"The hardest thing to do is something that is close…
Knappe sieben Jahre sind seit damals vergangen, als der Linzer Rapper Chakuza, den es mittlerweile nach Berlin verschlagen hatte, erstmals die deutschen Albumcharts stürmte. Zu einer Zeit, als Rap wirklich noch als Nischenprodukt wahrgenommen wurde und kein Mensch an Amazon-Deluxe-Boxen dachte, enterte Chakuza die Top 10 der Charts. Und er ist „gekommen um zu bleiben“: In den folgenden Jahren schuf sich das ehemalige EGJ-Signing seine ganz eigene Nische im Deutschrap-Mikrokosmos – um das Ganze dann durch „Magnolia“ gehörig umzuwerfen. Mit seinem Debüt bei FOUR Music verschwand der düstere Frankreich-Sound, ab sofort lag Indie im Trend. Und so sollte es auch bleiben, denn auch der neueste Wurf „EXIT“ weist eine starke Einbeziehung von Indie-Elementen auf. Für Chakuza also kein kurzfristiges Experiment, sondern ein weiterer Baustein in seiner Karriere als Musiker; zukünftig soll der Weg gänzlich in die Indie-Richtung führen, wie er uns im The-Message–Interview mitteilte. Eine gute Idee?
„Im Kopf noch hohler, als in Rocky Balboa/
Ein dummer Nasenbär, doch ich wäre gern so stark wie er/
Manchmal kommen einem alle ander’n scheinheilig vor/
Man tritt aus Hass gegen den Ball und schießt ins eigene Tor/
So wars, so bleibt, so is es, aber scheiß drauf, vergiss es“
– Chakuza in „Licht aus“
Nun ja, wenn man „EXIT“ hört, fällt es schwer, Chakuza von seinem Vorhaben abzuraten. Denn er fühlt sich im Indie sichtlich wohl – was auf „Magnolia“ noch etwas unnatürlich und unausgereift wirkte, hört sich auf dem neuesten Album ganz anders an. Wobei hier auch die Entscheidung, die Platte gemeinsam mit der Indie-Band In Vallis aufzunehmen, eine bedeutsame Rolle gespielt haben dürfte; der Kohärenz des Albums hat dieser Produktionsschritt sichtlich gut getan. Textlich führt Chakuza den auf „Magnolia“ eingeschlagenen Weg weiter – was soviel bedeutet wie: Musik für gemütliche Sonnenstunden beinhaltet „EXIT“ definitiv nicht, Songs wie „Licht aus“, „Charlie Brown“ oder „Gegenwind“ vermitteln eine fast schon depressive Atmosphäre; ein Album thematisch zwischen Beziehungsproblemen (wunderbar dargestellt auf „OFF“ und „Dunkel-Hell“) und generellen Fragen nach dem Sinn des Lebens, der eigenen Existenz. Eben kein ganz leichter Stoff, aber wie meinte Chakuza: „Ich persönlich mag halt nur diese Art von Musik und will auch nur das machen. Ich kann mit fröhlichen Sachen nichts anfangen“ Diese Aussage spiegelt sich ganz klar in der inhaltlichen Gestaltung von „EXIT“ wider. Die Texte wirken ehrlich, authentisch, lassen aber durchaus noch Rückschlüsse auf die Rappersozialisation erkennen. „F*cken“ sagt er eben immer noch gerne, egal ob Gitarre oder gepitchtes Vocalsample im Hintergrund. Sonst wirken die Lyrics etwas schroff und ungeschliffen, aber dadurch umso glaubwürdiger. Man nimmt Chakuza einfach die Wörter ab, die er hier von sich gibt.
„Auf der Flucht, renn‘ und die Ungewissheit schwindet/
Tausend Sachen vorgenommen/
Doch kaum was davon hingekriegt/
Hingelegt und eingeknickt, ’ne Weinschorle vom Pennymarkt/
War immer schon ein Trinker und kein Cyborg oder Predator/
Selten sah ich mal die eine Seite: Die Gute/
Doch nun befrei‘ ich mich aus einer Zeit, die ich verfluche“
– Chakuza in „Charlie Brown“
2007 rappte Chakuza im Track „City Cobra“: „Hört, das ist der Song, der die Bomber wieder fliegen lässt/Das ist fight-music, Fäuste hoch zum Kampf“. Davon ist 2014 wenig übriggeblieben: Statt Bomber, die fliegen, gibt es nun einen Luftballon, der das Cover zu „EXIT“ ziert. Chakuza ist erwachsen geworden und liefert, wie sollte es anders sein, „Erwachsenen-Rap“. Manche mögen dabei nur den Kopf schüttlen und der „City Cobra“-Zeit hinterher trauern, nur: Das ist Vergangenheit. „EXIT“ ist die Gegenwart, und noch mehr Indie ist die Zukunft. Chakuza scheint dem Deutschrap-Genre entwachsen zu sein, einzig im Künstlernamen besteht eine Konstante zur Frühzeit. Der Wahl-Berliner macht nun etwas anderes. Ob man das mag oder nicht, sei jedem selbst überlassen. Eine schlechte Figur gibt er dabei allerdings mit Sicherheit nicht ab.
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