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Kapstadts feministische Stimme: Dope Saint Jude

Kapstadts feministische Stimme: Dope Saint Jude

Dope Saint Jude

Sexuelle Gewalt gegen Frauen gehört weiterhin zu den zentralen gesellschaftlichen Problemen Südafrikas. Die letzte offizielle Statistik zählte etwa 60.000 Übergriffe pro Jahr, was Südafrika einen der vordersten Plätze im globalen Ranking bescherte. Unabhängige Schätzungen gehen mittlerweile sogar von bis zu einer halben Million Übergriffe auf Frauen aus – jährlich, wohlgemerkt.

Als Gründe werden grassierende Armut, Verrohung aus der Zeit der Apartheid und spezifische Formen einer Macho-Kultur, die in Teilen der Bevölkerung Einzug hält, genannt. Die institutionelle Schwäche in der Strafverfolgung kommt erschwerend hinzu, Anklagen verlaufen oft im Sand. Mit dem überzeugten Polygamisten Jacob Zuma bekleidet das höchste Amt im Staat jemand, der 2005 selbst vor Gericht wegen des Vorwurfs einer Vergewaltigung stand (Klage wurde fallengelassen). Nicht zuletzt dieser und der Fall von Oscar Pistorius widerlegten die Vorstellung, Gewalt gegenüber Frauen sei nur ein Problem der Armen, die in den zahlreichen Townships leben.

Ein noch stärkeres Tabu herrscht beim Thema der Gewalt gegenüber lesbischen Frauen vor. 2014 sorgten die Morde an Thembelihle Sokhela und Gift Macau für ein internationales Medienecho: „Ms. Makau, like the majority of lesbian victims, was out to members of her community and presented herself outwardly as masculine; she was targeted for being lesbian and for her gender expression, too“, fasste T.O. Molefe von der NY Times die Situation in Südafrika treffend zusammen.

Als künstlerische Stimme gegen sexuelle Gewalt an Frauen und an Mitgliedern der LGBT-Gemeinde etablierte sich die Rapperin Catherine St. Jude Pretorius aka Dope Saint Jude. Nicht nur in ihren Tracks befasst sie sich mit Gender- und Klassenfragen, Intersektionalität, Identitätskonstruktionen und Feminismus, sondern auch als Gastlektorin an verschiedenen renommierten Universitäten ihrer Heimatstadt Kapstadt. 2014 setzte sie mit „Hit Politik“ ein eindrucksvolles künstlerisches Statement, das nicht nur durch die Message, sondern  auch dank der technischen Fähigkeiten der Rapperin für Aufsehen in der südafrikanischen Rapszene sorgte.

2015 veröffentlichte Dope Saint Jude eine Reihe bunter Videos, mit denen sie das große Ziel verfolgte, kreativ auf die soziale Konstruktion der Kategorien „Race“ und „Gender“ hinzuweisen. Ihr Video zu „Keep in Touch“, produziert von Langzeit-Kollaborateur Angel-Ho, wurde nicht nur von Afropunk und zahlreichen Web-Blogs, sondern auch von der Elle gepostet. Dope Saint Jude erhielt außerdem eine Einladung von den Kapstädter Red Bull Studios, wo sie eine vier Track starke EP aufnahm. Nur eines von vielen Highlights 2015.

Als ihr stärkster  Track aus 2015 kristallisierte sich „Brown Baas“ heraus, der ganz ihrem Credo „If I was a girl, I would write girly songs, but I’m a WOMYN, I rap about POLITICS AND THONGS“ folgt. Auf einem Trap-inspirierten Beat inklusive schwerer Bassline und Hi-Hat-Geballer thematisiert Dope Saint Jude Fragen der eigenen Identiät. Im Video sieht man die Rapperin beim Lesen von Steve Bikos „I Write What I Like“. Steve Biko war einer der bekanntesten Anti-Apartheid-Aktivisten und Mitbegründer des Black-Consciousness-Movement. Die Message und die Identifikation Dope Saint Judes mit Steve Biko ist offensichtlich.

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Catherine St. Jude Pretorius nimmt mit Dope Saint Jude schließlich auch verschiedene Rollen ein, wie sie gegenüber Okayafrica erklärte. So verkörpere sie nicht nur „a thug, a rapper, a hustler“, sondern auch „an activist, a party animal, a lover, a sista and a BOSS B*TCH“. Unabhängig davon, wie einer selbst ihre Musik rezipiert – alleine für ihre transportierten Inhalte gebührt Dope Saint Jude großen Respekt. Nicht nur Südafrika benötigt Stimmen wie ihre, um gegen ein Reproduzieren von Unterdrückung, Rassismus und intersektioneller Diskriminierung anzukämpfen. Auch HipHop würden mehr Personen der Marke Dope Saint Jude gut zu Gesicht stehen.

Dope Saint Jude

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