Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
In dieser Reihe widmen wir uns monatlich den neuen Releases der Beat- und Instrumental-Szene. Das Meer an großartigen Beats wird von Tag zu Tag größer und nur die wenigsten Produzenten erhalten gerechtfertigte Credits. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Instrumentalreihen – viele der Projekte gehen allerdings in der Flut an Releases einfach unter und werden nicht mit eigenen Artikeln gewürdigt. Dennoch sind sie relevant genug, um ihnen eine Plattform zu bieten. Da aus zeitlichen Gründen keine eigene März-Ausgabe zustande gekommen ist, gibt es diesmal ausnahmsweise die interessantesten Instrumental-Releases aus zwei Monaten statt einem.
Pete Rock – Return of the SP1200
Für „Return of the SP1200“ hat Beat-Legende Pete Rock wieder einmal in seinem Archiv gegraben. Im Vergleich zu den eher unspektakulären „Lost Sessions“ vom Album „Center of Attention“ mit InI geht die Zeitreise diesmal noch weiter zurück in die Anfangszeit des New Yorker Produzenten. Die 15 Tracks – zwölf davon bisher unreleast – stammen allesamt aus den 90er-Jahren und sind mit der SP-1200 gezimmerte Beats, die der „Soul Brother“ als 19-Jähriger in seinem Kinderzimmer produziert hat sowie Überschüsse früher Produktionen für seinen Ex-Kumpanen C.L. Smooth. Die jazzigen Boombap-Signature-Beats klingen immer noch fresh, fallen hier noch etwas reduzierter als bei späteren Werken aus.
Mit dem Release von „Return of the SP1200“ geht der Startschuss des von Pete Rock geführten Labels Tru Soul Records einher. Weiters kündigte er einen zweiten Teil von „Don’t Smoke Rock“ mit Smoke DZA sowie einen dritten Teil seiner „Petestrumentals“-Beatserie an.
Alfa Mist – Structuralism
Nur wenigen Künstlern gelingt es, gleich mit dem Debütalbum eine große Fanbase aufzubauen. Alfa Mist schaffte das 2017 mit seinem LP-Debüt „Antiphon“ problemlos. Der Londoner Pianist und Produzent profitierte davon, dass das Album auf YouTube geteilt wurde und dort mittlerweile auf stattliche 5,8 Millionen Klicks kommt. Er ist damit ein zentrales Mosaikstück der aufstrebenden jungen Londoner Jazz-Generation rund um Yussef Dayes, Kamaal Williams, Ezra Collective, Kokoroko und Co.
Mit „Structuralism“ veröffentlichte Alfa Mist am 27. April sein zweites Album, mit dem er an das hohe Level seines Debüts anknüpfen kann. Die acht Tracks bieten sanfte, melancholisch angehauchte Klänge mit HipHop-Flavour, teils intensivem Saxofon-Einsatz sowie Features von Jordan Rakei und Kaya Thomas-Dyke. Geht alles wunderbar ins Ohr, beim aktiven Zuhören wie beim Nebenbeihören.
Ezra Collective – You Can’t Steal My Joy
Elanvoller geht es bei den Südlondoner Kollegen von Ezra Collective zu, die mit „You Can’t Steal My Joy“ ihr langersehntes Debütalbum releast haben. Wie mit den EPs „Chapter 7“ und „Juan Pablo: The Philosopher“ angekündigt, setzt das Quintett auf eine lebhafte Kombination aus Jazz-Fusion-Klängen mit immer wieder aufpoppenden Afrobeat-, Dub- und Bossa-Nova-Elementen. Garniert durch einige Tempowechsel und verspielte Sequenzen sorgen sie für runde, abwechslungsreiche Sounds, die ihre volle Wirkung live entfalten.
Einige der Tracks waren bereits vorab bekannt. So spielten der Schlagzeuger/Bandleader Femi Koleoso und seine Kollegen vergangenen September bei ihrem ersten Österreich-Auftritt etwa eine Instrumental-Version von „Reason is Disguise“, einem Feature der R’n’B-Sängerin Jorja Smith. Neben ihr runden Kokoroko und der Rapper Loyle Carner, der mit „Not Waving, But Drowning“ im April ebenfalls ein gelungenes neues Album veröffentlicht hat, ab. Eigentlich müßig, noch extra zu erwähnen, dass die Londoner Musikszene derzeit einen gewaltigen Boom erlebt.
The Lasso – The Sound Of Lasso
Sphärische Klänge mit psychedelischem Einschlag und einer ordentlichen Portion Funk sind das Metier von The Lasso. Ein Stil, der durchaus Wiedererkennungswert hat. Bis dato blieb der Hausproduzent von Lando Chill eher unter dem Radar, obwohl er für die Beats auf dessen Ende 2018 via Mello Music Group erschienenen Album „Black Ego“ viel gelobt wurde.
Mit „The Sound of The Lasso“ setzt der Michigander ein weiteres Ausrufezeichen, diesmal in melodisch-verträumter Downbeat-/HipHop-Manier. Die Tracks profitieren von der üppigen Instrumentalisierung. Der Produzent und Multiinstrumentalist hat Piano, Synths, Gitarre, Bass, Mellotron und Drums selbst eingespielt und holte sich für die Ausgestaltung des innerhalb von acht Wochen aufgenommenen Albums Unterstützung von 13 Kollegen und Weggefährten. Trotz dezentem Stimmeinsatz, einer Pedal-Steel-Gitarre, Streichern und Bläsern drängt sich kein Element übermäßig auf. Am Ende steht ein stimmiges Instrumentalwerk, das zu den interessantesten des laufenden Jahres zählt.
Melodiesinfonie – A Journey To You
Bei Melodiesinfonie ist das dritte Album mit einer musikalischen Neuausrichtung verbunden. Für „A Journey To You“ spielte der Schweizer Produzent und Schlagzeuger zahlreiche Instrumente ein, er setzte dabei verstärkt auf Improvisation sowie verspielte Sequenzen. Die 12 via Jakarta Records releasten Tracks sind kraftvoll ausproduziert und tauchen tief in Jazz- und Soul-Sphären hinein. Da erscheint es passend, dass der live-erprobte Melodiesinfonie derzeit mit einem Quartett durch Europa tourt – allerdings ohne Stopp in Österreich.
Kiefer – Bridges
Mit „Kickinit Alone“ und „Happysad“ veröffentlichte Kiefer in den vergangenen Jahren zwei überzeugende Platten, nun legt der Jazz-Pianist und Produzent mit der EP „Bridges“ nach. Erneut sind Klavier-Klänge das dominierende Element, gleichzeitig möchte sich der Kalifornier vom Beattape-Charakter seiner ersten beiden Werke entfernen, den Fokus stärker auf Kompositionsarbeit und orchestrale Klänge setzen. Für die sechs Tracks setzte er erstmals auch analoge Synths und weitere Instrumente ein, das Gesamtbild fällt abwechslungsreicher, jazziger, aber auch weniger catchig aus.
Madlib – Beat Konducta in Bitonto
Nach über einem Jahr Pause setzt Madlib seine „Beat Konducta“-Reihe fort. Erneut meldet er sich aus Italien, nach Orten wie Polignano oder Bari ist diesmal das apulische Bitonto an der Reihe. Für den 30-minütigen Mix hat er tief gegraben und neben paar Instrumentals zu bekannten Tracks einige unreleaste Beats eingestreut. Geht wie immer sehr geschmeidig ins Ohr. In den kommenden Monaten dürfte der Altmeister auch im größeren Rahmen auf die Bildfläche zurückkehren – mit „Bandana“ steht Teil zwei seiner Kollabo mit Freddie Gibbs in den Startlöchern.
Alchemist – Rapper’s Best Friend Pt. 5
Neue Beats hat der fünfte Teil der Reihe „Rapper’s Best Friend“, für die Alchemist einige seiner für diverse Interpreten produzierten Instrumentals zusammengetragen hat, nicht zu bieten. Da erscheinen die 20 Dollar für den Download via Bandcamp schon ein bisschen hoch gegriffen. Egal, ALC liefert schließlich beständig gut ab. Zuletzt vermehrt für die Protagonisten düsterer, rauer Neo-New-York-Rapper wie Conway, Westside Gunn oder Benny The Butcher, wie diese Ausgabe unterstreicht. Daneben sind etwa das schöne Instrumental zu „Love Is A Funny Thing“ von Evidence oder das zum Banger „Imperius Rex“ vom gleichnamigen, posthum erschienenen Sean-Price-Album vertreten.
Mr. Käfer & DDob – Subway Space
Smooth, mit entspannten Basslines und teils mit Gitarrenklängen ausgestaltete fallen die acht Beats auf der EP „Subway Space“ aus, die der Salzburger Mr. Käfer gemeinsam mit seinem deutschen Kollegen DDob gestaltet hat. Die beiden haben sich in Köln kennengelernt, wo Mr. Käfer zwischenzeitlich für ein Praktikum bei Melting Pot Music stationiert war. Fertiggestellt haben die beiden die EP aber in Österreich, erschienen ist sie digital sowie als Kassette über das Kieler Label Tapeinvader.
Clever Austin – Pareidolia
Seit 2011 als Schlagzeuger des Neo-Soul-Quartetts Hiatus Kaiyote aktiv, tritt Perrin Moss unter dem Alias Clever Austin auch als Soloartist in Erscheinung. Auf die beiden Beattapes/Mixtapes der Reihe „Hide-Away Headshell“ folgte kürzlich mit „Pareidolia“ das erste Soloalbum des Australiers. Auf den 16 über Touching Bass releasten Tracks sorgt er für entspannte, experimentell angehauchte Grooves zwischen Jazz, Soul und Electronic, die er größtenteils mit Percussions garniert hat. Vereinzelt runden Featuregäste ab, darunter Georgia Anne Muldrow. Ein grundsolides Werk, auch wenn es zeitweise ein wenig dahinplätschert.
Sotusura – Saleh Alalhan
Sotusura ist seiner etwa zwanzigjährigen musikalischen Laufbahn schon viel herumgekommen. Aufgewachsen in Paris, zog es den Produzenten und DJ zunächst nach Los Angeles, seit einigen Jahren pendelt er via Jordanien durch diverse Großstädte im nahen Osten. Neben seiner Sozialisation mit 1990er-HipHop dringt auf seinem ersten Album „Saleh Alalhan“ sein starkes Faible für arabische Musik permanent durch – Auszüge aus seiner exquisiten Plattensammlung hat er als Samples wiederverwertet, die orientalischen Melodien mittels Maschine in druckvoller Manier neu eingebettet.
Bodikhuu – Rio / Bodianova
Mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von -2 Grad ist Ulanbaatar in der Mongolei die kälteste Hauptstadt der Welt. Dort beheimatet und als Kranführer tätig ist Bodikhuu. Kein Wunder, dass er – angestoßen durch die Musik des Bossa-Nova-Pioniers João Gilberto – besonders im Winter viel von Brasilien träumt. Da erscheint es passend, dass er sein Album „Rio / Bodianova“ als musikalischen Liebesbrief an das sonnendurchflutete Land konzipiert hat, dabei die tropischen Bossa-Nova-Einflüsse mit satten Drums und Produzenten-Inspiration durch Damu The Fudgemunk garniert hat. Ursprünglich in Form von zwei separaten EPs veröffentlicht, feiern die 12 Tracks nun gekoppelt eine überfällige Premiere: Sie sind offenbar das erste mongolische HipHop-Release auf Vinyl.
Emapea – Zoning Out Volume 2
Mit seinen Alben „Seeds, Roots & Fruits“ und „Zoning Out Volume 1“ konnte sich Emapea in den vergangenen Jahren rasch in der Beat-Szene etablieren. Mit Teil zwei von „Zoning Out“ knüpft der Pole nun nahtlos daran an und sorgt für eine weitere Runde entspannte, jazzig und teils funkig angehauchte Kopfnicker. Die 18 via Cold Busted erschienenen Tracks animieren zum Prokrastinieren und Tagträumen. Nichts Spektakuläres, aber sehr fein ausproduzierter Boombap-Sound.
Saligo – Pharaophonk
Während seine 2016 erschienenen Instrumental-LP „432“ von einem Indien-Trip inspirierte Boombap-Brettern bot, widmet sich Saligo nun entschleunigen Memphis-Phonk-Klängen. Der französische Produzent aus dem Umfeld von Tour De Manège vereint mit „Pharaophonk“ für sieben entspannte, sehr smooth ins Ohr gehende Tracks. Urlaubsfeeling kommt somit nicht nur dank der Palmen am Cover auf.
Koralle – Collecting Vol. 1
Unter dem Namen Godblesscomputers ist Lorenzo Nada seit einigen Jahren in sphärischen Downtempo-/Electronic-Gefilden unterwegs, kürzlich hat sich der Produzent aus Bologna einen zweiten Alias zugelegt. Als Koralle steht er für smoothe, größtenteils auf Jazz-Samples aus seiner Plattensammlung basierende HipHop-Klänge, die er mit einer ordentlichen Portion Synths & Keys garniert. Die Debüt-EP „Collecting Vol. 1“ ist via Melting Pot Music erschienen.
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