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Desert-Blues von Mdou Moctar: „Chismiten“ // Video

Desert-Blues von Mdou Moctar: „Chismiten“ // Video

Ausschnitt aus dem Cover zu „Chismiten“ // (c) Matador Records

Nicht nur die Art und Weise, wie Mdou Moctar auf seiner Gitarre musiziert, ist außergewöhnlich. Auch sein Werdegang ist bemerkenswert. Geboren in dem kleinen Dorf Abalak im nigrischen Teil des Azawagh-Beckens, konstruierte er als Kind mit den Bremszügen eines alten Fahrrads und aus einem Stück Holz seine erste Gitarre. Auf diesem Instrument erlernte Mdou Moctar das Gitarrenspiel. Ein wahrer Autodiktat, angetrieben von der Leidenschaft zur Musik. Die sorgte auch dafür, dass er sich gegen die Vorbehalte seiner Familie durchsetzte, die über seine musikalischen Ambitionen nicht erfreut war.

Nachdem er zwischen 18 und 21 drei Jahre in Libyen verbrachte und sich dort mit einer Reihe von Jobs durchschlug, kehrte Mdou Moctar 2005 nach Niger zurück. Dort widmete er sich wieder ganz der Musik. Ein größeres Publikum erreichte er zunächst als Musiker auf Hochzeiten, wo Mdou Moctar Lieder im Tamasheq, der Sprache der Tuareg, darbot. 2008 nahm er in Nigeria sein erstes Album „Anar“ auf. „Anar“, das Tuareg-Sound mit elektronischen Komponenten vereint, wurde zwar jahrelang nicht regulär veröffentlicht, aber via Bluetooth von Handy zu Handy im großen Umfang verbreitet.

„The Hendrix of Sahara“?

Dieses Album war auch seine musikalische Eintrittskarte in den globalen Norden, wo er mit seinem zweiten Album „Afelan“ 2013 in der Fachpresse ankam. Die Kritiker*innen zeigten sich von seinem Gitarrenspiel beeindruckt, die britische Tageszeitung The Guardian bezeichnete Mdou Moctar gar als The Hendrix of Sahara. Ein wenig oberflächlich, da sich Jimi Hendrix und Mdou Moctar in ihrer Gitarren-Spielweise erheblich unterscheiden. Während Hendrix sein Instrument mit Vorliebe gewürgt hat, geht Mdou Moctar regelrecht sanft damit um. Wahrscheinlich soll dieser Vergleich aber nur hervorhoben, welch großartiger Musiker Mdou Moctar, der neben den amerikanischen Größen Jimi Hendrix, Eddie Van Halen und Prince die malische Legende Ali Farka Touré als Vorbild nennt, ist.

Für 2021 hat der in der in der nigrischen Wüstenstadt Agadez lebende Mdou Moctar ein neues Album angekündigt. Der Titel seines insgesamt fünften Longplayers und Nachfolger des 2019er-Werks „Ilana (The Creator)“ ist noch nicht bekannt. Dafür aber das Label, das die Platte veröffentlichen wird: Mdou Moctar unterschrieb kürzlich bei der amerikanischen Plattenfirma Matador Records (deren erste Veröffentlichung 1989 „…And There Was Light“ von der österreichischen Band H.P. Zinker war) und ist somit Label-Kollege von Queens of the Stone AgeJulien Baker oder King Krule.

Hypnotischer Groove

Außerdem präsentierte er mit „Chismiten“ die erste Video-Single aus dem neuen Album. Mdou Moctar übernimmt auf dem psychedelischen Desert-Blues-Song die Lead-Gitarre und den Gesang. Unterstützt wird er von seiner Live-Band bestehend aus Ahmoudou Madassane (Rhythmusgitarre, Begleitgesang), Michael Coltun (Bassgitarre, Begleitgesang) und Souleymane Ibrahim (Drums und Begleitgesang).

Inhaltlich thematisiert der Song mit dem hypnotischen Groove negative Persönlichkeitsentwicklungen im Laufe einer Beziehung, wie Mdou Moctar im Pressetext erklärt: „The song is about how people in a relationship lose their sense of self, they become jealous and envious of others. It is not about one specific person, but about all people in the world. I turn to Allah for guidance not to be that person“.

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Das dazugehörige Video kombiniert Illustrationen des Künstlers Robert Beatty mit Handyaufnahmen aus dem Niger. Gezeigt werden unter anderem Märkte der nigrischen Hauptstadt Niamey und die Große Moschee von Agadez. Für das Video war Sabrina Nichols zuständig.