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Berwyn – Straßenpoesie aus UK // Porträt

Berwyn – Straßenpoesie aus UK // Porträt

Hierzulande noch wohl noch kaum jemandem bekannt, sorgt der in Trinidad und Tobago geborene und in London aufgewachsene Sänger, Rapper und Produzent Berwyn bereits bei Acts wie Drake oder Headie One für Aufsehen. Berwyn, der mit bürgerlichem Namen Berwyn Du Bois heißt, überzeugt auf seinem aktuellen Album „Demotape/Vega“ mit intelligenten Texten und einer ausgefeilten, deepen Klangsprache. Seine Lyrics lesen sich wie Gedichte, die eine enorme Authentizität verkörpern. Man nimmt ihm zu hundert Prozent ab wovon er spricht – er singt über Liebe, Armut, Politik und Religion.

Background

Untermalt werden seine Produktionen von verschiedenen klassischen Instrumenten, etwa Piano, Violine und Gitarre, welche er selbst spielt. Unterricht dazu hat er keinen genommen. Berwyn ist Autodidakt und Vollblutmusiker, sein Vater war ebenfalls DJ in Trinidad – er nennt ihn, seine von Musik geprägte Herkunft und seine ehemalige Musiklehrerin als ausschlaggebende Faktoren für die Entwicklung seiner großen Leidenschaft. Mit neun Jahren zog er von Trinidad nach London, wo er zwei Jahre später auf eine motivierte Musiklehrerin stieß, die sein Talent früh erkannte und ihn unterstützte. Sie nahm ihn mit auf Folk-Konzerte, auf denen der junge Musiker Inspiration sammelte und seine Ohren schulte. „She really went the extra mile“, sprach Berwyn über seine Lehrerin, ohne die er heute nicht da wäre wo er ist. Seine Liebe zur Folkmusik ließ er nie los und von ihr lernte er die Wichtigkeit von gutem Storytelling. 

Alles auf eine Karte

Die Kernthemen von Berwyns Songs drehen sich einerseits retrospektiv um seinen persönlichen Struggle als junger Trinidadian in London, andererseits um seine Visionen und Zukunftspläne. Seine Vergangenheit schildert er folgendermaßen: Stets zu wenig Geld, ein unsicherer Aufenthaltsstatus, das tagtägliche Erleben von Rassismus und Drogenhandel als vermeintlichen Ausweg. Mit ungeschönt harten Lyrics wie „Tried window cleaning once but that didn’t work / Bunch of clients saying they don’t want n*ggers’ germs / And I won’t sit here and lie like it didn’t hurt“ verschlägt er einem die Sprache und spricht dabei an, was vielen schwarzen Menschen in UK widerfährt. Berwyn, der in der Schule gute Noten hatte, wäre gerne studieren gegangen, was ihm jedoch aufgrund seines Aufenthaltsstatus verwehrt wurde. Die mangelnden Jobaussichten und Ausbildungsmöglichkeiten warfen ihn in ein Loch und demotivierten ihn, trotzdem wollte er nicht aufgeben. Sein einziger Lichtblick war es, regelmäßig ins Studio zu gehen. Er setzte alles auf diese Karte, wählte den „Plan A“, obwohl er kurz davor war, wieder nach Trinidad zurückzukehren, um dort nochmal von neu zu beginnen. Zum Glück tat er es nicht und versorgt uns nun mit grandiosen Tracks. Er blickt in seinen Lyrics hoffnungsvoll in die Zukunft und rappt „When I close my eyes, I see stadium lights“, stellt sich vor, der nächste Dr. Dre zu werden, der noch dazu singen kann und spricht in Interviews davon, irgendwann Premierminister von Trinidad zu werden – nicht aus Liebe zur Politik, sondern aus Verbundenheit zum Inselstaat in der Karibik.

Heartache & Chest Pains // Sound

Sein Debüt-Tape„Vega“ wurde bereits vor knapp drei Jahren in einer zweiwöchigen, intensiv kreativen Schaffensphase fertig produziert. Es erschien erst im September 2020, weil das Leben Berwyn erneut Steine in den Weg gelegt hatte: Seine Mutter landete im Gefängnis, er selbst war nur einen kleinen Schritt davon entfernt, denn sein Leben musste er mit kriminellen Machenschaften bewältigen – und vermutlich ist es genau dieses tragische Potpourri an Ereignissen, das seinen Stil letztendlich ausmacht. Seine Lieder klingen schmerzerfüllt und zeitgleich herzerwärmend. Berwyns Musik geht straight ins Herz und man bekommt das Gefühl, einem klugen Mann zuhören zu dürfen, wie er einem auf ganz persönliche Art und Weise von seiner turbulenten Lebensgeschichte erzählt. Es zeigt sich eine musikalische Collage an erlebten Geschichten, wie man sie sonst zumeist nur aus Filmen und Serien wahrnimmt. Auf seiner letzten Single „Vinyl“ beweist er seine Radiotauglichkeit und präsentiert einen Liebessong mit catchiger Hook. 

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Vorfreude auf mehr

Spätestens seit der Veröffentlichung seines ersten Albums hat sich jedoch einiges im Leben des talentierten 24-Jährigen verändert. Mittlerweile schickt ihm Drake Sprachnachrichten und man munkelt, dass sogar ein Feature im Raum steht. Er ergatterte einen Sony-Deal und landete auf Platz drei der BBC Sound of 2021 Liste . Die mediale Aufmerksamkeit erleichtert es ihm nun, sich voll und ganz auf die Musik zu konzentrieren, der Straße fernzubleiben. Berwyn ist Storyteller und seine Story verändert sich in rapider Geschwindigkeit – somit dürfen wir gespannt sein, was er 2021 für uns zu bieten hat und wohin sich seine Reise musikalisch und lyrisch weiterentwickeln wird.