"The hardest thing to do is something that is close…
Wer sich mit der S1 nach Deutsch-Wagram bewegt, begibt sich nicht gerade auf Abenteuerreise. Deutsch-Wagram ist eine leidlich interessante 8000-Einwohner-Gemeinde, gelegen an der Wiener Nordbahn. Doch der Schein trügt, denn Deutsch-Wagram ist zugleich auch Heimat eines Weltkonzerns – der aber alles dafür unternimmt, nicht als solcher wahrgenommen zu werden. Die hohen Mauern am Firmengelände sollen ihren Zweck erfüllen. Glock GmbH lautet der Name des Konzerns, der 2016 einen Umsatz von 709,5 Millionen Euro erzielte. Das Kerngeschäft des Konzerns: Waffen, genauer gesagt Pistolen.
Namensspender und zugleich Gründer des Unternehmens ist der heute 89-jährige Ingenieur Gaston Glock, der 1980 sein Unternehmen mit einer revolutionären Erfindung in neue Höhen hievte. Das österreichische Bundesheer suchte damals nach einem Ersatz für die nicht mehr zeitgemäße Walther P38. Glock gewann die Ausschreibung und konstruierte mit der Glock 17 eine Waffe, die dank ihres hohen Kunststoffanteils (bei 40 Prozent) deutliche Komfortvorteile zu Konkurrenzprodukten vorweisen konnte. Leichtes Gewicht und leichte Handhabung waren ausschlaggebende Argumente für die Glock.
Groß in Amerika
Die Glock blieb nicht auf den heimischen Markt beschränkt, 1988 fand sie ihren Weg nach Übersee. Geschockt von der Miami-Schießerei 1986 herrschte bei amerikanischen Polizeieinheiten die Angst vor, in der Bewaffnung Kriminellen mittlerweile unterlegen zu sein; zu einer Zeit, in der der Drogenhandel immer tiefere, verwüstendere Kreise in den USA zog. Die alten Revolver, meistens von der nationalen Firma Smith and Wesson angefertigt, waren den neuen Problemlagen auf den Straßen nicht mehr gewachsen, entpuppten sich diese immer öfter als schwerfällig.
Glock erkannte die Marktlücke – und füllte sie. Die österreichischen Pistolen avancierten schnell zur Standardausstattung von US-Polizeieinheiten. Das lag nicht nur an den Komfortvorteilen und der leichten Handhabung. Auch das kostengünstige Angebot, das Glock der Polizei für die Waffe machte, führte zu Erfolg. Mit deren Bewaffung war auch der Weg in den lukrativen Privatmarkt verbunden. Kredibilität lautet hier das Schlüsselwort: „This was smart, because the point was to get the police departments to adopt the gun, and that would give the gun credibility in the much larger, much more lucrative civilian market, where you can charge full price and get your full profit margin“, so Paul Barrett, der mit seinem Buch „Glock: The Rise of America’s Gun“ die Geschichte von Glock in den USA untersuchte, 2013 gegenüber NPR.
Kultureller Impact
Doch Glock vertraute nicht nur auf Polizeiwerbung. In gleicher Weise wurde auf Product Placement in Filmen und Fernsehserien gesetzt, beispielsweise in „Stirb langsam 2“ oder „Law and Order“. Die Popularität der Waffe erhielt dadurch neue Schübe, auch am Privatmarkt entwickelte sich die Waffe zum zweifelhaften Kassenschlager. Wurde die Verwendung in Film und Fernsehen von der Firma Glock gern gesehen, tat sie sich mit dem Gebrauch in einer damals noch relativ jungen Kunstform weitaus schwerer: im Rap, wo „Glock“ schnell als Synonym für Waffe Gebrauch fand.
Die Liste der Interpreten, die den Namen Glock in ihre Lyrics verewigten, ist somit lange und umfasst große Namen wie Nas, Jay-Z, Cypress Hill, Three 6 Mafia, 2Pac, The Notorious B.I.G. oder Snoop Dogg. Andere wie 40 Glocc tragen Verweise auf die Firma gar in ihrem Künstlernamen. Die Firma Glock klagte gegen dieses unerwünschte Marketing. Mit wenig Erfolg. Der Grund für diese Popularität liegt einerseits in der großen Verbreitung der Waffe in den amerikanischen Straßen, womit sie zum Teil vieler Rapperbiografien wird. Und andererseits, ganz banal, in den Reimmöglichkeiten, die das Wort „Glock“ aufbietet.
Blick hinter den Mauern
Diese fragwürdige Popularität ist auch Thema in „Weapon of Choice“, einem Dokumentarfilm von Fritz Ofner und Eva Hausberger, der sich dem Thema Glock widmet und ab 28. September in die österreichischen Kinos kommt. Ofner und Hausberger begeben sich darin auf Ergründungsreise zum Phänomen Glock, das in Deutsch-Wagram seinen Anfang nimmt und bis in den Irak seine Kreise zieht. Der Film war aber nicht nur aufgrund der Vielschichtigkeit des Themas ein Drahtseilakt, sondern auch aufgrund der Anwaltsabteilung der Firma Glock, die sich nicht scheut, bei Berichten zum Unternehmen schnell aktiv zu werden.
„Was hier in Österreich gebaut wird, tötet vornehmlich außerhalb unserer Wahrnehmung. Und es gibt hierzulande kaum ein gesellschaftliches Bewusstsein darüber, dass wir als Nation im großen Stil am internationalen Waffenhandel partizipieren, dass täglich mit einer Pistole Made-in-Austria ausgeübt wird“, lautet das Fazit der beiden im Regiestatement. Einen Umstand, den Ofner und Hausberger mit ihrem Film ändern wollen. Ein Film, der Licht hinter diesen mysteriösen Mauern in Deutsch-Wagram wirft und ganz viele unbequeme Fragen aufbietet.
Am Samstag findet um 20:15 unter dem Titel: „Guns, Glock and HipHop“ ein Special-Screening im Filmhaus.Kino am Spittelberg statt. Nach der Vorführung diskutieren Fritz Ofner und Thomas Kiebl von The Message auf dem Podium zum Thema.
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