"The hardest thing to do is something that is close…
„I would like to do Brandy but weirder“, meinte Kelela, angesprochen auf ihr Debütmixtape „Cut 4 Me“, in einem Interview gegenüber dem FACT Magazine. Nun, zumindest was „Cut 4 Me“ anbelangt, ging dieser Plan richtig auf – mit der Konsequenz, dass eine breite Öffentlichkeit zum ersten Mal auf die Sängerin mit äthiopischen Wurzeln, die es vom Geburtsort Washington in das sonnigere Los Angeles verschlagen hat, aufmerksam wurde. Nicht zuletzt Beats von fähigen Produzenten wie Nguzunguzu oder Kingdom sorgten dafür, dass die „Weirdness“ nicht nur ein bloßes Versprechen blieb. Der facettenreiche, genrebrechende Klangteppich, u.a. Einflüsse von Grime, Dubstep oder House vorweisend, bildete die vernünftige Grundbasis für die stimmliche Entfaltung Kelelas. Funktionierte 2013 ganz prächtig, zeigten sich nicht nur Fachmagazine, sondern auch Musikerkollegen wie Danny Brown oder Björk begeistert.
Vor dem Nachfolger und zugleich ersten regulären Release schiebt Kelela mit „Hallucinogen“ noch eine knackige EP ein. Die alleine der Beats wegen erneut eine interessante Vorstellung verspricht, weisen die Credits neben einigen alten Bekannten auch große Namen wie DJ Dahi – Kendrick Lamar-Hörer wissen Bescheid – oder Arca auf: Der Venezuelaner griff Kanye West nicht nur bei „Yeezus“ auf vier Tracks unter die Arme, sondern produziert sonst noch sperrig-schöne Instrumentals für Avantgarde-Pop-Künstlerinnen der Marke Björk und FKA twigs. Und nun zwei Tracks für Kelela – den Titeltrack und „A Message“, an dem Arca gemeinsam mit BOOTS schraubte.
„A Message“ ist dabei der erwartet starke Beginn und erweckt nicht nur durch die typische Arca-Produktion Assoziationen an FKA twigs: „If I was your ex-Girlfriend/Tell you what was on my mind/We could leave it all behind“ – so erotisch können diese Worte sonst nur aus dem Mund der britischen Kollegin klingen. „A Message“ ist dabei, neben „The High“, der einzige Song auf der EP ohne Stimmeffekte und repräsentiert am stärksten die gesanglichen Fähigkeiten Kelelas. Das folgende „Gomenasai“ (Japanisch für „Entschuldigung“) liefert das Kontrastprogramm zum dumpfen Sound eines Arca, Kelela behauptet sich im Synthie-Meer mit Zeilen wie „What’s my name? Better say it twice/ You’re my b*tch tonight“. Was geschrieben ziemlich plump wirkt, wird von Kelela mit einer unglaublichen Sexiness vorgetragen, ebenso wie die Hook „Put your hands up/You’re under arrest/Throw your hands high/I’m taking you down“, bei der sie ihren engelsgleichen Gesang auspackt.
Qualitativ wird das sogar noch von „Rewind“ und „All Way Down“ übertrumpft: Ersteres glänzt als temporeiches Miami-Bass/Deep-House-Geschoss, auf dem Kelela den Zustand eines Liebenden thematisiert, zweiteres brilliert als Midtempo-Ballade, eingesetzt von DJ Dahi. Abgeschlossen wird die EP schließlich durch „Hallucinogen“ in gewohnter Arca-Manier, und „The High“, auf dem effektfrei, aber begleitet von Echos und Vocalsamples, Kelela noch einmal ihre Stimme richtig in den Vordergrund rückt.
Kelela hat also nichts seit „Cut 4 Me“ verlernt – „Hallucinogen“ ist mehr als eine gelungene Überbrückung zum ersten Album. Das einiges verspricht, schließlich weiß sie nicht nur, wie ihre Stimme eingesetzt werden muss, sondern kennt auch die richtigen Produzenten. Das hohe Abwechslungsreichtum von „Hallucinogen“ liegt dabei zu gleichen Teilen an der gesanglichen Protagonistin als auch an den Beats, die ein erneut breites Spektrum aufweisen, begründet. Mit „Hallucinogen“ liefert Kelela eine der spannendsten R’n’B-Veröffentlichungen 2015 ab. Auf das folgende Album sollte man sich schon jetzt freuen.
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