Liebt deutschsprachigen Rap und Taylor McFerrin. In jeder freien Minute…
Jake Isaac, Singer-Songwriter aus London, hat „die Ehre, vor dem legendären Patrice aufzutreten„, wie er selbst sagt. Höflich bedankt er sich für das frühe Kommen beim – noch spärlichen – Publikum und stellt auch Drummer und Gitarristen vor, die ihn musikalisch begleiten. Mit seiner rauchigen Stimme füllt der Brite mit der charmanten Zahnlücke den Raum aus, bedient sich an Folk und Soul, kommt aber auch mit ruhigen Nummern zurecht, wenn die Drums schweigen und er nur von Maracas begleitet wird. Kein Wunder, dass er Paul Simon und Ray Charles zu seinen Inspirationsquellen zählt. Völlig unprätentiös verlässt er mit Gitarre ausgestattet die Bühne, um in einem Kreis mitten im Publikum unplugged weiterzumusizieren. „Danke, dass ihr leise wart„, bedankt sich Jake Isaac nach dieser ungewöhnlichen Einlage mit schüchtern-sympathischer Art. Bevor er seinen kurzweiligen Auftritt mit „Long Road“ beschließt, kündigt er noch an, den ersten zehn Menschen am Merch-Stand eine CD zu schenken. Keine fünf Minuten später steht er tatsächlich schon beim Stand – eine entzückende Geste.
Dass Patrice ein äußerst empathischer und bodenständiger Musiker ist, hat er erst kürzlich bei unserem Interview bewiesen. Trotz Erkältung und einem langen Promotag bemüht sich der in Köln, Paris und New York lebende Musiker sichtlich, auf die Fragen einzugehen. Von Abgehobenheit oder Despektion keine Spur. So präsentiert sich Patrice auch auf der Bühne. Mit einer Jacke in den panafrikanischen Farben Grün, Gelb und Rot betritt er die Bühne in der Wiener Arena und beginnt die gut knapp zweistündige Reise mit „Island“. Eine Reise durch sein aktuelles Album „Life’s Blood“ und die Soundwelten von Reggae, Funk, Soul und Dancehall. „Ich vermittle zwischen den Stilen„, beschreibt Patrice seine musikalische Herangehensweise. Die Live-Band sowie die Co-Sängerin, die „Cry Cry Cry“ nicht schöner als mit Nancy Sinatras „Bang Bang“ rahmen hätte können, verfeinert diesen stilistisch interessanten Mix. Den tösenden Applaus nach dieser Darbietung hat sie sich verdient.
Wirkt Patrice zu Beginn des Konzerts noch etwas zurückhaltend und routiniert, taut er im Laufe der Show auf und wirkt gelöster; man merkt, er hat Spaß an der Sache. Dabei wechselt er zwischen den Gitarren, nimmt Anleihen an HipHop, afrikanischen Rythmen und elektronischen Klängen und gibt den Instrumentalisten seiner Band viel Raum für Soli und Jams. Mit Cover-Versionen von Bob Marleys „Could You Be Loved“ und Bill Withers „Ain’t No Sunshine When She’s Gone“ schmettert er in feinstem Falsett-Gesang zwei ewige Klassiker raus – wobei er doch eigentlich genug eigenes Material hätte, bei mittlerweile zehn Alben. Neben älteren Songs wie „Boxes“ oder „Africanize Dem“ spielt Patrice vor allem seine neuen Nummern aus „Life’s Blood„, das zum Teil auch auf Jamaika entstanden ist. Seine Singleauskopplungen daraus hebt er sich klarerweise für das Ende des Konzerts auf. Genauso wie „Soulstorm“ und „Sunshine“, die für die Live-Version musikalisch noch einmal aufgefettet worden sind. Intensive Momente.
„The only moment that exists is right now„, sagt Patrice und fasst damit das Gefühl der Lebensfreude, das seine Musik vermittelt, perfekt zusammen. Generell verzichtet er aber auf Gerede zwischen den Songs, spricht nach über einer Stunde das erste Mal mit dem Publikum, was auch dazu führt, dass eine gewisse Distanz zwischen dem Musiker und den Zusehern besteht. Es sei der Vibe, der als Kommunikationsmittel dient, meint Patrice und thematisiert so selbst seine Wortkargheit und Zurückhaltung, die man bei einem Musiker seines Formats vielleicht nicht erwartet hätte. Die Zugabe, für die Patrice mit seinem Bandkollegen, der eine MPC geschultert hat, die hinteren Rängen der Arena-Halle erklimmt, relativiert die Reserviertheit des Künstlers. Inbrünstig liefert er sich ein Battle mit dem Rest der Band, der auf der Bühne geblieben ist und ihm nun gegenübersteht. So hält man den Touralltag spannend und auch das Publikum goutiert dieser ganz spezielle Soundclash. „We Are The Future In The Present“ konstatiert Patrice, während er die Finger zu einem Peace-Zeichen formt. Ja, Patrice ist mehr als Reggae, das hat er in Wien zum wiederholten Male bewiesen.
Weitere Fotos vom Konzert:
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Liebt deutschsprachigen Rap und Taylor McFerrin. In jeder freien Minute verbessert sie, hievt Beistriche wieder auf ihren richtigen Platz und hält die ganze Bande mit liebevoller Strenge zusammen. Nach dem Dienst im KURIER-Newsroom hört sie dann eine Zugezogen-Maskulin-Platte zum Einschlafen.