Liebt deutschsprachigen Rap und Taylor McFerrin. In jeder freien Minute…
Ein Leintuch in der großen Trommel, ein Kapuzenpulli quer über die kleine Trommel und ein Schlag von Amewu auf das Ridebecken. Ohne improvisierte Schalldämpfung wäre das Schlagzeug von Trommel Tobi an diesem Abend wohl zu laut geworden für das Gürtellokal B72. Der Berliner MC Amewu spielt nämlich nach Einladung von Advanced Society mit DJ Chrisfader und seinem Drum-Compañero wieder einmal in Wien auf. Einer der wohl eloquentesten Rapper Deutschlands ist ja nicht nur bekannt für seine ordentliche Live-Show, sondern auch für die obligatorischen Liegestütze während der Performance zu „Training Day„. Der trotz Pfingst-Feiermarathon nicht kleinen eingefundenen Menge gefällt’s. Bei „Schnittmenge“ wird der Beat von Trishes gehuldigt und Amewu begibt sich während der ganzen ersten Strophe hinter den schwarzen Vorhang abseits der Bühne, um das Publikum dazu aufzufordern, sich doch einmal untereinander näher kennenzulernen, statt nur auf eine Person auf der Bühne fokussiert zu sein. Beim Doubletime-Rap von „Universelle“ darf sich dann auch jemand aus der ersten Reihe an die Hook wagen, laut Protagonisten des Abends hat er dies gut gemeistert – er befände sich auf Platz 2 hinter einem 17-jährigen Mädel aus Hamburg. Nach gut einer Stunde Show und der Aufforderung, sich den „Vielleichtsager“ auf Youtube anzuschauen, bringt Amewu schließlich das lang geforderte „Live MCs„, welches im Original mit Megaloh und Chefket vorgetragen wird. Um dabei trotzdem nicht ganz alleine auf der Bühne zu stehen, appelliert er zu Ende des Tracks an die energiegeladene Menge, die MCs unter den Besuchern gen Podest zu schicken. Prompt versammeln sich drei Rapper neben Amewu, wechseln sich im 4Bars-Takt ab, bis Gastgeber Appletree dazukommt, um in einer freestylenden Vorstellung der Künstler die kleine Jam-Session zu vergrößern.
Beschäftigt man sich näher mit der Person hinter dem Rapper und erfährt von seinen politischen Aktivitäten (nachzulesen im The Message Interview) wundert es einen auch nicht, dass beim Konzert auf einmal die Flüchtlingsproblematik der Festung Europa und Lampedusa angesprochen werden. Gewöhnlich ist das für ein HipHop-Konzert nicht. Doch Amewu fordert die Menschen auch sonst gerne auf seinen Seiten in sozialen Medien auf, an Solidaritätsdemos teilzunehmen und setzt sich für eine humane Flüchtlingspolitik ein. Sich dafür zu engagieren, wäre nämlich „ein Teil von Menschlichkeit“, wie er gestern Abend in Wien den Konzertbesuchern noch einmal mit auf den Weg gibt. Da wundert es auch nicht, dass zu Ende des Abends ein paar Leute aus dem Publikum den Platz von Amewu bekommen, um für den Fall Josef S. zu sensibilisieren. Der Student aus Jena sitzt seit den Demos gegen den Akademikerball im Februar 2014 in U-Haft. Am ersten Prozesstag letzten Freitag, wurde diese bis Ende Juli verlängert. Die abschließenden Worte hätte Amewu nicht passender wählen können, als er das Publikum in die laue Juni-Nacht mit „Euer Land ist so frei, wir ihr es macht“ entlässt.
(JG)
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