1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi…
Mit seinem Debütalbum „Avrakadavra“ gelang Goldroger im vergangenen Jahr der Durchbruch. Ein grandioses Album, das es in dieser Form im deutschsprachigen Raum noch nicht gegeben hat – auch dank des maßgeblichen Einflusses vom Produzentenduo Dienst&Schulter. Wie gut das Ganze live funktioniert, konnte das Trio am vergangenen Samstag im Flex Café unter Beweis stellen.
Zuvor betreten allerdings die Locals Caballero und Ben Lingua aka WSDG aus dem (kürzlich umbenannten) Emzetka-Kollektiv mit ihrem DJ Fidibus die Bühne. Vor dem noch spärlich gefüllten Publikum, das sich aktuell noch lieber auf den Sofas entspannt, geben sie sowohl die Tracks aus ihrer EP „Wein oder Spritzwein“ als auch der zugehörigen Remix-EP „Wein oder Glühwein“ zum Besten. Auch Emzetka-Kollegen Julius Lazer und Mohawk finden sich zunächst im Publikum und später auf der Bühne wieder, um die Crowd mit dem Remix zu „71er Endstation“ endgültig für sich zu gewinnen. Starker Auftritt eines noch jungen Kollektivs mit viel Potenzial – live scheppern die großartigen Beats von unter anderem Fidibus, SterilOne und Julius Lazer noch besser als im Studio.
Nach einer kurzen Verschnaufpause betreten Dienst und Schulter die Bühne und von Anfang an steht fest, dass die Besucher hier kein klassisches HipHop-Konzert erwartet. Nachdem Goldroger durch das Publikum auf die Bühne läuft und sein Set mit „MLXMLK“ vom Mixtape „Räuberleiter“ eröffnet, präsentiert er Nummern vom neuen Album. Die Live-Begleitung mit Keyboard, Controller, Gitarre und Drumcomputer ermöglicht neue Interpretationsspielräume der Songs – ähnlich wie es Suff Daddy kürzlich im B72 gezeigt hat. Und Goldrogers Einsatz der Melodica komplettiert das Instrumental-Gefüge.
Auch wenn Goldroger nicht als politischer Rapper wahrgenommen werden möchte, wie er in unserem Interview vor dem Konzert erzählt hat, schreckt er nicht vor „Fick die FPÖ“–Sprechchören und der Forderung, neidische Nazis rauszuwerfen, zurück. Weitere Höhepunkte sind die Akustikversion vom eher unbekannteren „Komm Klar“ (dessen Originalbeat von Nugat wegen eines ungeklärten Samples nicht live gespielt werden darf) und „Aus dem Leben eines Taugenichts“. Zwar mit „Go Go Powerranger“-Rufen, aber ohne „Power Ranger Blues“ – schade. Dennoch versprüht Goldroger eine unglaubliche Energie auf der Bühne und harmoniert blendend mit Dienst&Schulter, die beinahe jeden Song aus „Avrakadavra“ performen. Am Ende wird mit „Mettwillen“ der Kreis geschlossen. Es ist der erste Song, der in dieser Konstellation entstanden ist und markierte somit den Startschuss einer produktiven Zusammenarbeit. Statt des geforderten Freestyles gibt es als Zugabe den Track „Harry Haller“ von der EP „Live aus der Leere“ , ehe sich Goldroger mit einem imaginären Kopfschuss von der Bühne verabschiedet.
Fazit: Mit „Avrakadavra“ haben Goldroger und Dienst&Schulter ihre ganz eigene Version von HipHop umgesetzt. Das von manchen als erste deutsche Psychedelic-Rap-Album bezeichnete Werk funktioniert auch live hervorragend und hebt sich deutlich von „normalen“ HipHop-Konzerten ab. Dem erklärten Ziel einer 12-köpfigen Liveband sind sie mit ihrer Tour sicher einen Schritt nähergekommen. Auch WSDG & Fidibus haben ihren Job als Voract hervorragend erfüllt und zu einem gelungenen Abend beigetragen. Ein Interview mit Goldroger erscheint in Kürze auf themessagemagazine.at.
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1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi rumschreit.