Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
„Ur arg, dieser Kümmelbraten“, startet die Tonaufname des Gesprächs mit HipHop Joshy – begleitet von Schmatzgeräuschen. Im Garten eines Heurigen am Wiener Wilhelminenberg genießen wir die letzten Sonnenstrahlen. Ein passendes Ambiente, zumal alltägliche Freuden und Fress-Lines seit jeher einen Platz in der Musik des Rappers einnehmen. Doch es steht Veränderung im Raum. Mit dem am Freitag, 27. Mai, erschienenen Mixtape „Konnex“ schließt der Heiße Luft-Labelmitbegründer und Diskoromantik-Bandmember das Kapitel HipHop Joshy ab.
Alles beim Alten?
Das Mixtape enthält einige vorab als Singles erschienene Tracks, „Zu tief“, „Connecten II“, „Einfach“ und „AFK“ sind nur einige Beispiele. Der „Konnex“ mit befreundeten Artists zieht sich durch. So kommt lediglich der Opener ohne Featurepart aus. Anschließend sind Bacardy52, Dirtysanchez, Edwin, escape, JerMc, Kapito, Roko von der Tanke, T-Ser, UK-Rapper Verbz sowie Yugo vertreten. Nicht zufällig handelt es sich um ein Potpourri an Tracks, die in gemeinsamen Sessions und ohne großes Konzept entstanden sind. „Ich hasse es, alleine zu schreiben. Es geht gemeinsam leichter von der Hand, ist mehr wie ein Spiel. Alleine ist es mehr Arbeit“, meint HipHop Joshy.
Aufgenommen auf feinen Beats von Melonoid, food for thought, Hardy, Vorsicht, Zerotonin und Devaloop, verknüpfen die Klänge Trap über tanzbare House-Einflüsse bis hin zu klassischem Boombap – in Kombination mit einem bei einer Onlyfans-Aktion „Say your name & dick rating“ seiner Lieblingspornodarstellerin gecheckten Joshy-Name-Tag, der die Tracks begleitet.
Inhaltlich fährt HipHop Joshy einen bekannten Film. Im Vordergrund stehen aus der Hüfte geschossenes Representen und mal mehr, mal etwas weniger Oberflächliches aus dem Alltag. Es schleicht sich das Gefühl ein, dass er – trotz aller musikalischer Entwicklung der vergangenen Jahre – inhaltlich auf der Stelle tritt. Das gesteht er sich selbst ein. „Mich langweilt es eh schon, über Weed oder des Rappens wegen über irgendwas zu rappen. Mit dem Flow und witzigen Reimen kann man sich da aber gut austoben“, sagt er. Der Anspruch, bisschen ein schräger Rap-Vogel zu sein, ist ohnehin längst ein Markenzeichen. „Es soll catchy, aber auch anders sein. Es soll bisschen anecken und frech sein.“
Stress mit und Stress ohne Grund
Die Tracks beinhalten immer wieder Textfetzen, die Persönliches offenbaren. „Schau meine Haare, ich polarisiere, Leute sehen mich und sind sofort getriggert“ etwa. „Damals hatte ich einen Pony mit Dutt oben, weil ich das witzig fand“, sagt HipHop Joshy. Die Folge: Angestänkert werden in Dauerschleife. „Es ist mir so am Oasch gegangen. Die Leute sind mich deppat angestiegen – dass ich eine Schwuchtel sei und so weiter. Jetzt mit dem Voki ist es weniger geworden.“ Doch der Rapper scheint von Haus aus etwas Provokantes auszustrahlen. „Ich habe regelmäßig Stress mit fremden Leuten und weiß nicht warum. Meistens mache ich extra nichts, weil ich es eh schon weiß, aber ich glaube sie checken trotzdem, dass ich mich schnell provozieren lasse – ich steige meistens auch auf so einen Scheiß ein.“
Dass es im Umgang mit Mitmenschen manchmal nicht so einfach ist, die Contenance zu bewahren, zeigt der Track „Hass“ mit JerMc. Auch eigene Defizite schwingen mit. „Ich kann mir nichts sagen lassen. Wenn ich das Gefühl habe, jemand will belehrend sein, bin ich direkt anti. Die ur dumme Eigenschaft“, sagt HipHop Joshy. Wenn etwas nicht nach seinem Plan rennt, kann das bei ihm zu Wutanfällen führen. „Ich kann dann nicht klar denken, muss es rauslassen, schreien und auf Wände schlagen – eigentlich bräuchte ich einen Boxsack“. Die Impulsivität sei immer schon dagewesen, die Anfälle mit der Zeit aber schlimmer geworden – stets in Kombination mit Schamgefühlen. Negativer Höhepunkt: Ein Wutanfall, bei dem er mit einem Buttermesser abgerutscht ist und sich eine Sehne durchtrennt hat. „Danach war das ganze Jahr zach. Ich hatte die ersten vier Monate eine Schiene, konnte nicht kochen und nichts machen. Dann die Lockdowns, Stress mit der Freundin und der Wohnung und die Frage, wie ich mit der Mucke weiter machen soll.“ Seit einiger Zeit geht HipHop Joshy in Therapie. Auch um zu lernen, potenziellen Wut-Auslösern besser aus dem Weg zu gehen und sich besser abzulenken, wenn es mal brenzlig wird – etwa mit dem Multiplizieren hoher Zahlen.
R.I.P. HipHop
Könnte das Schreiben von Texten nicht auch eine gute Ablenkung sein? Eine Frage, die sich aufdrängt. Um alleine zu schreiben, müsse HipHop Joshy immer noch über seinen Schatten springen, weil es oft wenig Spaß mache und uninspirierend sei. „Aber irgendwann will ich halt auch was erzählen. Ich habe mir das in den Kopf gesetzt“, hält er fest. Klar, es gab es schon vorher persönliche Tracks wie „Tatort Hietzing“, „Hop oder Drop“ oder auch „Zu tief“ aus dem aktuellen Mixtape, aber eben nur vereinzelt. Letztlich sollte sein Leben aber genug Stoff bieten, um ein Album zu füllen – und genau daran arbeitet der Rapper momentan. Sein erstes Soloalbum soll im kommenden Winter erscheinen und Themen behandeln, die man von ihm nicht gewohnt ist. „Es sind ur persönliche Sachen oben, mit denen ich mich selber lange nicht auseinandergesetzt habe. Ich musste vielleicht erst die Geschichte erleben, damit ich was erzählen kann“, kündigt er das Konzeptalbum an – ohne zu viele Details verraten zu wollen.
Was schon klar ist: HipHop Joshy sagt „R.I.P. HipHop“. Seine künstlerische Neuorientierung geht mit einem Namenswechsel einher. „Das HipHop-Ding ist mir schon am Oasch gegangen. Ich habe das Gefühl, dass es zu albern ist. Man stempelt mich mit dem Namen gleich in diese Underground-Realkeeper-Ecke ab. Darauf habe ich keinen Bock mehr“. Bevor die Änderungen zum Tragen kommen und erste Tracks unter neuem Namen erscheinen, erscheint am 1. Juli eine Deluxe-Version von „Konnex“ mit zwei weiteren Tracks – Kitana und futurebae erweitern die Liste der Featuregäste. Außerdem gibt es eine Vinyl-Version des Mixtapes, die via Bandcamp vorbestellbar ist.
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