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Austro Round-up (KW 35/19)

Austro Round-up (KW 35/19)

Austro Round-up

Einige Alben, neue Videos und ein kleiner Nachtrag im Round-up sind diesmal neben diversen stilistischen Ausformungen auch jede Menge Sprachen vertreten.

BumBumKunst & Skero – Maasnbriada 

Als Liebeserklärung an Westcoast-Klänge haben die „Maasnbriada“ BumBumKunst & Skero ihr gleichnamiges Album konzipiert. Das Cover ist angelehnt an „The Chronik“ von Dr. Dre, mit dem 1992 die G-Funk-Ära eingeleitet wurde. Dass diese für die beiden Mundartrapper prägend war, kristallisiert sich bei Tracks wie „Alles bestens“ heraus. Den beiden war es zudem wichtig, Abwechslung reinzubringen und etwa auch auf die spätere Hyphy-Hochphase der Bay Area rund um Acts wie E-40 Bezug zu nehmen. Dass „Maasnbriada“ innerhalb weniger Monate entstanden ist, unterstreicht das impulsive Schaffen und den recht lockeren Zugang der beiden. Schließlich legen sie mehr Wert aufs „Flavourn“ als auf verkopfte und durchkonzipierte Nummern. Mehr zum Album und prägenden Westcoast-Künstlern erzählen BumBumKunst & Skero im Interview.

RAF Camora – Vendetta

„Wart’ ab, es kommt Vendetta“ – verspricht RAF Camora auf der ersten Single seines kommenden und voraussichtlich letzten Solo-Albums „Zenit“. Dass seine Karriere als Solokünstler vor dem Ende stehe, verlautbarte er bereits auf „In meiner Zone 2.0“ mit den Worten: „Die Palmen haben alles gefickt / Bald endet all das am Zenit“. Eine imposante Promoaktion zur Bekanntgabe des Releasedatums folgte, nun steht mit „Vendetta“ der erste musikalische Vorbote im Raum. RAF hat es geschafft – unzählige Awards, Chartrekorde und Triumphe später scheint es nun an der Zeit für Vendetta zu sein. Dabei möchte man sich gar nicht an Personen explizit rächen, viel mehr zeigt man, wie weit und hoch hinaus man es geschafft hat. „Wir kontrollieren ganz Wien, wohin willst du gehen?“, sagt RAF und irgendwo hat er damit verdammt recht. Was sich am Massenansturm Seitens der Fans beim Promo-Spektakel am Wiener Donaukanal zeigte, setzt sich im Musikvideo fort: Mit dem Mofa in die U-Bahn einfahren, mit dem Espresso in der Hand aus dem Wiener Hotel spazieren, mit dem Ferrari einfach dort parken, wo man möchte – weil RAF Camora es sich erlauben kann.

Def Ill & Afu-Ra – B4: BringBoomBapBack

Während Total Chaos 1997 mit dem Album „werwaswannwiewo“ die fünf Ws beantworteten, drücken Def Ill & Afu-Ra auf ihrer gemeinsamen EP ein großes Anliegen in Form von vier Bs aus. Diese stehen für „BringBoomBapBack“ und verdeutlichen, dass der Linzer und der New Yorker der stetige sinkende Boombap-Anteil im Meer an HipHop-Releases ein Dorn im Auge ist. Diesem Umstand möchten sie mit sieben Tracks entgegenwirken: „What Boombap means to me? It means lyrics, street shit, hard-hitting beats, that kicking-ass snare. It means emotion, it means being real. If you don’t have all of this, you can forget about it“, fasst Afu-Ra im Outro des Eingangstracks „B.B.B.B.“ zusammen, dass er damit weit mehr als die charakteristische Gestaltung der Snares verbindet. Die Tracks sind von Def Ill produziert, als Ausnahme fungiert „Flying Guillotine“ mit einem Beat von Digga Mindz.

Adem Delon Für mi

Texte auf Wienerisch und fließende Übergänge zwischen Rap und Gesang prägten das Schaffen von Adem Delon bereits in den 00er-Jahren. Als Teil der RooftopClique releaste er mit seinem Debüt „Und die G’stondn“, dem Seizu-Werk „Lauter“ und dem 2008 erschienenen „Alles wird gut“ mehrere Alben. Nach rund zehn Jahren Pause scheint der Hunger zurückgekehrt zu sein. Das deuteten zuletzt zahlreiche Tracks an, die Vorboten auf das Ende August erschienene Album „Für mi“ waren. Was etwa „Könige“, „I renn“ oder „I wor do“ andeuteten, zieht sich auf Albumlänge fort: Adem Delon lässt diesmal den Gesang dominieren, was gut mit den warmen Synth-Produktionen harmoniert, an denen er oft gemeinsam mit Hinterkopf unter dem Alias Jiggytown geschraubt hat. Textlich durchgehend introspektiv gehalten, verarbeitet er auf den zwölf Tracks diverse Gefühlswelten.

Vearz & Adem Delon – Feierabendmusik

Als Featuregast auf der Hook vertreten ist Adem Delon auch auf dem neuen Vearz-Track „Feierabendmusik“. Auf diesem thematisieren die beiden die altbekannte Montagsdepression. Egal ob Taxler oder Anwalt, jeder scheint sich in der Früh schon wieder aufs nächste Wochenende zu freuen. Aus diesem Umstand ziehen die Transdanubier ihre Schlüsse und rufen zum Ausbruch aus dem Hamsterrad mittels kollektivem Streik auf: „Auf die Sklaventreiber-Hockn ham de Hackler heit kan Bock / Olle mochn liaba Party oder stangeln ernan Job“. Die Arbeit wird schon nicht davonrennen: „I waas orbeitn geh muas a jeder und Hocknstaad is a Thema / Owa heit war so a scheens Weda, die Hockn moch i da speda“. Es wäre schließlich an der Zeit, das Leben und das Strawanzen endlich mal ungetrübt zu genießen.

Droogieboyz – Gfoit ma

Als „Wiener Slang-Trap“ bezeichnen die Droogieboyz ihren neuen Track „Gfoit ma“. Die erstmals auf dem 2018 erschienenen Album „Belächelt Bewundert Bekmpft“ eingebauten Trap-Elemente ziehen sich somit auch bei der ersten Single danach fort. Richy und Guilty untermauern darauf, dass ihrer Gsindl-Attitüde weiterhin treu bleiben und ihr Lebensweg ihnen gefällt: „I mog kane Eierschmäh, olle Plätz san reserviert / Amadeus, Scheiß auf den, wir kumman durch die Hintertia / I gib ma schiach, sitz beim Wirt, jeden Tog a Fetzerei / olle ham kassiert, owa kana rennt auf Kiwarei.‘ Der Beat kommt vom Stammproduzenten Doni Balkan. Ob der Track ein Vorbote auf ein neues Projekt ist, verraten die beiden noch nicht.

KeKe & alphamob – Mehr davon

Für die erste Singleauskopplung seines kommenden Albums holte sich der Hamburger Produzent Alphamob mit KeKe prominente Unterstützung aus Wien. Auf „Mehr davon“ geht es straight zu: „Mach mir die Nägel schön, während der Kontostand steigt“. „Mehr davon“ ist direkt, ehrlich, leicht provokant. Selbstbestimmt und selbstbewusst nimmt und gibt KeKe was sie möchte. Und obwohl sie von diversen Musikjournalisten als eine der Rap-Hoffnungen schlechthin gelobt wird und auf dem Alben von Trettmann und KUMMER vertreten sein wird, scheint KeKe zum Glück noch lange nicht genug davon zu haben. Mit dem Track beweist KeKe, dass Rap ganz unproblematisch ohne Sexismus, Diskriminierung oder Beleidigungen unterhalb der Gürtellinie auskommen kann, ohne dabei auch nur ansatzweise in die weiche Schiene abzudriften. Ein nach vorne gebretterter Representer-Song, der eine drängende Lust auf Shots macht. Und auf mehr von KeKe.

See Also

Sheyla J. & Stiwan – Ven a mi

„Ven a mi“ (zu Deutsch: „Komm zu mir“) heißt es im neuen Song der Wiener Musikerin Sheyla J., die sich als Unterstützung Stiwan hinzuholte. Irgendwo zwischen Pop, Rap, Reggae und Soul findet der Song seine ganz spezielle soundtechnische Nische, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass Stiwan nicht nur auf Spanisch singt, sondern ebenso klare Englische Rap-Parts beisteuert. Durch die stimmlichen und sprachlichen Varietäten gewinnt der Song an Tiefe und Abwechslung, auf locker-leichte Art und Weise kann „Ven a mi“ als Soundtrack für die letzten sommerlichen Tage fungieren.

Weitere

An dieser Stelle möchten wir als Nachtrag auf drei weitere Tracks aus den vergangenen Wochen hinweisen, die bisher noch keinen Platz im Round-up gefunden haben. Diese bieten eine sprachliche Melange: Während A.Geh Wirklich? und Nema – der kürzlich im Wiener Sexclub Maxim gebattlet hat – mit „Host du an Tschik?“ auf Wienerisch und Italienisch über ihre Nikotinsucht sinnieren, widmet sich Tiroler Crew AUTsiderz auf Englisch und Deutsch der Kindheit in der beschaulichen Tiroler Gemeinde „Z.I.R.L.“, aus der sie wohl nicht mehr wegziehen werden. Ihr Heimatdialekt kommt stärker bei Smudje zur Geltung, der auf „Hip Hop is hien“ mehr Herz und Verstand bei Releases seiner Kollegen einfordert und dabei nicht auf den obligatorischen Trap-Seitenhieb vergisst. Gehört halt zum guten Ton im Bumm-Tschak-Mikrokosmos.

Text: Simon Nowak & Chiara Sergi