Ihr Debütalbum „Schmetterlinge“ kündigte uns Hunney Pimp schon im Interview zu ihrem ersten Mixtape „Zum Mond“ diesen Sommer an: „Es geht um eine Motte, die sich als Schmetterling fühlt und in der Nacht herumschwirrt, von Situation zu Gefühl und Situation zu Gefühl.“ Mit viel Poesie, aber auch nüchternen Ansagen zeigt sie sich (wie auch bei ihrem vorherigen Tonträger) für Freunde und Feinde verwundbar und stark zugleich.
Zusammen mit Young Krillin startet sie die melancholische Geschichte vom Alltag. „Flügel“ heißt der erste Track, der erzählt, wie man sich mit Drogen durch schlechten Zeiten kämpft. Nicht nur an der Wortwahl, sondern auch in der Experimentierfreudigkeit mit Stimme und musikalischer Unterlegung erkennt man ihre Affinität zum Abstrakten. Sie schafft sich ihre eigene Fantasiewelt, in der sie sich neu erfinden kann und niemandem etwas beweisen muss.
Verträumte Vibes gibt es auch durch die Beats vom Wiener Produzenten Melonoid, dem Schweden p.E., dem US-Amerikaner Sycho Gast, dem Deutschen Buskapé, dem Salzburger mr. käfer und der Interpretin selbst. Cloud-Rap-Beats verbunden mit Old-School-Einflüssen machen die Instumentals neuartig und passen perfekt zu Hunney Pimps recht eigenen Stil. Das Album ist sauber produziert. Unter anderem im Song „Guade Nocht“ wird verklärter Sound durch melodischen Gesang unterstützt, der fast wie ein eigenes Instrument wirkt. Das Album hört sich an wie durch einen dicken Vorhang. Die Atmosphäre ist neblig, was gut zur gemütlichen Art der Interpretin passt.
Bevor sie mit „Einfoch Na“ den Männern in der Welt da draußen den Mittelfinger entgegenstreckt, träumt sie zusammen mit dem deutschen Rapper Bambus von romantischen Lagern in „Bladln und Blia“ und muss den Kontrast nicht erklären. Es folgt der ähnlich kitschige Track „I deck di zua“, in dem sie den Sog einer frischen Liebe einfühlsam und mit lyrischer Finesse erzählt. „I glaub du bist g’troff’n, es tropft aus deiner Brust„, erklärt sie sehr bildlich die Vergänglichkeit ebendieser Gefühle. Besonders schön ist hier der Einsatz des Klaviers, der die Stimmung noch nostalgischer macht. Hunney Pimp zeigt sie sich in diesem Song sehr verletzlich und ermutigt zur Emotionalität.
Das hält sie allerdings nicht davon ab, Klartext zu reden. Im Song „Red ned mit mir“ featuring Minddead verpackt sie ihren Frust. Durch schnell gerappte Rhymes im Verse macht sie klar: „Es wird ned besser, je länger man schweigt„, Hunney Pimp hat kein‘ Bock mehr, „schenk da dein Scheiß„. Den Refrain „Fias miad, viel zu schiarche Wege passiert“ ergänzt Minddead mit nicem Flow: „Sie hat sie gspürt, jetzt spürt sie nix„. In „Bleicher Tog“ wird die Stimmung noch ärger, denn „die Motte zerklatscht, am Fenster die Reste„. Aber, da „jedes Tief sich im Nebel verliert„, geht es bald wieder bergauf. Auch wenn es „immer der gleiche, bleiche Tag“ zu sein scheint, macht das Finale des Albums „Guad is die Zeit“ Mut, sich sein Krönchen wieder aufzusetzen. Übrigens ganz wie die Motte auf dem Album-Cover, gemacht vom Berlin-based Designer Manuel Tozzi und einem Salzburger Graffiti-Künstler, der sich auf Instagram _aldij_ nennt.
Fazit: Wie ein roter Faden zieht sich die Idee der Motte, die von Situation zu Gefühl und von Situation zu Gefühl fliegt, durchs Album. Hunney Pimp schafft den Spagat zwischen Kitsch und Coolness. Zwischen den Tracks fehlt jedoch ein wenig die musikalische Abwechslung. Der nebulöse Sound lässt einen tief in die Couch sinken und regt zum Nachdenken an. Die Thematik ist inhaltlich und musikalisch gekonnt herübergebracht, die Message – unter anderem an die Männerwelt – ein wichtiger Repräsentationsfaktor. Hunney Pimp setzt ihre Stimme geschickt ein, die Beats passen und man merkt, dass das sehr stimmige Album von Herzen kommt.
Im neuen Song “Frag mich nicht” von Dexter ft. Ahzumjot ist Hunney Pimp übrigens auch mit einer Hook zu hören. Hier ist der Link. Also frag ned.
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