Stakkato-Gewichse straight outta OTK – Klick klack, Kopfschuss
Eine mutmaßliche Sicherheitslücke, wahrlich kuriose Jurybesetzungen und ein veränderungsbedürftiges Votingsystem. Kurzum: Nicht die besten Voraussetzungen für Österreichs wichtigsten Musikpreis.
Am 1. Mai werden die Amadeus Awards zum vierzehnten Mal seit dem Jahr 2000 verliehen. In den letzten Jahren erfuhr der Award durch Umstrukturierung, weg von der uninteressanten Awardvergabe an die erfolgreichsten internationalen Acts, hin zu der Auszeichnung ausschließlich österreichischer Musiker eine starke Aufwertung. Somit ist der Amadeus eine der wenigen Institutionen, die österreichischen Acts Anerkennung und Respekt für ihre Erfolge in der heimischen Musikszene zollt.
Allerdings wurden bis ins Jahr 2008 nur die verkaufsstärksten Künstler ausgezeichnet, heute existiert die sogenannte „Top Seller“ Regelung, mit der nur noch die jeweils zwei verkaufsstärksten Acts jeder Kategorie automatisch nominiert sind. Die restlichen drei Nominierten werden von einer genrespezifischen Jury ausgewählt. So scheinen zwar auch Artists abseits des Mainstreams in der Liste der Nominierten auf, doch der Awardgewinn bleibt dank 100 prozentigem Publikumsvoting dem Nominierten mit der größten Fananzahl und den höchsten Verkaufszahlen vorbehalten.
Überdies bestehen die einzelnen Jurys aus unterschiedlich vielen Juroren, die Mitgliederanzahl schwankt zwischen 14 bis zu 34 Personen pro Jury. Folglich hat beispielsweise ein Mitglied der Kategorie „Best-Live Act“ ein sechzehntel Stimmgewicht, wohingegen ein Mitglied der „Pop Rock“ Kategorie bloß ein vierunddreißigstel Stimmgewichtigkeit besitzt.
Neben dieser ungerechten Stimmgewichtigkeitsverteilung stellt sich auch die Frage weshalb Künstler teilweise selbst Juroren sind. Dass Personen aus der Musikindustrie Juroren sind ist bei Veranstaltungen dieser Art allgemein üblich und auch unbedingt erforderlich, da diese einen genauen Einblick in die Musikszene besitzen. Tatsache ist auch, dass die österreichische Musikszene im Allgemeinen doch recht überschaubar ist, doch ist die geringe Zahl an szeneinvolvierten Personen eine Rechtfertigung dafür, dass Künstler folglich ihresgleichen oder gar sich selbst nominieren könnten?
Ein Message-Sicherheitscheck(Selbstversuch) deckte zudem eine mutmaßliche Sicherheitslücke auf: Momentan besteht die Möglichkeit, mit einer Anwendung, welche mit wechselnden Email -Adressen abstimmt, unechte Votes in beliebiger Anzahl zu generieren. Diese fälschlichen Votes fallen häufig aus der Reihe, wenn beispielsweise unerklärlich viele Stimmen in einem kleinen Zeitraum für einen Act abgegeben werden oder dutzende Stimmen von derselben IP-Adresse stammen. Durch genaue Kontrolle nach Abschluss des Votings können diese aufgedeckt und egalisiert werden, doch es existieren Wege, selbst Hindernisse zu umgehen. So kann zum Beispiel die IP- Adresse durch Proxy-Server verdeckt werden und die „Votes“ auf einem konstanten, unauffälligem Niveau gehalten werden.
Eine Möglichkeit diese Schwäche im Sicherheitssystem auszubessern, wäre die Einführung eines sogenannten „capture codes“ welcher bei jeder Stimmabgabe ausgefüllt werden müsste, und auch bei ähnlichen Veranstaltungen verwendet wird. Bedauerlicherweise waren die Veranstalter auch nach mehrmaliger Anfrage nicht zu einer Stellungnahme, alle hier abgehandelten Themen betreffend, bereit.
Eine vergleichbare Veranstaltung wie etwa der Echo manövriert sich zwangsläufig in eine Bedeutungslosigkeit, da dieser immer noch an einer alten Struktur festhält und komplett an Verkaufszahlen festgemacht ist. Diese Wertlosigkeit wird schon jetzt am medialen Echo des Preise ersichtlich: abgesehen von der Live- Übertragung und Skandalen findet der Echo medial kaum statt.
Wohingegen die Brit Awards, welche früher selbst nur die erfolgreichsten
Musiker auszeichneten, zeigen, dass auch ein anderer Weg eingeschlagen werden kann. Heute wird nur noch der Gewinner der Kategorie „Best- Live Act“ per Publikumsvoting ermittelt. Die restlichen Awards werden von der über 1000 Mitglieder zählenden „Voting Academy“ bestimmt. Seitdem konnten die Brit Awards den Ruf als uninteressanter Top 40 Chart-Award ablegen und wurden so zu einer der renommiertesten und aussagekräftigsten Auszeichnungen der Musikbranche weltweit.
Dieses Modell wäre für den Amadeus wohl mehr als eine Überlegung wert, will man den Fokus von reinem Erfolg und Fananzahl hin zu musikalischer Qualität, Raffinesse und Innovation verlagern.
Text: Felix Diewald
Foto: Amadeus/Andreas Tischler
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