Vor einem Jahr reiste MC Fitti noch in einem mickrigen Transporter zu seinem Gratis-Gig im B72 an. Sechs Monate später belegt der Nightliner vier Parkplätze und die Abendkassa beträgt 17 Euro. Was sich in dieser Zeit getan hat, welche Barttrends in Zukunft zu erwarten sind und warum er ihn lieber selbst schneidet, erzählte uns der deutsche Jay-Z mit Bart frisch geduscht im geräumigen Tourbus. Sein Backup-MC Vokalmatador (ehemals Die Sekte) berichtet über seine Zeit im Royal Bunker mit u.a. Kool Savas, Taktloss und wie Aggro Berlin zu seinem Namen kam.
Interview: Philipp Poyntner, Alexander Gotter
Fotos: Alexander Gotter
The Message: Dein Album kommt ja am 05.07. raus. Was kann man sich darunter vorstellen?
MC Fitti: Das ist auf jeden Fall ein wildes Ding. Eine gute bunte Tüte. Alles drin, ein paar Mal umgerührt – geht in den 80ern los und endet irgendwann in der Zukunft. Produziert hat das Udo Zwackel, mit dem ich schon von Anfang an alles gemacht habe. Ein Lied ist produziert von Moonbootica, von den Hamburgern. Es gibt Brummer und Hits. Hits und Brummer, sag ich immer. Die Hits sind so 30 Grad und Whatsapper, die auch wieder mit auf dem Album sein werden, gehören ja dazu. Und die Brummer sind die Abrissdinger wie Roflcopter und Yolo. Aber Yolo wird nicht auf dem Album sein, das war einfach nur ein Spaßschuss, einfach einmal eine Konfettikanone schießen – und die kann man nicht mehr nachladen, das kann nicht auf’s Album. Dann hab ich auch ein Liebeslied mit Bonnie Strange gemacht, da freu ich mich sehr drüber, wir verstehen uns immer ganz gut. Dann hab ich ein Lied mit Marsimoto, das ist so ein bisschen: ich im Golf und er im Kadett. Das gehört zu dieser Brummer-Funktion, also ein bisschen Abriss.
Wird der Track Marsimoto-Style?
MC Fitti: Udo-Zwackel-Style. Ein Brummer. Ein Udo-Zwackel-Brummer. Dann hab ich noch ein Lied, das nennt sich It-Boys, das hab ich mit Felix Brummer von Kraftklub gemacht. Da erzählen wir halt wie wir so abhängen. Dann hab ich so ein WG-Party-Lied mit Vokalmatador gemacht, mit dem ich ja immer auf Achse bin. Und Udo Zwackel natürlich, er hat auch einen Rap-Part. Er muss ja noch mal sagen was und wer er ist. Ihn kennt ja keiner, er ist ja jetzt nicht so der Produzent der im Vordergrund steht. Er macht das schon seit ewig, er hat auch Gold und Platin gemacht mit anderen Künstlern. Und er ist ein alter Kumpel von mir, wir machen MC Fitti so als ein bisschen lockeres Ding, in die Richtung „heute können wir mal überdrehen“. Der hat einen Rap-Part übernommen, wo er sagt, wie cool er ist.
Das heißt, mit Vokalmatador und Udo Zwackel warst du auch früher schon unterwegs.
MC Fitti: Mit Udo Zwackel – klar, immer, ist ja ein alter Kumpel. Ich hab mal vor Jahren ein Lied mit ihm in seiner Abstellkammer aufgenommen. Wir haben uns zweimal im Jahr zum Musikmachen getroffen. Schnell mal zwei Stunden Zeit, eins rauskloppen und fertig. Mit Vokalmatador hab ich musikalisch nicht so viel zu tun gehabt, aber als er auf Tour war mit MC Bogy und Rhymin Simon und so, da war ich immer mit am Start und hab gefilmt. Ich komm eher von hinter der Kamera. Seit Mai bin auch professionell vor der Kamera. Internetvideoquatsch hab ich schon immer gemacht: Scirocco, Du willst so sein wie MC Fitti, Ostkreuzsuperhelden. Aber so richtig auf Papier, dass ich Musiker bin und kein Kulissenbauer mehr, ab Mai 2012.
Jetzt bist du Vollzeitmusiker.
MC Fitti: Vollzeitmusiker, Teilzeitstar.
Du warst ja Kulissenbauer, unter anderem bei „Das Leben der Anderen“. Wie lange hast du das gemacht?
MC Fitti: Sieben Jahre war ich unterwegs. Ich hab auch so Soaps gemacht, „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“, Tatort, Polizeiruf. Beim Kulissenbau hab ich halt körperlich voll geackert, jetzt baller ich halt aus dem Geiste, aber auch volle Pulle. Damals musste ich halt Kulissen bauen für Kommissar Rex, jetzt kann ich meinen eigenen Scheiß bauen, Kulissen für MC Fitti. Das ist schon geiler.
Wie kam dann die Idee, sich einen Bart wachsen zu lassen und MC Fitti zu machen?
MC Fitti: Das war gar keine Idee. Immer wenn es Herbst wurde, hab ich meinen Bart wachsen lassen. Dann sind erste Fotos entstanden, als der Schnäuzer länger war. Dann war auf einmal der Bart da, das war gar nicht geplant. Das Einzige, was ich geplant hatte, war ein Album und dazu eine Ausstellung zu machen. Im Spätsommer ’11 hing ich dann mit Udo Zwackel ab, er einfach so: „Fitti, hast Bock auf diesen Ton?“ Dann hatt‘ er das eingehackt und der 30-Grad Beat war da. Sommerlied gemacht, zufällig. Das Video hab ich mit Lokomotive, einem anderen Kumpel, gemacht. Und so ging das los. Den Leuten hat‘s gefallen.
Also kein Masterplan?
MC Fitti: Nein, ich wollte eigentlich nur das Album und die Ausstellung machen und dokumentieren, wie MC Fitti aufsteigt und fällt, eigentlich fakemäßig.
Und ist der Absturz schon geplant?
MC Fitti: Nein, dieses Jahr noch nicht. Nächstes Jahr vielleicht! Dieses 30-Grad Lied hat dann eine Menge losgetreten. Sogar H&M hatte Flamingos!
Hast du schon mal einen Flamingo mit Ray Ban in freier Natur gesehen?
MC Fitti: Nein, leider nicht. Aber wenn ich einen Flamingo sehe, sehe ich die schon mit Ray Ban drauf – aber das ist in meinem Kopf.
Hast du schon Hood Check in Wien gemacht?
MC Fitti: Ja, heut sind wir am Yppenplatz rumgeschlichen, ein paar kleine Tags gemacht. Graffiti mach ich halt schon immer.
Welche Musik hörst du so?
MC Fitti: Gute-Laune-Musik. Im Moment hör ich nur Oliver Koletzki. Und ein bisschen Major Lazer, Mike Snow und Jay-Z.
Du hörst also auch viel klassischen Rap?
MC Fitti: Jaja, Ice Cube, Ice-T, Wu-Tang, Public Enemy und so.
Gibt’s ein Vorbild bezüglich deiner Musik?
MC Fitti: Nö. Wenn ich mit Udo Zwackel aufnehm, sag ich immer „Jetzt drück mal den N.W.A-Knopf.“ Und dann hackt er sowas rein. Und beim Rap-Stil pass ich immer auf, dass ich direkt nach Jay-Z komm.
Der deutsche Jay-Z mit Bart…
Österreichischen Rap kennst du? RAF 3.0, RAF Camora?
MC Fitti: Stimmt, der ist ja auch aus Österreich. Der ist super, den hab ich schon am Anfang meiner Karriere kennengelernt, dann hat man sich öfters auf Festivals getroffen, Splash, Frauenfeld, ich mag seinen Kram.
Vokalmatador, erzähl mal von deiner Zeit mit der Sekte und dem Royal Bunker!
Vokalmatador: Eine Freundin aus meiner Schule war damals mit Taktloss zusammen und meinte: Geh mal da hin, das ist bestimmt ganz cool. Dann hab ich da eigentlich alle gesehen, die später in Berlin was gerissen haben. Sprich Kool Savas, Taktloss, die ganze M.O.R.-Clique (Anm.: Justus, Fumanschu, Kool Savas), die Sekte-Jungs und die Bass-Crew-Boys (Anm.: DJ Manny Marc, Frauenarzt, MC Bogy und MC Basstard, auch Berlin Crime). Da saß man dann einfach zusammen, einer hat ‘nen Beat angemacht und man hat Texte gekickt oder gefreestylt Später ging es dann mit Rap am Mittwoch weiter. So hat man sich kennengelernt, ist auf Battles gegangen und zusammen getourt. Im Zuge dessen hab ich Fitti, als ich mit Rhymin Simon und den Big-Butt-Jungs auf Tour war, kennengelernt. Er ist dann mit nach Berlin gekommen und hat sich da in die ganzen Bekanntenkreise gut eingefügt. Dort hat er dann Kunst, Video und Sticker-Sachen gemacht und mich gefragt, ob ich mitmachen will und ich hab ja gesagt. Und jetzt sind wir hier im Nightliner.
Wie kam Die Sekte zustande?
Vokalmatador: Man hatte sich im Bunker gesehen, kennengelernt und auch mal was miteinander aufgenommen. Bobby (Anm.: B-Tight) hat mich dann bei Rap am Mittwoch gefragt, ob ich zur Sekte kommen will und ich: na klar. Über einen Kumpel lernte ich Specter kennen und als die Idee aufkam, ein Label zu gründen, hab ich Specter gesagt er soll es doch „Aggro“ nennen. Wir waren dann aber bei einem Feature-Track unterschiedlicher Ansicht: es sollte ein Track mit Ol‘ Dirty Bastard, Brixxx und den Sekte-Members Sido und B-Tight geben. Allerdings hatte ich Brixxx schon auf Rhymin Simons Album gedisst. Vorher hatten wir bei der Sekte immer alles einstimmig beschlossen und jetzt waren wir uns das erste Mal uneinig. Letztendlich führte das zu einem Split. (Ryhmin) Simon wollte weg, weil er da keinen Bock drauf hatte und ich fand es komisch wie Specter einfach auf ein Crew-Member scheißt. Danach hab ich verstärkt mit Ryhmin Simon zusammengearbeitet, war viel mit ihm auf Tour, wo auch schon Fitti hinter der Kamera dabei war. Erst Jahre später habe ich Specter wieder getroffen und dann 2009 für das Album „Die Sekte X“ ein paar Tracks aufgenommen.
Warum hat Ryhmin Simon damals aufgehört?
Vokalmatador: Genau weiß ich das nicht. Aber er wollte nie ein Superstar damit sein. Er hat sein Konzept auf den Alben auch sehr hart durchgezogen und wurde dafür nicht ganz umsonst gefeiert, das fand ich immer sehr cool. Ich find’s schade, dass er nichts mehr macht. Letztens ist er ja beim Mile of Style aufgetreten. Das war ein bisschen surreal, weil ich gerade mit Fitti von The Dome gekommen bin und mir dort auf der Afterparty mit Champagner die volle Dröhnung gegeben hatte. Dann sind wir von The Dome in diese HipHop-Welt eintaucht. Er hatte ja auch extra für dieses Konzert einen Song geschrieben. Ich glaube auch, dass er Bock hat wieder was zu machen und ich trete ihm auch oft in den Arsch und sag bitte mach mal, aber ob das fruchtet?
Wie viel Konfetti verbraucht ihr pro Show?
MC Fitti: Wir brauchen ungefähr 20 bis 30 Kilo pro Show.
Was war dein schönster Fitti-Moment?
MC Fitti: Als es dann los ging. Als sich das Label mit dem Management und mir getroffen hat und der Masterplan besprochen wurde.
War der Schritt vom Youtube-Star zum richtigen Album das Erwachsenwerden von MC Fitti?
MC Fitti: Nein, das ist wurscht, es werden ja heute alle durch Youtube bekannt, Cro und wie sie alle heißen. Denn Youtube ist das neue Fernsehen.
Schneidest du deinen Bart selbst oder hast du einen Stammbarbier?
MC Fitti: Ich hatte einen Stammbarbier, aber der hat mich mal ganz schön geschröpft, nicht finanziell sondern in der Länge. Deshalb mache ich das jetzt selbst.
Mit wem würdest du gerne mal ein Feature machen?
MC Fitti: Mit AC/DC oder ZZ Top.
Sind ZZ Top deine Bartidole?
MC Fitti: Nein, ich hab gar keine Bartidole. Ich war auch noch nie in solchen Bartforen im Internet. Aber ich muss das echt mal machen, denn ich wurde schon oft drauf angesprochen, ob ich mich da schon mal schlau gemacht hätte. Aber zum Thema Bartpflege werde ich mich mal einlesen bei den Nerds, um zu wissen was so Sache ist bei den Bartis. Da gibt’s richtige Freaks! Ich habe mal einen gesehen, der hatte sich eine riesige Windmühle in den Bart geflochten. Ich will mir zwei Helikopter flechten: in einem sitzt Jay-Z und im anderen Kanye West, mit denen fliege ich dann durch die Welt.
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