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Heroin zum Dank // Danger Dan live

Heroin zum Dank // Danger Dan live

Oft ist ein Support fürs Publikum einzig eine Zeitüberbrückung bis zum Mainact. Mehr oder weniger bewusst wahrgenommen von dem Bruchteil der Konzertbesucher, der sich tatsächlich schon in der Halle befindet. Hartmann gehört eindeutig nicht zu diesen Fällen. Er hat das Publikum von Beginn an im Griff, die Kommunikation funktioniert problemlos, Act und Zuschauer sind auf einer Wellenlänge, während sich das Flex immer mehr füllt.

cmphoto.at | Christian Messner

Das ist ein Hip-Hop-Konzert, also Hände hoch für den Feminismus!“, ruft Danger Dan, der unter tobendem Applaus die Bühne betritt. Hinter ihm Antilopen-Kollege Panik Panzer am Drumset. Es ist hinter einem Verbau versteckt, lediglich die Hi-Hats ragen darüber hinaus. Verbau sowie der Bühnenrand sind mit goldener Spiegelfolie verkleidet. Rechts steht ein Keyboard, viel Raum bleibt Danger nicht. Er weiß das bisschen Platz aber gut zu nutzen. Zu Beginn setzt Danger Dan gleich mal ein paar Spielregeln fest: Keine Homo-, Bi- und Transphobie, weder Antisemitismus oder Rassismus und „all jenen, die das nicht akzeptieren, gebe ich jetzt die Chance, das Flex noch unverletzt zu verlassen“. Auch sollen alle mehr aufeinander achten, damit wirklich jedem eine gute Konzerterfahrung gesichert ist. Regel Nummer drei: „Ich mag mich!

cmphoto.at | Christian Messner

Außerdem ist Coolness eine Grundvoraussetzungund ich bin cool“, bestätigend steckt Danger Dan das Mikro in seine Hosentasche, holt eine Zigarettenpackung hervor und zündet sich erstmal eine an. Die Packung wirft er demonstrativ über die Bühne. „Hat jetzt bitte wer einen Euro für mich?“, er streckt seine Hand ins Publikum, „also eigentlich brauche ich sechs Euro, schließlich habe ich keine Zigaretten mehr.“ Den Euro, den er tatsächlich bekommt, gibt er aber wieder retour.

Danger Dan erklärt für „Wir lachen uns tot“ den Zusammenhang zwischen Wut und Trauer, scheint dann aber sentimental zu werden. Er möge ja eigentlich keine Liebeslieder, holt er aus, und habe sich lange für ebenjene geschämt. Mittlerweile sitzt er am Keyboard, das Bühnenlicht färbt sich rot. Damit sei jetzt aber Schluss, „ich möchte euch ein Lied zeigen, es blieb bislang unveröffentlicht“. Sehr ironisch besingt er alle Arten, auf die ein Mensch lieben kann – von einem anderen Mitmenschen bis hin zu Hobbies. „Übrigens habe ich mich mit acht Jahren in Sebastian Krumbiegel verliebt. Die Liebe ist dann wieder abgeflacht. Seit ich ihn kennengelernt habe, brennt sie aber wieder weiter.“ Bei der zweiten Strophe von „Prinzentragödie“ steigt Panik Panzer ein und macht sich über Dangers Liebe zum Prinzen lustig.

cmphoto.at | Christian Messner

Die „Coming Out EP“ im Jahr 2008 war Dangers erste Soloveröffentlichung. Einen Song darauf hatte er an sein zukünftiges Ich gerichtet. „Ich habe mir den Song wieder angehört und nur gedacht ‚ach du Scheiße‘“ Als Antwort auf „Private Altersvorsorge“ befindet sich auf seinem aktuellsten Album „Reflexionen aus dem beschönigten Leben“ deshalb „Private Altersvorsorge 2“.
Bis zu diesem Zeitpunkt treibt Danger Dan die Emotionen konstant nach oben. Um die vorhandenen zwei Drittel der Antilopen Gang auf ein Ganzes zu vervollständigen, kommt Hartmann nochmals auf die Bühne. Zusammen sammeln sie sämtliche Wut in „Drei gegen einen“ und feuern Richtung Publikum. Die Bühne ist in aggressiv rotes Licht gehüllt. Hier wäre ein Moshpit eigentlich unumdingbar. Es halten sich aber alle brav an die Spielregeln, wandeln die aufgefangene Energie in Springen und Mitrappen um. Die Luft ist geladen und die Stimmung hat ein absolutes Maximum erreicht, das bis zum Konzertende nicht mehr abflacht.

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Ich möchte mich einmal bei euch bedanken. Vor zehn Jahren war es echt keine Selbstverständlichkeit für mich, dass ich das immer noch machen kann. Ich bin gerade auf meiner ersten Solotour, heute ist meine dritte Show – und die musste hochverlegt werden!“, Danger hält kurz inne, „als Danke möchte ich euch etwas ‚Heroin‘ schenken. Damit mache ich euch abhängig und den Rest verkaufe ich euch dann am Merchstand!

Es folgen vier Zugaben. Bei „Ölsardinenindustrie“ setzt er sich noch einmal ans Keyboard, beruhigt die aufgeheizte Stimmung ein wenig, legt dann mit „Fickt euch alle“ aber nochmal eines drauf. In der Mitte des vorletzten Songs klettert ein Fan auf die Bühne und umarmt Danger kurz, ehe er genauso schnell wieder in der Menge verschwindet. Zum Abschluss dröhnt „Let it be“ von den Beatles aus den Boxen – laut eigener Aussage das erste Lied, das Danger Dan und Panik Panzer gemeinsam spielen konnten, „bei einer Weihnachtsfeier in der Schule“.

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Fazit: Authentizität wird immer wieder als das mitunter Wichtigste im Rap betont. Danger Dan wirkt zu jeder Sekunde durch und durch er selbst. Er bringt eine anarchistische Hau-drauf-Attitüde mit auf die Bühne und übermittelt diese Emotionen in seiner Musik auch perfekt ans Publikum. Es schnappt sie sofort auf, bleibt aber friedlich und achtet aufeinander. Seine Performance zerlegt das Flex, richtig zerstört wird aber lediglich eine einzelne Neonröhre, die Danger beim Vorbeigehen aus Versehen aus ihrer Halterung streift. Angefangen beim Support durch Hartmann bis hin zum Sound, eine mehr als gelungene Show!

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