Deswegen finde ich Räume, in denen sich Frauen ausprobieren können, so wichtig, wie zum Beispiel Femme DMC.
Das Spannendste zum Schluss
Darfst du uns schon verraten, wie die Liebesgeschichte ausgeht?
Na, das ist geheim. Aber sagen wir mal: Es beginnt rosiger, als es endet. Aber das ist ja immer so, wenn man sich verliebt, oder? Die rosa Brille geht irgendwann runter, so nach fünf, sechs Monaten, oder? (lacht)
Hunney Pimp präsentiert am 8. November ihr neues Album live in der Roten Bar in Wien.
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