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Kanye West – Yeezus

Kanye West – Yeezus

(Def Jam/Universal, VO: 18.6.2013)

Wenn Kanye West an etwas bestimmt nicht leidet, dann ist es das geringes Selbstbewusstsein. Eine Liste der Skandale, welche die extravagante Art des Herrn West hervorgerufen haben, würde hier den Rahmen sprengen. Es waren aber so einige, wie man etwa auf YouTube nachsehen kann. Egal, schließlich gehört das zu Kanye West, der sich selbst wohl schon längst nicht mehr bloß als Rapper sieht, sondern sich eine gottähnliche Stellung einräumt. Ja, Understatement geht anders – ob der totale Verzicht auf ein Artwork und die extrem kurze Promophase hinsichtlich „Yeezus“ als solches bezeichnet werden oder einfach zum avantgardistischen Plan Wests gezählt werden können, bleibt jedem selbst überlassen. Vordergründig geht es, Medienwirbel hin oder her, auch bei „Yeezus“ um Musik. Und da konnte man sich ja im Vorfeld auf einiges gefasst machen.

Klar, Kanye West mag nicht seine alten Sachen noch einmal machen, er will kein zweites “ The College Dropout“ oder „Late Registration“ mehr abliefern, sondern etwas „Neues“ ausprobieren. Um seine Visionen umzusetzen, hat er sich zahlreiche Kollegen mit an Board geholt, wie etwa die französichen Electro-Helden Daft Punk oder Hudson Mohawke. Was herausgekommen ist, dürfte klar sein: die alte Soul-Schiene wurde weitgehend verlassen, Elektrobeats bilden das Grundgerüst von „Yeezus“, „Black Skinhead“ etwa hat ganz klare Industrial-Anleihen, etwas, was man bisher sonst nur im Untergrundbereich von Könnern wie El-P gehört hat; die Anfangssekunden von „I Am A God“ (Ja, natürlich!) erinnern ganz stark an den Soundentwürfen von Death Grips, wobei es hier dann doch viel softer zur Sache geht. Also, Electro haben wir schon mal – was fehlt noch? Richtig, Autotune. Und davon gibt’s reichlich, egal ob auf „Guilt Trip“ oder auf „Hold My Liquor“, doch das Komische ist: es passt irgendwie in das Konzept.

Die Hauptprobleme sind schließlich viel umfangreicher als das bisschen Autotune-Geträllere: man hat schließlich ständig das Gefühl, dass das Ganze einfach viel zu gezwungen auf „hip“ getrimmt wurde, es wirkt schlichtweg unnatürlich. Die, vor allem von Feuilleton gelobten Innovationen beinhaltet „Yeezus“ bestimmt auch nicht: Camu Tao machte sowas schon, als Kanye noch Soulsamples flippte – und das weitaus besser. Apropos Soulsamples: die mit Abstand beste Nummer auf der Platte ist „Bound 2“, erinnert sie doch stark an den alten Kanye. Auch von den Lyrics geht die Nummer noch so halbwegs durch, sonst ist das alles sehr, sehr erschreckend – so schwache Lyrics gab’s schon lange nicht mehr, gelinde gesagt ist das eine Zumutung. Stellvertretend hierfür die wahnsinnig tolle Zeile „Eatin‘ Asian pussy – all I need was sweet and sour sauce“, die er im Track „I’m in It“ von sich gibt. Nein, nein, nein – und selbige ist nur ein Beispiel von vielen, selbst Gucci Mane hat bessere Lyrics am Start.

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Fazit: „Yeezus“ ist keine Revolution. „Yeezus“ ist ein Album, welches oft so extrem schlecht ist, dass du die Platte gegen die Wand schleudern möchtest. Stellenweise gibt es aber auch Elemente und Passagen, wo du nicht aus dem Staunen herauskommst – „Bound 2“ ist genial und zeigt, was Kanye kann. Nichts gegen Innovation, doch Kanye West hat versucht, etwas umzusetzen, was andere 10.000 Mal besser können. Den Hipstern, die tausende Dollars für von West-designtes Schuhwerk ausgeben, wird es gefallen, alle anderen werden wohl doch enttäuscht sein.

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(thomki)