"The hardest thing to do is something that is close…
Heute vor dreißig Jahren ereignete sich die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl: Infolge der Simulation eines Stromausfalls im AKW (eine Simulation, die eigentlich bereits vor Inbetriebnahme des Reaktors stattfinden sollte, jedoch immer wieder nach hinten verschoben wurde) explodierte Block 4 des Reaktors. In den folgenden zehn Tagen wurde eine Aktivität von mehreren Trillionen Becquerel in die Atmosphäre freigesetzt, die radioaktiven Stoffe prasselten durch den einsetzenden Niederschlag in vielen Teilen Europas auf die Erde nieder. Die sowjetische Führung verhängte eine Nachrichtensperre, das Ausmaß der Katastrophe wurde zunächst unterschätzt. Am 27. April begann die Evakuierung der Bevölkerung von Prypjat, eine künstlich geschaffene, von 43.000 Menschen bewohnte und vier Kilometer vom Kraftwerk entfernte Arbeitersiedlung. Gleichzeitig trafen Experten aus Moskau in die nordukrainische Stadt ein, die, gemäß der katastrophalen Fehlkalkulation der Lage, keineswegs ausreichend gegenüber der enormen Strahlenbelastung geschützt waren. Erst nachdem im schwedischen AKW Forsmark eine ungewöhnlich hohe, von außerhalb stammende Radioaktivität festgestellt und die Sowjetunion kontaktiert wurde, setze Moskau Schritte wie Löschmaßnahmen mithilfe von Hubschraubern, Einsatz von Liquidatoren und weitere Evakuierungen.
Die gesundheitlichen Folgen auf die Bevölkerung sind verheerend: Die Liquidatoren, heldenhaft eine weitere Katastrophe verhindernd, sind nach russischen Angaben zu 90% erkrankt und arbeitsunfähig. In der „30-Kilometer-Zone“ rund um das AKW nahm die Anzahl an Krebserkrankungen, insbesondere bei Kindern, drastisch zu. Die Säuglingssterblichkeit stieg ebenso signifikant an wie genetische und teratogene Schäden (Fehlbildungen). Oft übersehen werden die psychischen Folgen, wo sich die Erhebung als äußerst schwierig erweist. Politisch bedeutete „Tschernobyl“ für die Sowjetunion eine wesentliche Facette für den Zusammenbruch des kommunistischen Regimes. Verstrahlte Flächen in Russland, Ukraine und Belarus sind für mindestens 300 Jahre unbewohnbar, Prypjat eine Geisterstadt, die mittlerweile wieder in den Besitz der Natur zurückging. Zur Abschirmung des havarierten Reaktorblocks wurde ein provisorischer Schutzmantel errichtet, der sog. „Sarkophag“, der bis Ende 2017 durch einen neuen ersetzt werden soll.
Die Stadt Prypjat zieht dennoch (oder vielleicht gerade deswegen) eine Reihe von „Extremtouristen“ auf sich, die diese unwirkliche Umgebung für sich erkunden wollen. Diese Faszination erklärte auch Rapper Lance Butters im The-Message-Interview:
Mich interessiert das generell, nicht der Prozess, dass da was schiefgelaufen ist, sondern ich find Tschernobyl wie es jetzt ist krass. Diese Geisterstadt, dieses Ruhige, dieses Tote, dieses von heute auf morgen alles Verlassen, das find ich interessant. Mich interessiert nur diese Geisterstadt. Diese Vorstellung, wie viel Emotionen das hat… Ich würde da gerne mal hingehen… vor allem ist da Ruhe, ich mag Ruhe.
Jemand, der vor Jahren schon diese Gegend bereist hat, ist sein Kollege Kool Savas. Wobei er Prypjat nicht nur als Tourist einen Besuch abstattete, sondern ursprünglich das Video zu „Der Beweis“ dort drehte. Das allerdings nicht fertiggestellt werden konnte, da das Team der Stadt verwiesen wurde. Die „Tschernobyl-Version“ veröffentlichte Kool Savas deshalb lediglich auf der „Tot oder lebendig“-DVD. Schade, denn es handelt sich um ein interessantes Video, bei dem einige Videospiel-Fans „Flashbacks“ bekommen werden.
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