1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi…
Text: Simon Huber
Fotos: Florian Lichtenberger
Fast eineinhalb Jahre lang gab es hier bei The Message praktisch keine Konzertreviews. Was vorher gefühlt zweimal pro Woche Standard war, entwickelte sich in Coronazeiten aus offensichtlichen Gründen zur Seltenheit. Touren wurden verschoben, Festivals abgesagt und eine wirkliche Planungssicherheit gab es weder für die Veranstalter*innen und Acts, noch für die Fans. Umso schöner ist es, dass seit Juli durch die durchgeführten Lockerungen eine Annäherung an den Normalbetrieb möglich ist, wenngleich nach wie vor fraglich ist, wie lange das noch andauern wird. Die anstehenden nächsten paar Wochen lassen immerhin Gutes verheißen. Nachdem am Freitag die Pan Kee Bois im B72 für ein volles Haus sorgten, veranstaltete das Label Honigdachs mit der „Dachserei“ am Samstag unter Einhaltung der 3G-Regeln eine kleine Labelnight und nutze die Gelegenheit für gleich drei nachträgliche Releaseshows von Alben, die während der letzten Lockdowns erschienen sind und demnach nie gebührend zelebriert wurden. Auch wenn die Protagonisten teils im Vorhinein betonten, dass eine „richtige“ Releaseshow noch an einam anderen Termin nachgeholt werden soll, fühlt es sich schon jetzt danach an.
Das Fluc am Praterstern ist den Umständen entsprechend gut gefüllt und motiviert, eines der ersten Liveevents zu sehen, bevor „die Deltavariante kickt“. Den Beginn machen Fellowsoph & Edi Flaneur, deren Album „Fahrräder & Drumracks“ bereits letzten Sommer über Löwenhertz veröffentlicht wurde. Sichtlich erfreut über das endlich-wieder-live-Performen werden hauptsächlich Tracks aus besagtem Album zum Besten gegeben, die sich mit dem Leben und Scheitern „Zwitte Manzig“ und gesellschaftskritischen Themen auseinandersetzen, aber auch klassische Representer und Fahrradhymnen beinhalten. Auch Fellowsophs Freestylekünste scheinen in Coronazeiten nicht eingerostet zu sein. Anlässlich der „Sobotkaisierung Österreichs“ und der „Bananenrepublik im Schnitzelkalifat“ gibt es auch politische Ansagen und es sollte nicht das letzte mal bleiben, dass an diesem Abend Mittelfinger gegen Korruption, undurchsichtige politische Entscheidungen und fragwürdige Untersuchungsausschüsse gehoben werden, die in den letzten Wochen und Monaten die Schlagzeilen dominierten. Obwohl Fellowsoph bislang kein offizieller Teil von Honigdachs war, ist der Auftritt und die aktuelle Single mit MDK „SMS und Mails“ eventuell ein Hinweis auf eine zukünftige Zusammenarbeit.
Mit Fate betritt der erste Grazer, die mittlerweile im Honigdachs-Roster breit vertreten sind, die Bühne. Sein Album „Milch für die Fliegen“ erschien Anfang des Jahres und hatte wie viele erste Alben nach kleineren EPs hohe Erwartungen zu erfüllen. Diese oft von Doubletimes und inhaltlich dicht geprägten Zeilen auf die Bühne zu bringen, ist kein leichtes Unterfangen, wird aber dank jahrelanger Bühnenerfahrung gut umgesetzt. Neben Albumtracks gibt es auch Abwechslung in Form von unveröffentlichtem Material, beispielsweise auf einem Grime-Beat von Allone, der erst wenige Tage vorher entstanden ist. Immer wieder kommt auch DJ HME, seines Zeichens einer der am längsten aktiven Rapper und Produzent in Graz, nach vorne, um ein paar Solotracks oder Features zu spielen und zieht das Publikum damit immer wieder auf seine Seite.
Spätestens als der Auftritt von MDK & Kizmet beginnt (ihr Album „Odysee“ erschien Ende April und ist damit das aktuellste des Abends), findet auch der Rest der im Außenbereich Rauchenden den Weg in die Halle, die Luft ist stickig und die Stimmung auf dem Maximum. Neben Tracks aus dem gemeinsamen Album folgt ein abwechslungsreiches Set aus Solotracks, A-cappellas, einem Biertrinkwettbewerb, bei dem Platten verschenkt werden und wie auch bei den Acts davor Features mit den jeweiligen anderen Anwesenden in verschiedenen Konstellationen und mit Aussichten auf bislang unveröffentlichtes, wie einer gemeinsamen EP von MDK und Fate, bevor B.Visible die Afterhour einläutet.
Fazit: Der Abend stand voll im Zeichen der Freude über die Möglichkeit solcher Konzerte und Gigs, die viele über Monate hinweg nicht mehr erlebt haben. Diese Gelegenheit wurde sowohl von Seiten der Künstler, als auch der Fans dankend angenommen. Auch wenn die Mikrofone manchmal etwas übersteuert haben und der Sound der Anlage deshalb stellenweise etwas anstrengend war, ist es doch genau das, was Livekonzerte ausgemacht und davon abgehoben hat, Alben nur alleine daheim zu hören. Ein Zusammensein mit Gleichgesinnten, Livemusik, Unterstützung und Connecten von Locals, Party und die Absacker danach.
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1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi rumschreit.