Künstlerische Ansprüche im Rap sind immer komplizierte Angelegenheiten. Es gibt brutalen Rap von den dunkelsten Straßen, die von Journalisten aus der oberen Mittelschicht zu Tode analysiert und danach als pure Kunst abgestempelt werden. Und es gibt den selbstdeklarierten Picasso Kanye West. Daneben stehen die mehr oder weniger durchschaubaren Versuche der Industrie, den Rap, der viele von der hoffnungslosen Frustration ins Rampenlicht geführt hat, wieder gefährlich wirken zu lassen – wenn es eine Käuferbasis dafür gibt. A$AP Rocky begann als Rebell, und ist irgendwie auch noch immer Rebell geblieben. Trotz aller Skrillex-Features und Platinplatten umgibt den Frontmann des A$AP Mobs noch immer ein lila Schleier, der irgendwie nicht so ganz vom Licht gebrochen werden kann. Das macht Rocky nach ungefähr fünf Jahren auf der Bühne noch immer zu einer spannenden Erscheinung, die man nicht so wirklich einschätzen kann. Einerseits sind da Hits, die auch in Österreich Jugendliche, die sonst wohl eher den Drum’n’Bass-Remix von Kanye’s „Bound 2“ dem Original vorziehen, zum Tanzen bringen. Andererseits redet A$AP Rocky mit Vorliebe über Kunst und hat für sich selbst klar den Anspruch, ein Künstler zu sein. Das ist wohl die Hauptcharakteristik, die den A$AP Mob auszeichnet – einerseits gibt es hier die Stimmung der Straßen New Yorks, aber auf der anderen Seite einen klaren Anspruch, die Seltsamkeit der menschlichen Existenz nicht zu verleugnen oder seine künstlerischen Ambitionen verstecken zu wollen. Selbiges gilt auch für die Musik A$AP Fergs, der schon mit der Integrität seiner letzten Projekte überzeugen konnte. Nicht zu Unrecht hat er mehr Musik veröffentlicht als jedes andere Mitglied des Mobs neben Rocky: Sein melodischer Flow glänzt auf unvergesslichen Stücken wie „Work“ oder „Shabba“; es war aber auch immer klar, dass A$AP Ferg als Rapper nachdenklich und empathisch sein kann – neben dem oben erwähnten künstlerischen Anspruch.
„Always Strive And Prosper“ kommt als zweites Studioalbum des Rappers trotz einigen klar ambitionierten Ansätzen nicht ganz an den ersten Streich heran: „Trap Lord“ war kürzer und knackiger. Der Anfang des Albums ist aufregend und aufreibend: „Hungry Ham“ macht Skrillex für mich das zweite Mal seit „Wild For The Night“ hörbar. Das Problem hier ist ein wenig die Länge und vor allem die fehlende Konzentration des Konzeptes: Es gibt keine wirklich schlechten Tracks, es fehlt nur ganz einfach ein roter Faden. Wäre das Ganze ein Mixtape, wäre dieser Umstand verzeihlich. Egal wie man es drehen kann oder will, es gibt einfach wesentliche Unterschiede zwischen dem Format des Studioalbums und des Mixtapes. Irgendwie heißt für mich „Album“ noch immer, dass es sich um eine ganz andere Form des Statements handelt. Vielleicht hängt das mit der intendierten Verkaufbarkeit des Endproduktes zusammen. Rapper wie Future haben es zwar geschafft, diese Grenzen verschwimmen zu lassen. Bei Ferg fällt aber einfach auf, dass sein neues Album schwächer geworden ist als das vor Kraft strotzende „Trap Lord“. Wissend, dass hier die ganze Energie und Kaufkraft des Künstlers in das Produkt geflossen sind, wirkt es ein wenig ernüchternd, dass viele Songs trotz der hervorragenden Produktion ein wenig flach und inhaltslos ausfallen. Ganz zusammenfinden können die teilweise sehr poppigen Produktionen und der doch schräge Stil von A$AP Ferg nicht immer. Die wenigen Features sind so hochkarätig, dass der Hauptdarsteller noch zusätzlich ein wenig an Wirkungskraft verliert. „Let It Bang“ mit ScHoolboy Q ist ein Beispiel für einen guten Song und ein sehr dominantes Feature.
Eigentlich – und diese Aussage würde vielen Rappern wohl sauer aufstoßen – kann man darauf stolz sein, nicht wirklich sauber in weiche und kristallklare Pop-Beats reinzupassen. Meine Güte, was war der Bass auf „Work“ damals aber auch tief und ranzig. Genau diese Momente vermisst man auf „Always Strive And Prosper“: Wenn einem mal ein kalter Schauer über den Rücken lauft, weil der Beat so schön gefährlich klingt. „New Level“ und „Psycho“ sind trotzdem zwei Highlights des Albums. Ersteres wegen des schönen simplistischen Beats, der sich irgendwie wie aus einem alten Kurosawa-Film anhört; dazu gibt es ein wunderbar schräges Future-Feature. „Psycho“ ist klassisch und trotzdem irgendwie ein bisschen anders. „Uzi Gang“ kommt mit Lil Uzi als Gastrapper – einer der spannenderen Vertreter der Newschool.
Fazit: All die weiter oben erwähnten Kontras machen aus „ASAP“ trotz allem kein wirklich schlechtes Album. Die rohe Energie des Trap-Lords befindet sich möglicherweise in einer Transitionsphase. Es mag sein, dass sich A$AP Ferg hier auch auf einem Weg befindet. Wohin dieser Weg führt, ist nach diesem Album allerdings ein wenig unklar. Abzuwarten bleibt, wie sich der A$AP Mob als Gesamteinheit entwickelt. Ob die Gruppe so weiterbestehen wird, ist nicht immer zweifellos klar. Wie sich die einzelnen Mitglieder ohne eine starke Führung behaupten könnten, steht in den Sternen. An Zusammenhalt mangelt es dem Mob wohl eher nicht. Das Motto bleibt weiterhin: strebsam sein und – irgendwann, irgendwie – gedeihen.
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