Liebt deutschsprachigen Rap und Taylor McFerrin. In jeder freien Minute…
Die Ottakringer Braurei ist schon eine ganz spezielle Location. Vor allem, wenn sie ausverkauft ist und man es aufgrund schlechter Zeiteinteilung und einer Menschenschlange nicht zum Lieblingsact schafft. FM4 hat sich für das diesjährige Geburtstagsfest bemüht, die teils unschönen Szenen des Vorjahres nicht wiederholen zu lassen und bekommt dadurch auch weniger Beschwerden zu lesen, als die Veranstalter des am Vortag stattfindenden Konzerts von LGoony und Crack Ignaz im ausverkauften Fluc.
Als einzigen HipHop-Act hat FM4 die Antilopen Gang zum Fest geladen. Oder „Punk-Rap“-Act, wie die Moderatorin das Trio on air angekündigt hat. Bevor diese im Industrie-Chic-Wohnzimmer vor ihrem Urlaub ein letztes Mal aufspielen, wird das Publikum mit der gewohnten FM4-Indiekiste beschallt. Etwas schade, könnte man doch schon hier die Gäste auf ein HipHop-Konzert einstimmen. Ein überraschend nicht in Weiß gekleideter Moderator Hermes kündigt die Antilopen Gang an, erwähnt ihre lustigen Künstlernamen – allen voran Panik Panzer – und erzählt, dass die Gang bekifft in der ARD-Tagesschau die Auflösung der Bundesrepublik Deutschland gefordert hat.
Überpünktlich springen Danger Dan, Koljah und Panik Panzer auf die Bühne und vereinnahmen diese auch sofort mit dem energiegeladenen Song „Die neue Antilopen Gang“. Unterstützt werden die drei dabei von ihrem Schlagzeuger, der an einem selbst zusammengeschweißten Set von Kanistern, Metallkübeln und -tonnen steht und wie bei „Stomp“ eine großartige Show inszeniert. „Deutschrap muss sterben, damit wir leben können!“, schreit Koljah, um die nächste Nummer aus ihrem Album „Aversion“ anzukündigen. Dabei bemühen sich die drei sichtlich, das Publikum zu animieren: Sie springen, gestikulieren und wippen mit ihren Armen, auf denen das Bandlogo prangt, auf und ab. In den ersten paar Reihen funktioniert das auch gut, trotzdem merkt man, dass dies definitiv kein Konzert von R.A. The Rugged Man ist. „Bam Oida, fix Oida“, kommentiert Panik Panzer nach dem Song das Geschehen. Irgendwie scheint ihm diese Sprache aus dem Kapitel der Wiener Krocha-Geschichte zu gefallen.
Neben einigen Nummern aus „Aversion“ präsentiert die Antilopen Gang auch mit stolzen Hörnern und Hufen ihr aktuelles Mixtape „Abwasser„, auf dem einige Glanznummern wie „DIE KYNGZ SIND BACK!!!1“ zu finden sind. Und wie die Antilopen Gang sich so ein kostenloses Mixtape überhaupt leisten kann, erklärt Danger Dan, der sich für „Enkeltrick“ extra ans Keyboard setzt. Man brauche nur einen Telefonhörer, eine senile Oma und eine Portion Skrupellosigkeit. Mehr Liebe gibt es danach bei „Verliebt„, zu dem die Partygäste aufgefordert werden, mit ihren Händen ein Herz zu formen. Das passt zu den bunten Helium-Luftballons, die an den Man Buns befestigt sind. So viel Liebe!
Eine Liebe geht auch ein paar Mal an die Stadt Wien, ein Hate an die plötzlich grün gewordenen Ottakringer-Dosen. Die drei deutschen Rapper hätten sich schon so auf das gelbe Alumnium des Wiener Biers gefreut. Und noch etwas finden die drei „ekelerregend“. Danger Dan sieht sich gezwungen, sich aufgrund der vor Kurzem von der österreichischen Bundesregierung beschlossenen Obergrenze zu äußern. Er spricht die Montags-Demos in „hässlichen Städten“ an, die geschmacklos wie Vokuhilas wären. Er verstehe nicht, wie man über Obergrenzen diskutieren könne, da sie in Stacheldraht und Pfeffersprays enden würden – und so etwas wollte und wolle er nie erleben. Deswegen ruft Danger Dan dazu auf, diese Bewegung zu verhindern, diese Politik auszugrenzen und den Rechtspopulisten „so schnell wie möglich in die Fresse zu hauen“. Für diese Ansprache erhält die Antilopen Gang so viel Zuspruch und Applaus wie bei keinem Song zuvor.
Das Finale bestreiten die drei Rapper mit „Fick die Uni„, für die extra eine Wall of Death gefordert wird. Die Luftballone pogen mit. Eine Stunde Spielzeit ist vorbei, Zugabe gibt es keine.
Fazit: Die Antilopen Gang versteht zu unterhalten. Ihr Auftritt zeugt von Hingabe, Freude und Erfahrung. Auch wenn das Publikum durchmischter als bei einem reinen HipHop-Festival ist, schafft die Gang es, ihre gute Laune auf die Zuschauer zu übertragen. Großen Respekt auch für die Ein-Mann-Show am Schlagzeug – dieses ganz spezielle „Drumset“ macht das Konzert beinahe einzigartig. Einziges Manko: Es wäre schön gewesen, noch mehr Nummern vom kürzlich veröffentlichten „Abwasser“-Mixtape zu hören. Und „Spring“ – auch wenn das Thema des Songs kein partytaugliches ist.
Einen Teil des Konzerts kann man im FM4-Player nachhören.
Anmerkung: Gerne hätten wir wie gewohnt selbst Fotos vom Konzert gemacht, aber leider hat unser Fotograf keine Akkreditierung für das FM4-Geburtstagsfest bekommen.
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Liebt deutschsprachigen Rap und Taylor McFerrin. In jeder freien Minute verbessert sie, hievt Beistriche wieder auf ihren richtigen Platz und hält die ganze Bande mit liebevoller Strenge zusammen. Nach dem Dienst im KURIER-Newsroom hört sie dann eine Zugezogen-Maskulin-Platte zum Einschlafen.