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Von Rap-Flows als Fallbeispiel – Ein Kommentar

Von Rap-Flows als Fallbeispiel – Ein Kommentar

Ihr fragt euch, wieso es in Österreich mit HipHop in der öffentlichen Wahrnehmung so schlecht steht? Weil es, unter anderem, medial einfach keine kompetenten Berichte darüber gibt. Es wäre zu billig, alles auf die Medien abzuwälzen. Doch fast alles was kommt, wenn mal etwas kommt, zeugt von Dilettantismus und blanker Ahnungslosigkeit.

Als gelebtes Beispiel bietet sich – wieder einmal  – ein Artikel unseres geschätzten Kollegen Schachinger von Der Standard an. In seinem Text vergleicht er den Rap Flow Eminems mit jenem von Left Boy.

Einmal davon abgesehen, dass mir Letzterer und der Hype um diesen, komplett egal sind, legt Schachinger damit in beeindruckender Manier selbst Zeugnis über seine Ahnungslosigkeit von Musik dieses Genres ab. Wie sonst ist ein solcher Vergleich zu erklären, ohne die als untergriffig anmutende These in den Raum zu stellen, dass seine Englischkenntnisse nicht für Eminem reichen und eben denen der Hörer von Left Boy und Artverwandtem entsprechen. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. So auch über Musik. Es muss nicht jeder HipHop oder Nothern Soul lieben. Geht es nach mir, darf jeder hören was er mag, und wenn es Volksmusik, Schlager oder eben Left Boy ist.

Doch hier geht es nicht um Geschmack, hier geht es um skills (zu Deutsch: Talent, Können, Einfallsreichtum, Reimmuster und mehr) – um Fakten, um Äpfel und Birnen. Um’s Eingemachte! Oder eben Fallobst. Und davon gibt es bekanntlich viel.

Schachinger steht mit seiner Ignoranz und Ahnungslosigkeit gegenüber HipHop und beatgetriebener Musik neuerer Machart aber keineswegs alleine da! Es ist die Mehrheit der schreibenden Zunft, der es an ernst gemeinter Auseinandersetzung mit dieser maßgeblichsten Jugendkultur der letzten 30 Jahre fehlt. Wie sonst ist die stümperhafte Berichterstattung über HipHop zu erklären, die sich durch alle Zeilen und Blätter zieht?

Wie sonst ist es zu erklären, dass heimische Musiker ganz unbemerkt bei der schreibenden Elite internationaler Medien für Furore und für Top 10 Chartplatzierungen sorgen, ohne jemals von österreichischen Medienmachern, die sich beruflich damit auseinandersetzen, wahrgenommen worden zu sein? Wie sonst ist es zu erklären, dass White Trash mit Eminem verglichen wird, Lukas Plöchl ein Mundart Rapper ist und Michael Jackson ein „House-N*gger“?

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Falter-Musikredakteur Gerhard Stöger postulierte im Interview mit The Message seinen Unmut darüber: „Ich bin immer wieder verwundert darüber, wie viel medial nicht vorkommt und dass das offenbar auch niemanden stört. Da lande ich wieder bei der Hochkultur. Jahr für Jahr wird über Wiener Festwochen, Salzburger Festspiele und Konsorten üppigst berichtet. Wenn man die journalistische Berichterstattung genauer mitverfolgt, sind das teilweise aber recht austauschbare Texte. Alleine dieses alljährliche Theater um den „Jedermann“, wo man sich schon auch fragen darf: ist das jetzt Fremdenverkehrswerbung, ist das Society-Berichterstattung oder geht es tatsächlich um Kultur mit irgendeinem Gegenwartsbezug? Trotzdem wird das Jahr für Jahr automatisch durchgeschaltet, während österreichische Popmusik vielfach kaum bis gar nicht präsent ist. Dazu kommt, dass in Österreich das Sprichwort zutrifft, wonach der Prophet im eigenen Land nichts zählt.“ Vielleicht hat er sich gerade deswegen für Left Boy als Cover-Story in der letzten Ausgabe des Falter entschieden.

Aber wer bin ich schon, der sich hier erdreistet, einen Kritiker zu kritisieren? Ich bin ja nur ein junger Fotograf, der sich für Musik interessiert – kein Wortjongleur, ja nicht mal wirklicher Journalist. Sie jedoch schreiben beruflich darüber. Da müssen sie ja wohl recht haben.

Daniel Shaked