Kendler ist eine dreiköpfige Band aus Wien. Mit Kontrabass, Drums, Synthie und einem Saxophon machen sie instrumentale Beatmusik. Die Rhythmen des Schlagzeugers gehen wunderbar nach vorn; leider hat der Kontrabass im Mix keine Chance gegen den dominanten Klang des Tenorsaxophons. Mit einem Effektgerät manipuliert, wird aus dem einzelnen Sax mal ein scharfer Synthesizer, mal eine halbe Bigband, wie im Song „Yoko Mono“.
Die Youngblood Brass Band ist schon vor dem ersten Ton eine eindrucksvolle Erscheinung. Die Band besteht aus drei Perkussionisten, drei Posaunen, zwei Trompeten, einem Saxophon und einem gigantischen Sousaphon (eine schlauchförmige Tuba, die man sich über die Schulter legen kann). Der typische Brass-Band-Sound entsteht durch die markante Besetzung und Einflüsse aus Funk, Jazz, HipHop und traditioneller Blasmusik. Typisch für das Genre sind Cover und Arrangements von Songs, die mit Blasinstrumenten eigentlich nichts zu tun haben. Am heutigen Abend covert die Band um Hauptarrangeur und Komponist Nat McIntosh etwa Songs von den Jackson 5, Justin Timberlake oder No Doubt. Zum Glück retten sie Rufus & Chaka Khans „Ain‘t nobody“ vor dem allgegenwärtigen und schrecklichen Remix von EDM-„DJ“ Felix Jaehn. Eine gute Neuinterpretation kopiert nicht nur Melodien, sondern beleuchtet einen Song aus einem anderen Winkel. Besonders gut gelingt das den Youngbloods mit Tears for Fears „Mad World“, welches als tanzbare Upbeat-Nummer erstaunlicherweise super funktioniert.
Die Youngblood Brass Band feiert 2017 ihr 20-jähriges Bestehen mit einer Tour und einem Compilation-Album, also einem Best-of mit einigen neuen Tracks. Dementsprechend ist auch das Konzert aufgebaut. Neben den obligatorischen Coversongs gibt es eigene Kompositionen aus zwei Dekaden und sechs Studioalben, sowie eine Erstaufführung. Der Überhit „Brooklyn“ bleibt leider der einzige Track aus ihrem großartigen Album „Center.Level.Roar“ von 2003. Bester Song des Abends ist aber das unpackbar dynamische „Nuclear Summer“ vom Nachfolger „Is That a Riot?“. Hier führt Percussionist und Rapper David Henzie-Skogen die Band mit seinen Texten von ruhigen sphärischen Parts in die rohe musikalische Gewalt.
Wie sich herausstellt, hat die Youngblood Brass Band auch eine Verbindung zur österreichischen HipHop-Szene. Während des Konzerts fragt Henzie-Skogen, ob jemand weiß, was Texta eigentlich gerade so machen. Anfang der Nullerjahre spielten die Youngbloods das erste Mal in Österreich und trafen in Graz auf Texta. Sie freundeten sich mit Flip und Huckey an und nahmen sogar einen gemeinsamen Song auf (laut Amazon sind es sogar zwei), der es auf die „Alt“-EP 12-Inch von Texta und Blumentopf geschafft hat.
Fazit: Die Youngblood Brass Band macht auch nach 20 Jahren noch Laune, ihren Zenit haben sie aber überschritten. Die neuen Eigenkompositionen können mit der Energie der alten Songs nicht mithalten. Geniale Coversongs und das schiere musikalische Können an ihren Instrumenten machen sie zu Ikonen der Brass-Szene und ihre Konzerte zu einem besonderen Erlebnis.
Weitere Fotos von Alexander Gotter:
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