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„Ich habe mindestens 140 Demosongs fertig“ – Dagobert Interview

„Ich habe mindestens 140 Demosongs fertig“ – Dagobert Interview

dagobert

Wie man dem Konzertbericht (hier) entnehmen kann, war der gute Dagobert bei seinem Wien-Besuch für ein Interview indisponiert. Ein glücklicher Zufall hat mich allerdings genau zu der Zeit nach Augsburg gebracht, in der Dagobert seine Tour weiterführt, die er aus gesundheitlichen Gründen in Wien pausieren musste. Ich bin nun im Backstage-Bereich des Schwarzen Schafs und sitze Dagobert samt seiner Kreator-Mütze gegenüber. Viele werden mich fragen, warum ich für ein Magazin, das sich großteils mit HipHop beschäftigt, ein Interview mit Dagobert mache. Ich werde diesen Punkt nicht erklären, denn wer Dagoberts Musik kennt, der versteht es – wer nicht, sollte sich schnellstens einen gemütlichen Ort, ein gutes Getränk und ein bisschen Ruhe besorgen und in die Welt von Dagobert abtauchen.

Photos: Sebastian Knittel
Interview: edHardygirl14


The Message: Woher kam denn der Impuls, eine Band dazuzunehmen?
Dagobert
: Zuerst habe ich eine Tour alleine gemacht, mit einem Typen am Piano. Das Meiste war Playback. Das hat schon aus Kostengründen Sinn gemacht für mich, auch weil ich die Musik am Rechner zusammengebastelt habe und sie nie wirklich gespielt wurde – und ich hätte auch niemanden auf meiner Bühne geduldet neben mir. Das hat ganz gut funktioniert. Aber ich habe gemerkt, dass man mit dem Konzept auch an seine Grenzen stößt. Da ich nach mehr Publikum strebe und mir beim zweiten Album mehr Mühe gegeben habe, eine musikalische Platte zu machen, hat das mit der Band Sinn gemacht.

Deine Texte sind sehr emotional. Erzählst du persönliche Geschichten in deinen Liedern?
Natürlich schmück ich die Texte aus, aber im Grunde genommen kann ich nur über Dinge schreiben, die mir passiert sind. Sonst ist da kein Gefühl mit dabei.

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Verrätst du mir die Geschichte zu einem Song?
Zum Beispiel „Hochzeit“, das war mitten in meiner Bergzeit. Da wurde es mir zu einsam und ich hab meine Platte an Universal geschickt. Die haben mich dann an Studios weitergeleitet, wo ich mein Zeug neu aufnehmen sollte. Ich werde komplett aus dem Leben – beziehungsweise meiner Isolation – gerissen und nach Berlin gestellt. Dort laufe ich wirklich zufällig in die Frau hinein, für die ich all die Songs geschrieben habe. Sie dachte, dass ich sie stalke und flippt aus, schreit mich an und kriegt einen totalen Nervenzusammenbruch. Ich hatte ein paar Tage nicht gepennt und war richtig im Arsch – ich war insgesamt 120 Stunden wach. Genau in dem Moment denke ich mir: „Wow, du bist voll schön. So Menschen wie dich sollte es noch mehr geben“ und deswegen bin ich auf die Zeile gekommen „Lass deine Kinder deine Schönheit erben“.  Dann bin ich nach Hause und hab den Song geschrieben.

dagobert

Deine Persönlichkeit steht oft im Mittelpunkt, vor allem nach deinem ersten Album. Ist mit „Afrika“ der Fokus mehr auf deine Musik gerückt?
Das war zumindest die Idee. Ich hätte nie erwartet, dass man sich so viel über meine Person wundert. Deswegen habe ich auch mein Gesicht vom zweiten Album weggelassen, dass ein bisschen mehr über die Musik geredet wird. Aber ich glaube nicht, dass das so gut funktioniert hat.

Wie meinst du das?
Kein Schwein hat das Ding gekauft. Die Konzerte sind auch eher schlecht besucht.

Woher kommt es denn deiner Meinung nach, dass die Leute dich als Kunstfigur und nicht als dich selbst sehen?
Das, wofür ich stehe, gibt es in der Form noch nicht und ich mache keine Musik in einer bestimmten Tradition. Ich verhalte mich auch anders als andere Menschen in meinem Metier und allein damit mach ich es den Menschen schwer, mich zu akzeptieren. Sonst führt man alles Neue auf etwas Bekanntes zurück. Jeder hat da sein eigenes Schubladendenken – das ist menschlich und normal. Bei mir muss man ein paar mal hinschauen und das machen die meisten nicht.

Ich für meinen Teil würde sagen, du machst Schlager mit Pop-Elementen bzw. Pop mit Schlagerelementen. Wie erklärst du dir die große Renaissance im Schlager am Beispiel von Helene Fischer?
Ich beschäftige mich nicht so wahnsinnig mit aktueller Musik und ich hatte auch noch nie das Gefühl, dass es ein Schlager-Revival gibt. Schlager ist doch immer vorne mit dabei. Helene Fischer ist ein Superstar in der Szene. Ich hab zwar noch keinen Song zu Ende gehört, aber es ist offensichtlich, dass sie harmlos ist – völlig ohne Ecken und Kanten und deswegen niemandem weh tut. Deswegen passt sie auch in jedes Fernsehformat, aber ich bezweifle, dass sie lange an der Spitze bleiben wird. Sie macht viele Menschen glücklich, das finde ich gut. Aber kapiert habe ich es noch nicht.

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dagobert

Siehst du deine Musik als zeitlos oder trifft sie einen gewissen Nerv der Zeit?
Das mit dem Nerv der jetzigen Zeit ist hunderprozentig fehlgeschlagen. Das habe ich definitiv nicht geschafft. Ob man mein Zeug in zehn Jahren noch hören wird, hängt davon ab, ob ich die richtige Aufmerksamkeit kriege. Es ist einfach wichtig, dass ich noch mehr Alben rausbringe, damit danach jeder versteht, was ich für ein Typ bin und welche Musik ich mache. Und dass das kein einfaches Projekt war oder eine Idee, die wir umgesetzt haben – dann wird es auch einfach mit der Glaubwürdigkeit. Wenn man lange genug dabei ist, wird man automatisch zu einer Institution. Und in meinem Fall ist das besonders wichtig.

Du trägst heute deine Kreator-Mütze und dein neues Logo scheint eine Hommage an den Schriftzug der Band zu sein. Was sind denn deine Lieblingstracks von Kreator?
Ich kenne echt jeden Song auswendig. Ich finde alles richtig geil! Auch die 90er Sachen find ich stark. Natürlich ist der Überhit– vor allem textlich – „Violent Revolution“. „Pleasure To Kill“ finde ich vom Sound her genial – da hört man die galoppierenden Leichen im Schlagzeug.  Das schönste Album ist für mich „Extreme Aggression“, Mille (Anm. der Red.: Der Sänger von Kreator) und ich sind gute Freunde.

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(c) Philip Pesic

Du schreibst deine Songs selbst. Wie ist die Zusammenarbeit mit Universal für dich in der Hinsicht auf das Writing?
Das mit Universal ist keine richtige Zusammenarbeit. Ich habe bei denen was unterschrieben und dann haben die mich gleich zu Buback verwiesen. Aber Universal hat die Option, mich zu übernehmen. Die hören sich die Demos an und haben dann gesagt: „Ne, da warten wir noch ein bisschen.“ Ich würde gerne größere Songs auffahren, da müsste man sicher ein paar Kompromisse eingehen – sowas habe ich bissher noch nie gemacht. Meine Managerin hat mich vor dieser Möglichkeit gewarnt. Bei Buback kann ich machen, was ich will – natürlich haben die in der Relation nur sehr beschränkte Mittel. Ein Anfang ist aber gemacht.

Gibt es schon Pläne für ein nächstes Album?
Ich habe viele Pläne für die nächsten Alben. Ich habe mindestens 140 Demosongs fertig. Das muss nur noch ordentlich aufgenommen werden und das Drumherum organisiert werden. Das braucht immer am meisten Zeit.

Wer würde denn als Feature infrage kommen?
Also Mille hatte ich auf dem letzten Album, weil er mein Musik-Gott ist. Ansonsten bin ich sehr wählerisch. Wenn es nicht extrem viel Sinn macht und ich eine Notwendigkeit sehe, dann lieber nicht – damit alles in meinem Kosmos bleibt. Aber ausgeschlossen ist es nicht. Ich habe ausnahmsweise sogar ein Duett geschrieben. Das passt vielleicht auf die nächste Platte. Da bräuchte ich tatsächlich noch eine Frau dazu. Wahrscheinlich wird es daran scheitern, dass ich keine finde.

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Das aktuelle Album „Afrika“ bekommt ihr hier.

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