Falco: *1957 – † 1998. Das sind alle zehn Jahre gleich zwei Jubiläen hintereinander, voriges Jahr der 60. Geburtstag und am 6. Februar 2018 sein 20. Todestag. Nicht zuletzt die mediale Berichterstattung sorgt dafür, dass Falco als überlebensgroße Ikone der österreichischen Popkultur stets präsent bleibt. Das und sein mysteriöser Tod, den manche wegen todessehnsüchtiger Zeilen auf „Out of the Dark“ als Suizid werten, machen den Wiener Johann „Hans“ Hölzel zu einer absoluten Ausnahmeerscheinung, ein sageumwobenes Phänomen und einen der unumstrittenen Virtuosen unserer Musiklandschaft.
Unzählige Dokumentationen, Coverversionen, das, was Nazar gemacht hat, oder auch die große Falco-Tribute-Show am Donauinselfest 2017 – alles Versuche, um an Falco ranzukommen und ihn greifbar zu machen. Nun hat sich die Rap-Szene etwas Neues ausgedacht, um das Erbe hochzuhalten: „Sterben um zu leben“ – ein Compilationalbum von zwölf Deutschrappern zu Falcos größten Hits, das am 13. April erscheint. Den ersten Vorgeschmack bekommt man nun mit Ali As‚ Neuinterpretation von „Jeanny“ serviert.
„Jeanny“ ist wohl Falcos umstrittenster Song. Etliche hörten bei seiner Veröffentlichung eine Verherrlichung gegenüber Gewalt an Frauen raus, viele Radiostationen weigerten sich, den Song zu spielen. Doch eigentlich behandelt der Song die extremen Fantasien eines Stalkers, wie Falco später klarstellte – und wie aus den weiteren Teilen („Coming Home„, „Bar Minor 7/11„, „The Spirit Never Dies„) auch eindeutig hervorgeht.
Davon scheint Ali As wenig zu wissen, als er sich an seine Interpretation setzte. Denn Lines wie „Du bist ohne Emotionen auf einem Film / wie die Darstellerinnen auf Pornhub“ oder „Ich verpass dir Kugeln wie ’nem Christbaum„, beinhalten genau das: Gewaltverherrlichung und ein herabwürdigendes Frauenbild. So wandelt sich das lyrische Ich vom Stalker zum stumpfen Sexisten. In der Hook schafft Ali As noch irgendwie die Kurve zum eigentlichen Songinhalt, er beschreibt eine Abhängigkeit von Jeanny, vergleicht das aber ausgerechnet mit dem Missbrauch der Trenddroge Codein. Jeannys Tränen sind „lila wie die Sprite mit dem Lean“. Ein Vergleich, so zeitgeistig, dass es schon wieder altmodisch ist. Und vor allem gähnend langweilig.
„Ich tauch dein Herz in ’nen Liter Benzin und lass es für mich brennen in ’ner kalten Welt“
Textlich eher mittelmäßig, nimmt Ali As die komplette Spannung aus dem Song. Die paar eingefügten Stellen aus dem Original können auch nichts retten. Das neue Instrumental? Könnte ein Leftover von einem Future-Album sein. Richtig viel Eigenständigkeit steckt nicht dahinter.
Die Schlussszene im Originalvideo zeigt Falco mit schwersten Wahnvorstellungen und in Zwangsjacke in einer geschlossenen Zelle sitzend. Ali hingegen hat zwischendurch eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt, zugeklebt mit Duck-Tape. Der Song endet mit einem Pistolenschuss. Epicness: 2/10.
Wer sonst noch auf „Sterben um zu leben“ eine Falco-Nummer neu interpretiert, ist noch unbekannt. Ali As‘ „Jeanny“ ist zumindest ein verfehlter Start für ein gelungenes Tribute-Werk. Weit am Ziel vorbeigeschossen, wirkt es lediglich wie ein mäßiger Versuch, aus dem Schaffen anderer Erfolg zu ziehen. Ist es denn überhaupt nötig, Falco immer wieder aufs Neue aufzurollen? Fakt ist: Er hat zu Lebzeiten großartige Musik geschaffen, sein Einfluss auf viele nachfolgende Strömungen und Künstler ist unumstritten. Um die Frage aus „Out Of The Dark“ zu beantworten: Nein Falco, du musstest nicht erst sterben, um zu leben. Du hast das Recht, in Ruhe gelassen zu werden.
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