Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
Zum Herbstbeginn gibt es einiges zu berichten. Während Brown-Eyes White-Boy mit „Dies Das/Alles was“ sowie K.S.Kopfsache mit „Blood Stains“ Tracks releaster Projekte visualisiert haben, haben Ael Deen & Edwin auf der Single „Rot Weiss“ erstmals gemeinsame Sache gemacht. Abseits davon sind Alben, EPs und viele neue Videos erschienen.
Dazart & Drexor – Gangstapop
In den vergangenen Wochen bereits mit mehreren Videos angekündigt, haben Dazart & Drexor am Freitag ihr gemeinsames Werk „Gangstapop“ veröffentlicht. Während Drexor seit einigen Jahren der battlefreudigste Rapper im Hanuschplatzflow-Camp ist, ist Dazart von der Crew 96erz erstmals 2018 in Erscheinung getreten. Der Generationsunterschied spielt auf den sieben Nummern (exklusive Intro, Skit und Outro) keine Rolle. Die beiden Mundartrapper harmonieren einwandfrei, sie sorgen für reichlich Punchlines und Salzburger Street-Sound, den Dazart meist durch melodische Hooks abrundet. Die teils trappigen Instrumentals stammen von 08, Fid Mella, Melonoid und Aloof: Slangin. Als einziger Featuregast ist Crack Ignaz auf „Desole“ vertreten, mehr sticht aber der nachfolgende Track „11/10“ heraus, auf dem Drexor auf einem entspannten Beat selbstreflektiv zurückblickt. Die Releaseshow wird zum Heimspiel und findet am 25. Oktober im MARK Salzburg statt.
Movski – down2earth
Movski hat keinen Bock. Das ehemalige Sprachsex-Crewmitglied sitzt barfuß auf einem Elektromobil und fährt durch Wien, denn auf die Fortbewegung zu Fuß scheint Movski eben auch keinen Bock zu haben. „Deine Hawara fahren Uber, ich fahre das Uber / Spaß, ich fahre kein Uber weil habe kein Auto und keinen Bock / Also fahre ich U-Bahn“. Der leicht oldschoolige, elektronische Beat kommt von Homie Kaul Kwappen, der Track selbst ist Teil der „down2earth“-EP von Movski. Abseits von „Bock“ geht’s auf der EP ähnlich (selbst-)ironisch und humorvoll zu. Auf „Kunstunifuzzis“ rappt Movski: „Keine Musik für die Uni, keine Musik für die Elite / keine für Bonzenkinder, wo die Eltern fünfstellig verdienen / Nimm dein Koks im Club, aber nicht neben mir / weil ich ansonsten deinen eh schon rasierten Schädel rasiere“. Mal wird es elektronischer, mal ironischer, mal schneller, mal ruhiger. Die vier Songs zeigen sich vielseitig, harmonieren aber im Ganzen miteinander.
Fuchs MC – butterwaach & hocknstad
Seit rund zwanzig Jahren als Rapper aktiv, scheint sich bei Fuchs MC bis heute nicht allzu viel geändert zu haben. Das impliziert „butterwaach & hocknstad“, der Titel seines neuen Albums. Nachdem die Heimattracks „Wien“ und „Favoriten“ trotz des Beititels „Heimat leiwand“ auch negative Facetten des Wiener Großstadtlebens beleuchten, mutiert das RooftopClique-Urgestein zunehmend zum Berufsjugendlichen – wobei das relativ ist, weil hocknstad. So rappt er über seine „Leistungsdruckallergie“ und darüber, dass ihm die Karriereleiter im „gierigen und unfairen System“ powidl ist. Er vertreibt sich die Zeit eben lieber als „Chiller“ und notorischer „Ofendrahra“ und denkt über gesellschaftspolitische Problemfelder nach. Mit den Auswirkungen des tagespolitischen Zirkus rechnet er auf „Bergauf Bergab“ ab und ruft gleichzeitig zur Selbstinitiative auf. Als interessant erweist sich „Flüchten“, wo Fuchs MC den Asylspieß auf eine nötig werdende Flucht aus Österreich umdreht. Live präsentiert er das Album erstmals am 4. Oktober im Kramladen.
Lylit – Call Me Bad
Keine weniger pompöse Location als das Kunsthistorische Museum hat sich Lylit für das Video zu „Call Me Bad“ ausgesucht. Der Track ist die erste Single-Auskopplung ihres angekündigten Albums „Inward Outward“. Genauso anmutig wie das Museum selbst, präsentiert sich die Sängerin im Video: Mit ihrer kräftigen Soul-Stimme, begleitet durch einen Chor aus acht Sängerinnen, gleichermaßen zu ihrer beiden Seiten drapiert und einer Band im Rücken, singt sie ihr Hymne der Selbstbestimmung. Live und one take. „Call Me Bad“ handelt vom Glauben an die eigene Intuition und den Mut zu tun, was sich für einen selbst richtig anfühlt. Themen, die Lylit schon länger begleiten. Nachdem sie trotz der Pleite ihres US-Labelbosses Kedar Massenburg lange auf ihrem Vertrag sitzen geblieben war, durfte sie drei Jahre lang keine Musik veröffentlichen. Die Sperre beendete sie mit der im April erschienenen EP „Aurora“, die sie im Interview mit der Presse als „Befreiungsschlag“ bezeichnete. Und diesem folgt nun ein komplettes Album. Als Songwriterin war sie obendrein am neuen Album von Conchita Wurst (Release am 02. November) beteiligt.
RAF Camora – Adriana
RAF Camora will „nur sie, keine andre“, das stellt er auf der zweiten Singles seines letzten Soloalbums „Zenit“ klar. Ein nachdenklich-romantisches Lied an seine ganz persönliche „Adriana“, seine absolute Traumfrau – ob diese Fiktion oder Realität ist, lässt RAF Camora selbst offen. Für die Albumproduktion reisten RAF und seine Crew nach Japan, drei Wochen Tokio, um zu recorden und zu drehen. In diesem Rahmen dürfte auch das eindrucksvolle, futuristische Video zum Song entstanden sein. Produziert von Shaho Casado finden hier grelle Neonlichter, atmosphärische Sci-Fi-Elemente und untermalende Momentaufnahmen statt. Das Musikvideo sei eines seiner besten, sagt RAF selbst, der Song selbst sei der Partysong des Albums. Auch „Adriana“ trägt im Sound die charakteristische RAF-Note, trotz Dancefloor-tauglichem Beat von RAF Camora, The Cratez und The Royals überrascht der Song positiv durch seine subtile Melancholie und dem futuristischen Gesamtbild, das in Kombination mit dem Musikvideo entsteht. Sein letztes Video-Interview gab RAF Camora übrigens kürzlich bei den Kollegen von Red Bull Music.
Chakuza – Mein Name
Chakuza ist wichtig, dass wir wissen, wie er heißt: „Vorname ‚Für immer‘, Nachname ‚der Größte‘ „. In Bezug auf die Quantität seines Schaffens scheint der selbst verliehene Titel durchaus gerechtfertigt, so verging im letzten Jahrzehnt fast kein Kalenderjahr ohne Tonträger. Und trotzdem scheinen beim Linzer noch so einige ältere Songideen herumzuliegen. Denn bevor er am 10. Jänner 2020 sein Album „Heavy Rain“ releast, schickt Chakuza mit „Magnolia X“ einen Nachfolger seines 2013 veröffentlichten Albums „Magnolia“ voraus. Musikalisch ist „Mein Name“ an der erst im Juli erschienenen EP „Aurora MC“ angelehnt, dramaturgisch richtet sich der Track nach der Single „Gotham„. Chakuza scheint sich seiner Linie treu zu bleiben, setzt weiterhin auf tiefsinnige Lyrics und reinen Rap. Das Video zu „Mein Name“ verzichtet ebenfalls auf großen Schnickschnack, zeichnet sich aber durch monochrome Aufnahmen und einen schnellen Schnitt aus.
yung carl raspe – eins sechs eins
Jan-Carl Raspe war ein Bombenattentäter der linksradikalen Roten Armee Fraktion (RAF). Der Wiener Trap-Rapper yung carl raspe steht politisch zwar auf derselben Seite, setzt zur Verbreitung seiner Ansichten aber lieber auf Musik statt Bomben.“eins sechs eins“ – Zahlencode für die Antifaschistische Aktion (kurz: Antifa) – bereitet zugleich die aktuelle Pop- und Memekultur und die jüngsten großen politischen Geschehnisse Österreichs auf. Der Song ist im Grunde ein Frage-Antwort-Spiel: Fragen zu Themen wie einer Schwarz-Blaue-Regierung, Burschenschaften, Ibiza-Skandal und Donnerstagsdemos. Die Antwort darauf: „161 JA„. Grundsätzlich dürfte die Erstellung der Slideshow fürs Video mehr Zeit in Anspruch genommen haben, als die Produktion des gesamten Tracks. In Kombination mit dem Trapbeat auf, wer hätte das gedacht, 161 BPM, aber eine gelungene, wenn auch sehr minimalistisch gehaltene Ergänzung zum üblichen Polit-Rap.
RAN DMC – Uns is des wurscht
„Na oasch, scho wieder is da Summa vurbei!“ Diesen und ähnliche Sätze geben derzeit zig gemeine Wiener Suderanten von sich, die sich kürzlich noch von einer unerträglichen Hitze sekkiert fühlten. Ran DMC ist das sichtlich wurscht. Er chillt auch bei trübem Herbstwetter und Regen mit seinen Burschen an seinem Lieblingsspot, der Donauinsel – inklusive einem Abstecher zum Steinitzsteg, der wohl ein Pflichtdrehort für alle Floridsdorfer Rapper ist. Am Wasser verleibt er sich ein gepflegtes „Hüserl mit am Butterbrot“ ein und genießt die letzten Sonnenstrahlen, die sich durch die Wolkendecke kämpfen. Der Wille zählt: „Wir entscheiden, wann ma Schluss machen / Und wern daweil no bissl Sun tanken“. Passend dazu bezeichnet Ran DMC „Uns is des wurscht“ als Abschluss eines produktiven Sommers, in dem er bereits die Tracks „Blede Frog“, „Wos is los mit Rap!?“ und „Empty“ veröffentlicht hat.
AUTsiderz – Antihero
„And I smile / when you cry / all the time / I’m the antihero“. Während im Video zum Song ein Mann frühmorgens aufwacht, einen Kaffee trinkt, der ihm nicht schmeckt und sich mutwillig auf den Weg in die Arbeit macht, stehen die AUTsiderz im Studio, performen und trinken Jägermeister. Englischer Rap, englischer Gesang, deutscher Rap – auf „Antihero“ macht’s mal wieder die Mischung. Dabei steht der Tiroler Crew die Vielfältigkeit aus ehrlichem HipHop, rockigem Gesang und einer kraftvollen Sounduntermalung ausgesprochen gut.
Borgata – Pusher
Vergangene Woche inszenierte sich Borgata noch sentimental, diese Woche ist er wieder ein „echter Gangstah“ (mit besonders großen G!) – mit allem was dazu gehört, eh klar. Er hält oft seine Mittelfinger in die Kamera, ist manchmal sogar oberkörperfrei und eine Frau darf auch im Video sein. Zwischendurch gönnt er sich ein Achterl Weiß im schwarzen Rollkragen. Die Szenerie wechselt mehrmals von der Straße in den Hafen – darin ankern zum Glück nur kleine Boote, lyrisch hat „Pusher“ nämlich wenig Tiefgang. Borgata prahlt mit weißen Sneakers, viel Umsatz, cruisen im Jeep und dann kommt noch irgendwas mit Kokain vor. In der Hook vergewissert er sich, ob das eh alle verstanden haben: „¿Hola que tal? ¡Estoy criminal!“ In Spanien wurde schließlich auch gedreht, was gleichzeitig wohl das beste am ganzen Release darstellt.
Text: Simon Nowak, Chiara Sergi & Francesca Herr