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Magdeboogie In The House! Pierre Sonality im Interview

Magdeboogie In The House! Pierre Sonality im Interview

Drei Veröffentlichungen in drei Monaten! Der gebürtige Magdeburger, ehemalige Leipziger und Wahl-Hamburger, Pierre Sonality hat dieser Tage viel zu tun, um der Menge seiner Releases und den damit verbundenen Erwartungen gerecht zu werden. Im Gespräch verriet uns das Funkverteidiger-Zugpferd so einiges über seine derzeitige Produktivität, die Unterstützung durch seine Gang und die Entstehung der „Magdeburg-Trillogie“.

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TM: Wie entstand das Konzept zur Magdeburg Trilogie?
Pierre Sonality:
Ursprünglich wollte ich nur ein „einfaches“ Album machen und es zuerst „Kein Hip Hop Fame 2“, dann „The Return of Peter P“ nennen. Im Laufe der Produktion hab ich immer ‘nen „noch geileren“ Song gemacht und stand dann am Ende des Tages mit wirklich viel Stuff da. Davon war das Gro zum Wegschmeißen viel zu schade, deswegen hab ich mir überlegt, vor dem Album noch zwei EPs zu releasen.

Gab es tatsächlich im Vorfeld den „Roten Faden Magdeburg“ oder kam der Aufhänger erst hinterher?
Nein. Die Idee entwickelte ich beim Sortieren der Tracks in „EP“ und „LP“-Ordner auf meinem Studiorechner. Als ich wusste, wohin die Reise geht, wusste ich auch, welche Tracks ich noch brauchte, um das Ding rund zu machen. Inhaltlich gehe ich übrigens nicht zwanghaft in das „gute alte Zeit“ Ding. Vielmehr soll die Machart meiner Songs und die „Compilation“ aufzeigen, aus welcher Genrerichtung ich komme und wie sehr ich mich entwickelt habe. Das „metaphorische Zuhause“ inklusive renovieren eben.

In wie weit unterscheiden sich die beiden EPs von der LP, abgesehen von der Anzahl der Tracks?
Die EPs sind deutlich dreckiger, kantiger und unkomplizierter. Besonders „Fundament“ ist so ziemlich der Rap, den ich zu Beginn hart gefeiert, dann selber gemacht hab. Auf „Magdeburg“ erscheinen dann die „Schmusenummern“ oder die, wo ich singe, tanze und in die Hände klatsche.

War die Stadt Magdeburg deiner Meinung nach ein gesundes „Fundament“ für deine Entwicklung?
Ich bin dort geboren. Magdeburg ist eine Stadt voller ehrlicher Menschen und Idealisten, die sich nicht zu fein sind, mal die Ärmel hochzukrempeln also – klar. Weißt du, es gibt dort ‘nen Club namens „Hallenhausen“, der wird seit über 20 Jahren betrieben und hat sich nie irgendwelchen Trends anpassen müssen oder horrende Eintrittspreise verlangt und existiert immer noch. Das meine ich – IDEALISMUS Junge! Ich fand dort gute Freunde und lernte vieles, was mich bis heute begleitet. In Magdeburg habe ich begonnen, mich für HipHop im Allgemeinen zu interessieren und auch meine ersten Songs gemacht. Allerdings habe ich das Handwerk erst in Leipzig begriffen.

Als Produzenten-Features hast du auf der „Fundament EP“ Remixes von Suff Daddy, Figub Brazlevič und Dexter drauf, wie ist es dazu gekommen?
Mit den genannten Jungs habe ich nun schon mehrmals Musik gemacht bzw. meine Musik vertrauensvoll in ihre Hände gegeben. Ich habe auf deren Sound einfach Bock und von Anfang an war klar, dass wir auch beim „Fundament“ Track Remixe machen. Nenn es gern Tradition. Ein Remix ist in meinen Augen eine sehr spannende Sache, da du dadurch zum Ende siehst, inwiefern die Songs auch andersherum funktionieren können.

Wird man zukünftig vermehrt Pierre Sonality auf Fremd-Beats hören?
Gute Frage. Ich weiß im Augenblick noch nicht einmal, ob und wann es wieder ‘ne Pierre Solo-Platte geben wird. Klar – „Sendemast“-Stuff wird kommen, da haben wir aber unsere klare „Marcus B Getto Brett“-Linie. Da wird das schon mal nicht passieren. Was danach kommt, kann ich dir noch nicht sagen. Keine Ahnung.

In welchem Zeitraum ist die „Fundament EP“ entstanden?
Viele Tracks der Platte hatte ich bereits fertig, als ich mit der Unterteilung in EP und LP-Stuff begann. Sie liegen also ‘nen Weilchen zurück. Lass es Ende 2011 bis Mitte 2012 gewesen sein.

Welchen Einfluss hatten deine Funkverteidiger-Kollegen und deine derzeitige Heimat Hamburg auf die Inhalte der Platte?
Die Funkverteidiger nehmen nicht nur Einfluss auf meine Musik alias „Pierre Sonality“, sie tun dies auch mit „Marcus Borchert“ im realen Leben. Wir sind ein großer Kreis von Freunden, der ab und an zusammen Rap-Alben aufnimmt. In meiner Mucke geht es viel um Freundschaft – folglich um die Crew! Was Hamburg angeht – die Stadt inspiriert mich sehr, obwohl ich so gut wie nie auf Partys gehe oder „socialize“. Ich feier die Industriegebiete viel mehr ab! Wirklich wahr! Oft geh ich raus, pack mir ‘nen Spliff ein und chill‘ hier draußen ab, wo mir niemand auf die Ketten geht. Ich habe hier sehr wenige Leute um mich herum, aber die sind die wichtigsten in meinem derzeitigen Leben. Allen voran meine Frau, die mich so unterstützt wie es noch nie jemand getan hat. Ich bin wirklich froh, dass sie mir immer in den Arsch tritt und mich an Dinge erinnert, die ich auf dem Zettel haben muss.

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Die „Fundament EP“ scheint sehr düster, inhaltlich wie auch musikalisch. Worauf ist das zurückzuführen?
Sobald ich nur in die Nähe eines Kugelschreibers gekommen bin, begann es draußen zu regnen. Das ging mir auf die Nerven und ich bin übel ausgerastet, habe die Fenster aufgemacht und die aberwitzigsten Schimpfwörter auf die Straße geschrien. Diese Abfahrt in eine emotionale Talsohle kann man auf der EP hören. Zum Glück habe ich irgendwann die Idee gehabt, auf Bleistifte umzusteigen, denn nun scheint die Sonne und ich schreibe meine Texte im Freibad. Gerade jetzt esse ich ein Calippo-Eis in der Geschmacksrichtung Cola.

Vor ein paar Tagen hast du den zweiten Teil der „Magdeburg Trilogie“ mit der „Olevenstedt EP“ veröffentlicht. Wie unterscheidet sich diese zur „Fundament EP“?
Die „Olvenstedt EP“ ist quasi Nummer 2 auf der Liste und geht langsam aber sicher in einen musikalischeren Raum. Gerade, was die Beats angeht habe ich hier mehr Butter auf die Stulle gemacht – von einem „Fetten Brot“ sollte man jedoch nicht sprechen. Nein, im Ernst – hier kommen die Tracks ins Spiel, die nicht nur immer Ansagen sind oder schlecht gelaunt. Es darf auch mal geschunkelt werden. Mancher wird eventuell sogar über die lustigen Wortspielerein lächeln, auch wenn er es seinen Freunden am Cornerspot nicht erzählen wird.

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Auf der „Olvenstedt EP“ sind auch einige Features außerhalb deine Camps zustande gekommen? Wie ist deine musikalische wie auch persönliche Verbindung zu den einzelnen Interpreten?
Einige Artists kenne ich tatsächlich nur durch Mail, Telefon und von Musikkassetten aus den 90ern, habe es aber trotzdem geschafft, sie auf meine Platte zu bekommen, weil DIE gemerkt haben, dass ICH gute Musik mache. Knaller. Hätte mir 1998 jemand erzählt, dass ich mal ‘nen Track mit Schivv von DCS mache. Weißte. (An dieser Stelle schreib ich mal selber „lacht“) Mit anderen Genossen wie z.B. „Die Dudes“ oder „Slowy“ habe ich hier in Hamburg aber eh schon den ein oder anderen Track gemacht. Bei „Slowy“ reden wir allerdings von einem 20 Track Doppelalbum, welches irgendwann mal rauskommt, wenn wir die Zeit finden, das alles nochmal fertigzuschubsen.

Entspricht die Menge deiner Releases auch der Menge deines derzeitigen Outputs?
NEIN! Ich bastel wirklich Beats en masse, recorde aber sehr wenig im Augenblick. Zum einen wüsste ich grad eh nicht, was ich auf einem Solojoint erzählen sollte, zum anderen finde ich in der Promophase keine Zeit, um mit ‘nem klaren Kopf ins Studio zu gehen. An den Wochenenden spiele ich nonstop Gigs oder gebe mich ganz meiner freiwilligen Tätigkeit als Mundmaler für die Postkarten des Winterhilfswerks hin.

Wird es nach der Veröffentlichung der „Magdeburg LP“ eine Tour geben?
Ja, wir planen wirklich eine Tour zum Januar, was ich gerade jetzt mache, ist aber auch schon fast eine Tour – nur ohne Namen oder Ankündigungen in der HipHop Galapresse. Sobald das spruchreifer ist, gebe ich das aber auf unseren Plattformen bekannt.

Welche konkreten Ziele verfolgt Pierre Sonality zur Zeit musikalisch?
Konkret wird‘s 2015 mit ‘ner neuen „Sendemast“ LP. Das langersehnte „Mase“ Album habe ich gerade als Beatmaker unter der Hand, ich produziere „Galv of the 3 Moons“, „Der Pole und der Tscheche“, „Bechaaz Crew“ und eventuell noch ‘ne EP mit meinem Lieblingsrapper, auf der ich dann auch mal wieder zum Mikrofon greife.

Interview: Farid Kjazimi