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Fehlgeschlagene Frischzellenkur: „CZARFACE Meets METAL FACE“ // Review

Fehlgeschlagene Frischzellenkur: „CZARFACE Meets METAL FACE“ // Review

(Get On Down/VÖ: 30.03.2018)

Rückblickend erweist sich der Entschluss der ewig unterschätzten Bostoner HipHop-Veteranen 7L & Esoteric, gemeinsame Sache mit dem ebenso ewig unterschätzten Wu-TangClan-Rapper Inspectah Deck zu machen, als goldrichtig. Kreativ darbte das Rapper-Producer-Gespann aus der Celtics-Stadt im Jahr 2013 nämlich schon etwas dahin, abseits der Hardcore-Backpack-Nische nahm sowieso nie jemand von ihnen Notiz. Und Inspectah Deck musste sich damals gerade von der tristen Erkenntnis erholen, dass sein großes Vorhaben, auf seinem letzten Album „Manifesto“ (2010) endlich diesen einen Hit zu landen, grandios fehlschlug. Insgesamt also drei Vertreter aus dem amerikanischen HipHop-Kosmos, die trotz vorhandener Fähigkeiten zu diesem Zeitpunkt keinerlei künstlerische Relevanz mehr vorweisen konnten.

Dieses harte Urteil stellten 7L & Esoteric und Inspectah Deck im Verbund aber so richtig auf den Kopf. Denn zusammen als CZARFACE wurde endlich das abgeliefert, was ihnen in den Jahren zuvor nicht gelingen sollte: Die Produktion frischer Rapmusik in Form von nostalgischem 90er-Jahre-BoomBap, der zwar konservativ, aber ungemein knackig klingt. Die comichafte Ästhetik von CZARFACE brachte dem Projekt zudem noch eine ganz besondere Würze. Auf dem selbstbenannten 2013er-Debüt funktionierte das Zusammenspiel hervorragend, auf dem 2015er Nachfolger „Every Hero Needs a Villain“ dann sogar noch eine Spur besser. Auf diesem Album, versehen mit edlen Features von GZA, Method Man oder MF DOOM, erreichten CZARFACE ihren Leistungsplafond, bevor sie auf den folgenden Projekten kontinuierlich abbauten. „A Fistful of Peril“ (2016) fiel bereits nicht mehr so prickelnd aus, der 2017er-Streich „First Weapon Drawn“ bestätigte nur die schlimme Vermutung, dass der CZARFACE-Witz in dieser Konstellation nun auch schon auserzählt ist.

Eine Frischzellenkur wird also benötigt, für die neuen Impulse soll mit MF DOOM als neuer Gast auf Albumlänge ein regelrechter Untergrund-Hero und alter Bekannter sorgen. Eine kluge Entscheidung, wenn man sich in Erinnerung ruft, wie gut die drei Rapper auf dem Track „Ka-Bang!“ harmonieren. Die bekannte Comic-Ästhetik wurde für das Zusammentreffen namens „CZARFACE Meets METALFACE“ beibehalten und macht durchaus Sinn, geistert der Plot des Albums doch um einen Kampf zwischen Held und Anti-Held. Letztere Rolle mimt DOOM, der mit den beiden anderen Rappern das Album aber nicht in den Staaten aufnehmen konnte, sondern von London aus seine Parts via Internet über den Atlantik schickte.

Das hört man leider auch, da MF in vielen Fällen schlichtweg nicht in die Songs integriert und generell ungemein müde wirkt. Die Gründe für diese Lethargie in seinem Privatleben zu suchen, wäre pietätlos. Dass der Zusammenhang zwischen dem Ableben seines 14-jährigen Sohnes im vergangenen Jahr und der Machart seiner gegenwärtigen Kunst nicht nur eine Scheinkausalität ergibt, ist dennoch alles anderes als abwegig. Nur selten erinnert DOOM auf dem Album an alte Zeiten, vor allem auf den wenigen gelungenen Tracks „Nautical Depth“ und „Captain Crunch“. Der DOOM-Spirit vergangener Tage ist auf „CZARFACE Meets METAL FACE“ sonst Mangelware.

Traurigerweise können auch Esoteric und Inspectah Deck erneut nicht zu jener Form auflaufen, mit der sie auf „Every Hero Needs a Villain“ für Aufsehen sorgten. Esoterics Idee, der Pointe seiner Wortspiele mehr Raum zu geben, indem er Pausen in seinem Flow einbaut, ist an sich nachvollziehbar; schlecht nur, dass die gelungenen Wortspiele des Bostoner Rappers sich auf einer Hand abzählen lassen. Zeilen wie „I miss that old shit, rappers used to be stupid def/Now they just stupid and deaf“ bilden eher den Standard dessen ab, was Esoteric hier einem vorsetzt. Inspectah Deck bietet trotz Hang zur Simplizität eine solide Leistung, ohne sich mit seinen Zeilen irgendwie nachdrücklich ins Gedächtnis einbrennen zu können. Eigentlich bleibt nur der furchtbare Vergleich „I stay woke like seven cups of coffee” aus „Forever People“ hängen. Aber das hat der Wu-Tang- Rapper so sicher nicht beabsichtigt.

Der beste Part des Albums kommt somit wenig überraschend von einem Featuregast. Open Mike Eagle beweist auf „Phantoms“ erneut, welch grandioser MC er doch ist. „I fought a ghost in my apartement, he had too many hitpoints/He bested me and told me I should’ve invested in Bitcoins“ – eine Line,  gewitzter ist als all der Kram, der Esoteric auf diesem Album von den Lippen kommt. Und natürlich auch gewitzter als der Beitrag des immer grimmigen Vinnie Paz, der auf „Astral Wounds“ Sachen wie „My dick go in and out of holes like it’s an exit wound“ rappt. Ganz toll.

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Der Sound dieses textlich ungemein unlockeren Albums, kreiert von 7L und Todd Spadafore unter dem Teamnamen The CZAR-KEYS, fällt immerhin grundsolide aus: Samplebasierter 90er-Jahre-BoomBap, altbekannt von CZARFACE-Platten. Alles auf einem routinierten Niveau ablaufend, ohne dabei irgendwelche großen Glanzlichter zu setzen. Negativ stößt allerdings auf, dass beim Abmischen des Albums wohl jemand ziemlich geschlampt hat, das Lautstärkeverhältnis stimmt einige Male nicht. Ein weiterer Grund, warum „CZARFACE Meets METAL FACE“ in der Summe nicht mehr ist als ein halbwegs okayes Release.

Fazit: Das Zusammentreffen von CZARFACE und METAL FACE auf Albumlänge hätte ein ziemliches Spektakel sein können. Leider rufen alle Beteiligten auf diesem Release nicht ihr Leistungsniveau vergangener Tage ab, vor allem von DOOM hatte man sich im Vorfeld mehr erhofft. Da Esoteric und Inspectah Deck auch keine Anstalten machen, auf eigene Faust das Album aus der Kategorie des biederen Durchschnitts zu entreißen und ein gelungener Open-Mike-Eagle-Part alleine dafür nicht ausreicht, ist „CZARFACE Meets METAL FACE“ keine wirklich schlechte, aber auch keine wahnsinnig befriedigende Angelegenheit, die eigentlich nur den Abwärtstrend des CZARFACE-Trios bestätigt.

2,5 von 5 Ananas