"The hardest thing to do is something that is close…
Mit Tame One ist eine HipHop-Persönlichkeit verstorben, die Rap und Graffiti zu gleichen Teilen verkörperte. Nur konsequent, dass er als Teil der Artifacts mit „Wrong Side Of Da Tracks“ die ultimative Sprayer-Hymne schuf. Ein Nachruf.
Tame One, bürgerlich Rahem Brown, ist tot. Der Rapper aus Newark, New Jersey, verstarb am Wochenende im Alter von 52 Jahren. Seine Mutter gab in einem Facebook-Post Herzversagen als Grund an. Mit Tame One geht eine Persönlichkeit, die HipHop lebte – und zu gleichen Teilen Rapper und Writer war. Auch wenn der große kommerzielle Erfolg ausblieb: Mit der Crew Artifacts sorgte er für Furore in der Untergrund-HipHop-Szene der 90er-Jahre.
Tame One als Teil der Artifacts
Wegweisend für die Karriere der Artifacts war die Radio-Show „The Stretch Armstrong and Bobbito Show“. Nachdem Tame One einen Over-the-Phone-Freestyle-Contest gewinnen konnte, durfte er bei der Show als Gast auftreten – und nahm seinen Kumpel El Da Sensei mit. Mit ihrer Performance beeindruckten sie Moderator Stretch Armstrong, der zugleich als A&R tätig war. Er verschaffte dem Duo einen Vertrag bei Big Beat/Atlantic.
1994 veröffentlichten sie das Album „Between A Rock And A Hard Place“, das mit der Sprayer-Hymne „Wrong Side Of Da Tracks“ zu einem Untergrund-Klassiker avancierte – und auf der Remix-Version von „C’mon Wit Da Git Down“ mit Busta Rhymes einen später sehr prominent gewordenen Feature-Gast beinhaltet.
Als „The first and last showing of Graffiti rock“ beschrieben die Artifacts das Album. Ihre enge Verbindung zu Graffiti zeigte sich auch im Single-Cover zu „Wrong Side Of Da Tracks“, das vom New Yorker Writer Reas AOK gestaltet wurde.
1997 erschien mit „That’s Them“ der Nachfolger, auf dem die Artifacts sich als Trio zeigten, war mittlerweile DJ Kaos dazugekommen. Stilistisch blieben sie sich auf dem Album, das Features von Lord Jamar und Lord Finesse sowie Produktionen von Showbiz beinhaltet, treu: Der Sound ist klassischer Ostküsten-BoomBap-Sound, der zum Kopfnicken verleitet. Nach „That’s Them“ sollte das Kapitel Artifacts aber zunächst enden. Interne Streitereien führten zur Auflösung.
Nach etlichen Jahren der Funkstille standen die Artifacts 2009 wieder gemeinsam auf Bühne. Was zunächst spontan bei einem Gig von El Da Sensei beim „Rock Steady Crew Anniversary Weekend“ geschah, wurde im Jahr darauf offiziell: Im August 2010 gab es die erste reguläre Artifacts-Performance seit der Trennung. Etliche weitere Konzerte folgten, darunter 2016 ein Gig in Wien. Von Schicksalsschlägen blieb die Band aber nicht verschont, verstarb 2019 DJ Kaos. Tame One und El Da Sensei machten weiter: Im September 2022 erschien mit „No Expiration Date“ ein neues, gänzlich von Buckwild produziertes Album, ganze 25 Jahre nach „That’s Them“.
Tame One bei Eastern Conference Records
Als Solo-Act war Tame One in den frühen 00er-Jahren bei Eastern Conference Records, dem Label von DJ Mighty Mi, gesignt. Via Eastern Conference Records veröffentlichte er 2003 sein Solo-Debüt „When Rappers Attack“, das unter anderem von Camu Tao und RJD2 produziert wurde und Tame Ones Ruf als Punchline-Maschine bestätigte. Mit „Homage 2 Da Bomberz“ durfte ein Graffiti-Track nicht fehlen.
Einziger Feature-Gast auf dem Debüt ist Cage. Mit diesem schloß er sich später für kurze Zeit zu den Leak Bros zusammen. 2004 erschien das gemeinsame, monothematische Album „Waterworld“ – monothematisch, weil jeder Song auf dem Album von der Droge PCP handelt.
Tame One war auch Teil des von Cage und Masai Bey gegründeten Weathermen-Kollektivs, benannt nach der linksradikalen Untergrund-Organisation in den Vereinigten Staaten der 60er- und 70er-Jahre. Neben Tame One und Cage waren unter anderem EL-P, Aesop Rock und Copywrite Teil der Weathermen, die 2003 mit „The Conspiracy“ ein gemeinsames Mixtape veröffentlichten. Es sollte deren letzter Release bleiben.
Nach der Eastern-Conference-Zeit veröffentlichte Tame One unter anderem ein gemeinsames Album mit Del The Funky Homosapien („Parallel Uni-Verses“, 2009) und mehrere Solo-Alben. 2006 war sein Song „Graffic Traffic“ im deutschen Graffiti-Film „Wholetrain“ zu hören. „I would like it to say ‘He was real with his‘“, meinte Tame One in einem Interview auf die Frage, was eines Tages auf seinem Grabstein stehen soll. Auf seine Musik-Karriere bezogen, steht das außer Zweifel. Rest in Peace Tame One.
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