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Rap, Satanismus & Sozialarbeit // BumBumKunst Interview

Rap, Satanismus & Sozialarbeit // BumBumKunst Interview

BumBumKunst ist eine stattliche Erscheinung: Geschätzte zwei Meter hoch, der wuchtige Körper mit reichlich Tinte und satanistischer Ästhetik geschmückt. Hinter der Fassade verbirgt sich ein grundsympathischer, geradliniger Mundartrapper. Bis heute wird der Linzer besonders mit dem revolutionären Dancehall-Mundartrap-Album „In Gods Naum“ verbunden, das er vor zehn Jahren gemeinsam mit Kroko Jack als Sodom & Gomorrah releast hat. Auch die darauffolgende „Slangsta-Ära“ mit mehreren Soloalben in kurzer Zeit und Features mit Moz und den Vamummtn bleibt stark in Erinnerung. In den vergangenen Jahren war er zwar etwas weniger im Mittelpunkt, als Frontmann der Crossover-Band Kaligula aber weiterhin aktiv.

Am 1. August erscheint mit „November Reign“ sein neues Soloalbum, das wieder traditionelleren Rap-Sound bietet. Zu diesem Anlass hat uns BumBumKunst gemeinsam mit seinem Neo-Labelboss GC, früher bei Die Antwort und derzeit Leiter von Shash Records sowie Dunicht Records, in Wien besucht. Im Interview spricht er offen über persönliche und musikalische Entwicklungen, die Verbindungen von Rap und Hardcore Punk, Religion sowie seine Tätigkeit in einem Jugendzentrum.

Fotos: Daniel Shaked

The Message: Wie betrachtest du „November Reign“ im Vergleich zu deinen bisherigen Solowerken?
BumBumKunst: Der markanteste Unterschied ist sicher, dass ich mit Abstand am Längsten dafür gebraucht hab. Sonst habe ich fast jedes Jahr etwas rausgebracht oder war bei irgendeinem Release beteiligt. Die älteste Nummer bei „November Reign“ ist sieben Jahre alt.

Hast du dir auch für die einzelnen Tracks lange Zeit gelassen?
Na. Ich bin dann schon so, dass ich eine Nummer gerne an einem Abend mache, weil ich beim Schreiben sehr ungeduldig bin. Darum kann es auch passieren, dass die letzten zwei Takte nicht mehr so gut sind wie die ersten zwei, weil ich es dann immer schon aufnehmen will.

Gab es dann eine riesige Sammlung an Nummern?
Also Beats hatte ich haufenweise. Ich habe dann immer wieder auf Sachen zurückgegriffen, die ich früher mal angerissen habe, wo dann aber nichts Gescheites entstanden ist. Mir ist es immer wichtig, einen gewissen Stamm von fünf, sechs tighten Nummern zu haben. Dann weiß ich, wo der Weg hinführt und kann um diesen Kern herum fahren. Außerdem will ich nach wie vor, dass ein Album ein Album ist. Sieben-Track-Alben und so sind nicht ganz meine Vorstellung. Es sollte immer eine Geschichte, eine Reise sein. Von dem her finde ich es cool, dass ich sieben Jahre dafür gebraucht habe. Ich hätte es vor zwei Jahren auch fertig machen können, aber irgendwie mekt man, je älter man wird, dass es eine gewisse Zeit braucht, bis man wieder etwas zu Sagen hat. Ich glaube, ich bin nicht der große Schreiber, wenn es um den Inhalt und um Lyrics geht. Ich mache sehr viel über die Emotion und da braucht man viel Input, um wieder etwas weitergeben zu können.

In den vergangenen Jahren warst du vor allem als Frontmann der „Stoistodt Rapcore“-Crew Kaligula aktiv. Inwieweit war diese Zeit eine bewusste Suche nach neuen Inspirationsquellen?
Eigentlich war es eine Beziehung, die in die Brüche gegangen ist. Dann habe ich gewusst, dass das voll viel damit zu tun gehabt hat, dass man so in der Musik drin ist und nichts anderes mehr wichtig war. Dann hab ich mir gedacht, dass es eigentlich eh um nichts geht. Es ist nur Musik. Warum soll man sich da so reintigern und andere wichtige Sachen vergessen? Das heißt jetzt nicht, dass ich dem nachtrauere, was vorher war. Ich wollte das für mich für die Zukunft mitnehmen. Mit Kaligula habe ich mir dann gedacht, dass es ansteht. Manchmal muss man einen Schritt zurück machen, damit man wieder sieht, wie es wieder nach vorn gehen kann. Ich bin immer noch froh, dass mir das eingefallen ist. Wenn man immer gegen die Tür stoßen will, hat man irgendwann keine Kraft mehr.

Generell erscheinen deine musikalischen Einflüsse sehr vielfältig. Einerseits soulige HipHop-Beats, mit Kaligula geht es in Richtung Hardcore Punk. In Linz sind die beiden Szenen traditionell stark miteinander vernetzt. Wie erklärst du dir das?
Boah, schwierig. Erstens glaube ich, dass die beiden Musikrichtungen ziemlich verwandt sind. Hardcore Punk ist, wenn man sich mit den Strophen beschäftigt, eigentlich auch nichts anderes als Rap. Viel Stakkatoflow oder Sprechgesang halt und – ich will jetzt nichts super Philosophisches sagen – dieses Arbeitertum wird sicher auch eine kleine Rolle spielen. Die Wurzel für das ganze Hardcore-Punk-Ding in Linz war sicher in den 80er-Jahren, da hat sich eine Szene entwickelt. Und daraus entwickelt sich dann wieder etwas Neues. Für mich waren Hardcore Punk und Rap in den Strukturen immer relativ ähnlich. Viele Hardcore-Lyrics und Hardcore-Delivery. Wenn du das über einen HipHop-Beat legst, ist es im Wesentlichen das Gleiche. Bisschen schade finde ich, dass es nur in eine Richtung funktioniert hat und die „HipHop-Nazis“, die nichts anderes hören, weit weniger auf die Hardcore-Szene schauen als umgekehrt. Es gibt natürlich Ausnahmen, bei Leuten wie Vinnie Paz oder den Army Of The Pharaohs kriegt man zum Beispiel mit, dass sie den Scheiß auch supporten. Was für mich eigentlich komplett natürlich ist, weil es voll die Wechselwirkung hat.

Was können sich Leute im HipHop-Bereich vom Hardcore Punk abschauen?
Dass das Ego nicht so wichtig ist. Dort ist glaube ich das Wir-Gefühl einfach viel stärker verankert als im HipHop.

Inwieweit siehst du einen gewissen antifaschistischen Konsens als Element, das die beiden Szenen vereint?
Puh, das glaube ich nicht. Die Amis haben da eine ganz andere Geschichte. Dieses antifaschistische Denken, das in Europa herrscht, haben sie dort nicht, durch die Freedom of speech und so weiter. Sicher gibt es eine starke antifaschistische Szene, aber da ist Europa schon weiter. Mit einer Freundin habe ich mal lange über „Hitler Wears Hermes“ von Westside Gunn diskutiert, sie findet das furchtbar schlimm. Ich sehe das nicht so, weil man Sachen entwerten kann, wenn man sie in einen anderen Kontext setzt und sie dadurch ein bisschen an Macht und Bosheit verlieren. Ich glaube, dass die Amis einen ganz anderen Zugang haben. Es gibt eine Thrash-Metal-Band namens Sacred Reich, oder Warpath und Death March. Wenn du dich in Österreich als Band Todesmarsch nennst, wirst du nirgendwo weit hüpfen können.

Aber wie ist das mit den Szenen in Österreich? Speziell in Linz dürften sie ja aus einer gemeinsamen Keimzelle heraus entstanden sein.
Prinzipiell schon, das ist auf jeden Fall verwoben.

Hat sich das eher aus der antifaschistischen Haltung und dem subversiven Charakter heraus entwickelt, oder war das eher durch Personen getrieben?
Ich war nicht bei der Entstehungsgeschichte dabei, weil ich ja erst seit 2001 rappe. Aber ich habe damals schon mitbekommen, dass zum Beispiel Huckey – der ja aus dieser Hardcore-Punk-Ecke kam – und Laima sehr aktiv waren. Es war glaube ich ein bisschen ein Abbild. In Amerika passiert etwas, man hört es sich an und aus der Liebe zur Musik entsteht auch hier etwas, man will sein eigenes Ding daraus machen.

Du hast 2001 mit Anfang 20 zu Rappen begonnen. Warst du vorher schon musikalisch aktiv?
Ganz früher, schon Anfang der 1990er, hatte ich schon Jam-Sessions mit Gaudi-Bands. Paar Jahre später habe ich mal Ecstasy genommen und bin zum Raver geworden, da bin ich paar Jahre auf das abgestürzt (lacht). Das hat mein musikalisches Schaffen bisschen gedämmt. Da war das halt wichtiger. Natürlich habe ich aber immer gleichzeitig Rap- und Hardcore-Sachen gehört.

Und mit dem Produzieren hast du wann angefangen?
Auch 2001, parallel zum Rappen.

Du bewegst dich viel zwischen Hardcore Punk und Rap, deine Produktionen sind aber extrem sample- und soullastig. Wie ist deine Affinität zu Soul entstanden?
Das ist irgendwie passiert. Ich wollte mehr über ein cooles Sample herausfinden. Ich habe mich voll auf Soulseek reingetigert und wollte wissen, woher die geilen Sachen kommen.

Bist du generell ein Ehrgeizler und ein neugieriger Mensch?
Ehrgeizler war ich früher bestimmt, das habe ich heute bisschen aufgegeben. Das ist mehr der jugendliche Drang, alles sofort zu wollen. Aber es gibt dir viel Energie und Kraft.

Flip hat kürzlich erwähnt, dass du um 2007 in der ersten TTR-Allstars-Zeit Rund um die „Kerkersessions“ sein Studio regelrecht belagert hast. Wie blickst du auf diese Zeit zurück, stimmt das?
Na, davon wüsste ich jetzt nichts. Wir haben damals auf jeden Fall dieses Kammerl gemietet, das frühere Kerkerstudio. Da hatten wir das Studio im Nebenraum von ihnen. Aber belagert? Ich finde, dass ich da eher ein kreativer Input war, traue ich mich mal zu behaupten. Auf „Vü z’Vü“ und paar anderen Nummern waren die Beats und die Konzepte ja von mir. Also wenn ich es belagert habe, dann in positiver Weise (lacht).

Wie lange ist die Phase deiner Verbissenheit in etwa gegangen?
Die ist schon lange durchgegangen. Für mich war es eine gute Lebenserfahrung – wenn man etwas will, kann man es erreichen. Aber im Nachhinein betrachtet ist es viel zu schnell gegangen. Zwischen dem ersten Text und dem Hype von Sodom & Gomorrah war nicht so viel Zeit. Paar Jahre halt.

Inwieweit hattest du in dieser Zeit den Traum oder die Hoffnung, von der Musik zu leben?
Na, gar nicht, die hatte ich nie. Ich habe immer geschaut, dass ich ein zweites Standbein habe.

Was hast du nebenbei gemacht?
Ich war mal Schlosser, dann beim BFI und über einen Zufall bin ich in den sozialen Bereich reingerutscht. Wobei ich eigentlich immer schon etwas in der Art machen wollte. Die Sozak wollte ich schon mit 21 machen, da haben sie mich aber nicht genommen. Mit 26 hat es dann geklappt.

Hast du dabei einen musikpädagogischen Zugang?
Aktuell bin ich in einem Jugendzentrum. Ich denke mir, dass es ein Raum sein soll, wo man auch seine Ruhe haben kann und nicht etwas tun muss. Wenn wer etwas machen will, natürlich gerne. Ich habe ein Studio eingerichtet. Aber ich bin nicht so, dass ich sage: ‚Mach ma das und dann das!‘ Ich denke, der Raum sollte für etwas anderes da sein. Es ist bei Jugendlichen wichtig, dass sie sich auch mal ausrasten können und ihre Ruhe bekommen.

Was hören die Jugendlichen am meisten? Eher Haftbefehl und Kollegah oder Yung Hurn?
Yung Hurn hören sie lustigerweise auch. Da habe ich sie auch mal gefragt und sie haben gemeint: ‚Gefällt uns. Aber er ist kein Gangsta!‘ Ufo361 taugt ihnen mehr, weil er halt ein Gangsta ist.

Sagst du dann etwas darauf?
Nur wenn jemand Interesse zeigt. Also es kommt drauf an, ich will ihnen nicht am Oasch gehen.

Wissen die Jugendlichen, was du früher gerappt hast?
Jetzt habe ich zwei Kiddies vorab ein Video vom neuen Album gezeigt. Das habe ich immer versucht zu vermeiden, aber es ja schon fast zehn Jahre aus. Jetzt kann ich sagen: ‚Ja, da war ich jung und dumm.‘ Ich hatte immer ein bisschen Angst. Nicht unbedingt wegen des Autoritätsverlustes, aber es gibt doch verherrlichende Ganja-Nummern, wo es bei mir mittlerweile ein Umdenken gibt. Ich glaube, dass die Kiddies etwas mitnehmen können, wenn ich ihnen sage, was ich erlebt habe. Alles kann ich ihnen auch nicht sagen (lacht), da könnte ich wahrscheinlich gleich den Hut nehmen.

Aber du versuchst schon, ein Vorbild zu sein?
Ja. Man muss schon ein Vorbild sein, aber den Menschen lassen, dass sie auf gewisse Sachen selbst draufkommen. Das ist voll der schmale Grat. Ich will nicht sagen, dass ich ein antiautoritärer Typ bin, es sollte einfach eine gesunde Mischung sein. Ich lasse sie tun, was sie wollen, aber wenn es mir zu viel wird, sage ich: ‚Jetz is a Rua!‘ und dann passt das. Dann können sie es nehmen. Ich sage nicht, dass jeder machen soll, was er will. Aber jeder darf es, solange er sich innerhalb gewisser Grenzen bewegt – die sind bei anderen wahrscheinlich kleiner als bei mir. So lange nichts Schlimmes passiert oder wenn sie miteinander rangeln, gehe ich nicht sofort hin und sage: ‚Hörts auf, des is furchtbar!“ Sollen sie sich ein bisschen abkämpfen und mit der roten Birn‘ dasitzen, es ist eh nichts passiert. Früher haben wir das genauso gemacht. Da sehe ich nicht, dass ich pädagogisch einschreiten muss. Die Pubertät ist halt voll die Selbstfindungsphase.

Auf einer Metaebene betrachtet: Haben Rap-Parts, Rap-Deliveries und dieses „Each One Teach One“ in der Tradition der 1990er-Jahre etwas mit Sozialarbeit zu tun?
Ja, auf jeden Fall sogar. Das nehme ich auch wahr und sehe es als Teil meiner Verantwortung. Am neuen Album merkt man eh, dass es weniger explizit ist. Man kann es aber natürlich nicht ganz auf Null herunterschrauben. GZA hat glaube ich mal ein Album gemacht, wo er kein einziges Mal „Fuck“ sagt und ihm wichtig war, dass FSK 0 ist und keinen „Parental Advisory“-Sticker hat. Für mich funktioniert das nicht hundertprozentig, aber wenn man sich „November Reign“ anhört, merkt man, dass es weit weniger explizit ist als die älteren Sachen.

Wann ist dieses Umdenken gekommen?
Als ich mit der Sozialarbeit angefangen habe. Irgendwann sind sie in der Werkstatt beim Feilen gestanden und haben gesungen: ‚Wos is do los, kana pickt do an dickn, fettn Joe, olle san auf Koks.‘ Dann habe ich voll grantig rausgeschaut: ‚Den Scheiß kennts eich daham anhorchen!‘ Ich wollte mich dem nicht so aussetzen, dass sie wissen, dass ich gerne Kiffe. Heute sehe ich das auch wieder anders. Oder auch bei „Lollipop“, wo bei einer Live-Show eine Zwölfjährige vor dir im Publikum steht und voll mitsingt. Heute ist mir der eigene Impact bewusster.

Nehmen das zu wenige MCs wahr?
Das glaube ich auf jeden Fall. Wenn ich die Kiddies im Jugendzentrum anschaue und die Siebenjährigen „Kokaina“ singen – die gehen ja voll ab auf den Scheiß. Damals habe ich es genauso gerechtfertigt, dass eben ein „Parental Advisory“-Sticker rauf soll und dann die Eltern verantwortlich sind. Aber irgendwie ist man schon selbst verantwortlich.

Ab wie vielen Jahren würdest du dein neues Album freigeben?
Puh, weiß ich nicht. 16. Es kommt immer darauf an, wie explizit der Inhalt ist. Ich will nicht als der große Moralapostel dastehen, aber ich kriege das schon in der Arbeit mit. Die wissen eh alle nicht, was Kokain ist, aber singen es. Und wenn sie dann einmal eine Nase angeboten bekommen, werden sie vielleicht eher ja sagen, als sie es sonst würden.

Glaubst du, dass es einen Impact auf Acts wie Yung Hurn oder Miami Yacine hätte, wenn sie solche Szenen aus dem Jugendzentrum sehen? Oder dass es ihnen eher wurscht wäre?
Aus einer kommerziellen, kapitalistischen Sichtweise ist es schwierig. Das Geld machst du mit den Kiddies und du musst eben etwas sagen, das aneckt. Von daher glaube ich, dass sie es bewusst machen und nicht komplett blauäugig sind.
GC: Dumm sind sie sicher nicht.
Natürlich ist die Frage, wie stark die Kiddies das abstrahieren und sich ‚Schnee is mei leben‘ oder so irgendetwas denken. Sie werden schon mitkriegen, dass es nicht unbedingt der beste Ratgeber ist. Wenn ich zurückdenke, wie angefressen mein Vater immer war, wenn ich Slayer oder Anthrax gehört habe – da war es hauptsächlich wegen der Härte der Gitarren –; aber natürlich ist ein großer Punkt, dass heute alles deutschsprachig ist und das komplett übersetzt wird. Bei den Amis war in den 90er-Jahren sicher noch mehr Knowledge und Teaching zwischen den Zeilen, das ist jetzt komplett weggebrochen.

Hast du das Gefühl, dass etwas ankommt und du etwas Sinnvolles machst?
Ja, auf jeden Fall. Ich finde, es ist ein voll cooler Job. Weil er einem nicht das Gefühl gibt, für irgendwas zu hackeln, wie es sicher in manchen Konzernen ist. Du tust nebenbei etwas Gutes, obwohl du eh etwas verdienst.

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Stimmt es, dass du dich schon länger mit asiatischer Spiritualität beschäftigst?
Ja, es interessiert mich. Von dem her taugt mir der Buddhismus am meisten, weil man quasi selber Gott ist und die Verantwortung bei einem selbst liegt. Ich bin kein Buddhist und glaube nicht an die Wiedergeburt, aber mir taugt dieser Gedanke, sich seine eigene Welt zu schaffen. Eigentlich bin ich mehr Satanist als Buddhist.

Welche Rolle hat Religion in deiner Kindheit und Jugend gespielt?
Ich hatte das Glück, dass Religion daheim nicht wirklich wichtig war. Mein Vater ist schon vor Ewigkeiten ausgetreten. Ich bin aber relativ bibelfest, weil ich in ein katholisches Privatgymnasium gegangen bin und der Religionsunterricht gut war. Das war in Dachsberg bei Eferding. Als Zehnjähriger musst du dort zweimal im Jahr beichten. Dann brauchst du jemanden, der dich von deiner Schuld freispricht. ‚Ah, was habe ich getan? Ich hab gelogen, gestohlen – gewichst vielleicht noch nicht.‘ Sitzt du halt drinnen und erzählst dem Typen irgendeinen Scheiß, den du dir  kurz vorher einfallen lassen hast, damit er dich von deiner Schuld freispricht. Warum sollen kleine Kinder überhaupt beichten? Das ist ja vollkommen lächerlich und idiotisch.

Wann bist du nach Linz gezogen?
2005 oder so. eigentlich sehr spät. Jetzt könnte ich mir nicht mehr vorstellen, nach Eferding zurückzuziehen. Aber Eferding ist auch relativ kacke geworden, seitdem ich nicht mehr da bin (lacht).

War das wegen der Musik oder eher aus anderen Gründen?
Wegen der Arbeit hauptsächlich, weil ich da in Freistadt tätig habe. Und wegen der Liebe. Also eigentlich eine Mischung.

Ihr hattet dann bald mal ein ziemlich abgerocktes Studio in einem Industriebau, oder?
Ja, das eh war das Beatlefield-Studio von Chakuza. Am Anfang haben wir noch bei mir in meiner WG aufgenommen, dann hat er gemeint, dass er ein Studio hat und dann haben wir dort aufgenommen. Es hat dann wohl nicht mehr so gut ausgeschaut, weil weniger Sachen drin waren.

Wie betrachtest du die Aussagen von Chakuza und Stickle, die gemeint haben, dass sie in Linz nicht wirklich erwünscht waren?
Da ist auch viel Koketterie dabei. Ich kann mich genau erinnern, wie sie nach Berlin gegangen sind. Chakuza habe ich gekannt, weil ich einmal mit Oh-Vo Nummern für Engelstaub gemacht habe. Da habe ich ihm gesagt, dass er darauf scheißen soll, was die anderen sagen und einfach machen soll, was er will. Wenn man immer darauf schaut, ob man kritisiert wird, macht man irgendwann gar nichts mehr. Damals waren wir halt alle noch Kinder mehr oder weniger.

In Gods Naum, das Album von Sodom & Gomorrah, feiert heuer sein zehnjähriges Jubiläum. Der Sound war damals einzigartig, in Deutschland wird einige Jahre später teils eine sehr ähnliche Schiene gefahren. Wie blickst du heute darauf zurück?
Es war halt um einen Tick zu bald, so um acht Jahre (lacht). Ich glaube aber, dass es generell leichter ist, wenn man sich an dem orientiert, was in Amerika passiert. Und wenn einem das richtig taugt, ist man automatisch ein paar Jahre dem voraus, was in Österreich passiert.

Glaubst du, dass jemand aus der neueren Generation euch als Einfluss nennen würde?
Na, sicher nicht.

Von den Anfang bis Mitte Zwanzigjährigen glaube ich das ehrlich gesagt schon noch, alleine wenn man sich die Klicks auf Youtube ansieht. Für österreichische Verhältnisse ist das sehr viel.
Es gibt halt „Tschick Gansch , die rennt angeblich immer bei diesen Tekivals am Campingplatz und ist dort bisschen eine Hymne. Aber die, die jetzt Mitte Zwanzig sind, auf jeden Fall noch. Die waren damals 15, 16 und für die war das sicher eine prägende Musik.

Die Produktionen bei Sodom & Gomorrah und teilweise bei den Slangsta-Tracks waren ganz anders als die souligen Sachen, die du davor und jetzt gemacht hast. Wie kam es dazu, dass du diese harten, Dancehall-artigen Beats produziert hast?
Es hat mit „Hustlin‘“ von Rick Ross angefangen. Die Nummer hat mich damals voll umgehaut, als ich sie zum ersten mal gehört habe. Dann auch „Thug Motivation 101“ von Young Jeezy. Ich habe damals in Linz geschlafen und in Weißenkirchen gearbeitet. Es war voll die Winterlandschaft und da habe ich das erste Mal das Album gehört, es hat mir voll getaugt. Es war so eine coole Stimmung und in sich treffend. Ein bisschen auch der Hate, wenn man es jemandem vorgespielt hat und damit verbunden diese „Jetzt erst recht“-Einstellung. Es hat mich voll gefesselt. Jetzt gibt es mir gar nichts mehr. Diese Programmings – das sind lauter Sachen, die ich vor zehn Jahren schon gemacht habe.

Bemerkenswert ist, dass ihr damals schon ein Feature mit Ronny Trettmann hattet.
Das war meine Intention, ich habe ihm geschrieben. Er hat damals ja noch auf Sächsisch gerappt und gesungen und es war irgendwie die Basis, dass wir alle Mundart waren. Er hat ja sogar auf Sächsisch zurückgeschrieben: ‚Isch versteh eusch‘. Man merkt bei ihm natürlich voll, wie er das dann angepasst hat. Dass er jetzt keinen richtigen Akzent mehr drinnen hat, hat ihn natürlich um einiges Größer gemacht. Er ist musikalisch voll drangeblieben, hat immer in die selbe Kerbe geschlagen und das hat sich rentiert. Er hat sich das voll verdient.

Glaubst du, dass „In Gods Naum“ auch auf Hochdeutsch funktioniert hätte?
Puh, das kann ich mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen. Es lebt halt voll viel von Slang-Ausdrücken und österreichischen Redewendungen. Da wäre voll viel verloren gegangen. Deswegen glaube ich auch, dass es bei den 187ern so gut funktioniert, weil die das Hamburgerische immer wieder einbauen. Dort verstehen es eben mehr, aber vom Sprachtechnischen her hat es bisschen einen ähnlichen Charakter.

Ist der „Eisbär“ mittlerweile begraben?
Na, gar nicht. Den habe ich mir jetzt sogar aufs Knie tätowieren lassen. Am Album kommt er aber nicht wirklich vor. Es weiß aber eh jeder, dass ich der Eisbär bin (lacht). Vielleicht nehme ich mir das Thema wieder in fünf, sechs Jahren zur Brust – also beim nächsten Album.

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