Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
Bislang einige Jahre getrennt voneinander aktiv, sind JuJu Rogers und Negroman derzeit gemeinsam auf einer Tour, die sie am Valentinstag ins ausverkaufte Wiener Werk führte.
Ihre gemeinsamen Shows stehen im Zeichen des vor allem in den USA und Kanada seit 1970 gefeierten „Black History Month“, mit dem jeden Februar die schwarze Geschichte sowie die damit verbundenen Persönlichkeiten des jeweiligen Landes geehrt wird. Die Schreibweise „Black History Tour“ verdeutlicht, dass die deutschen Rapper nicht nur für schwarze Selbstermächtigung einstehen, sondern den Kampf gegen patriarchale Strukturen ebenso in den Vordergrund rücken. Neben der lyrischen Aufarbeitung sozialer Ungleichheiten verbindet die beiden, dass sie Ende 2019 neue Soloalben veröffentlicht haben – Juju Rogers „40 Acres N Sum Mula“, Negroman „Cuck“ –, die erwartungsgemäß den Hauptteil ihres jeweiligen Auftritts darstellen.
Im Werk ist der Zeitplan straff, zumal schon kurz nach 22 Uhr für den regulären Clubbetrieb Platz gemacht werden muss. Als die letzten Abendkassatickets vergriffen sind, startet JuJu Rogers pünktlich mit seinem Set. Der Wahl-Berliner legt sichtbar viel Energie und Emotion in seinen Auftritt. Zwischen den Tracks sorgt er für situationsbezogene Interaktion mit den Besuchern. In Kombination mit den persönlich ausfallenden Tracks sorgt er für eine teils intensive Atmosphäre. Auch bedingt durch seine afroamerikanisch-fränkischen Wurzeln, drehen sich die größtenteils englischsprachigen Texte um die Identitätssuche, Spiritualität sowie das Zurechtkommen in einer kapitalistischen, ausbeuterischen Gesellschaft. Folglich schwingt auch viel Weltschmerz mit, den er direkt vermittelt.
JuJu Rogers flowt im Verlauf der Show sauber, die dazwischen eingestreuten Gesangsparts unterstreichen die soulige Note. Während die neuen Tracks mit trappig-sphärischem Sound und teils dominantem Subbass die Anlage an ihre Grenzen bringen, kommt sie mit „Hungry“ und weiteren Nummern mit „Oldschool Future“-Kopfnickern von Bluestaeb und Figub Brazlevic wesentlich besser zurecht. Als eines der Highlights erweist sich ein Solo, das JuJu Rogers mit seiner Miniatur-Trompete vorträgt – er wurde seit seiner Kindheit als Jazz-Trompeter unterrichtet, auf „40 Acres N Sum Mula“ baute er sie erstmals in Rap-Tracks ein. Bevor der bei Jakarta Records aktive Rapper für Negroman Platz macht, verlässt er strahlend die Bühne, betont seine Dankbarkeit, hier spielen zu dürfen und unterstreicht damit seinen sympathischen Auftritt.
Keine Minute später übernimmt Negroman das Zepter. Lange mit Nepumuk im Duo Luk&Fil aktiv, erhält er diesmal lediglich Unterstützung von DJ Uwe. Als Parallele zum neuen JuJu-Rogers-Werk vereint auch sein Solowerk „Cuck“ jazzige und trappige Anleihen. Gleichzeitig fallen Tracks wie „Bauchredner“, „Sollsein“ oder „Garfield“ um einiges reduzierter und Lo-Fi-artiger aus, wie der direkte Vergleich verdeutlicht. Während JuJu Rogers auf direkte, lebensnahe Botschaften setzt, dominieren bei Negroman Wortverspieltheit, Abstraktion und exzessive Ausflüchte mit teils gepitchter Stimme. Wie der Titel „Cuck“ verspricht, rücken sexuelle Themen mehr in den Vordergrund. Im Werk kann der Wahl-Leipziger aus dem Sichtexot-Dunstkreis damit die dichte Atmosphäre weiter ausbauen und in einigen Momenten auf eine textsichere Crowd zählen – allen voran bei älteren Tracks wie „From Uwe With Love“. Auf der Bühne macht er einen aufgeweckten Eindruck, bringt zwischendurch viel sprachliche Finesse zum Vorschein und sorgt mit neckischen wie (selbst-)ironischen Überleitungen für einige Schmunzler. Seinen Auftritt rundet er in klassischer Manier mit einem A-capella sowie einem noch unveröffentlichten Track ab.
Nach einer gelungenen Show ist pünktlich um 22 Uhr Schluss, statt einer Zugabe gibt es einen Verweis auf den Merch-Stand. Die verwehrte Rückkehr auf die Bühne tut der Zufriedenheit der Besucher keinen Abbruch. Es scheint weitgehend Einigkeit darüber zu herrschen, dass Negroman und Juju Rogers zu den derzeit spannendsten Rappern in Deutschland zählen. Vor allem Negroman dürfte einige ins Werk gelockt haben. „Ich war nur wegen ihm da. JuJu Rogers ist mir von der Art her bisschen zu basic, er würde in Amerika wohl weniger herausstechen“, meint JerMc anschließend. Besucherin Linda schlägt in eine ähnliche Kerbe und betont den zeitigen Start der Show: „Ich war leider bisschen spät dran, bin aber eh mehr für Negroman gekommen und er hat super abgeliefert. Mit ihm kann ich mehr anfangen als mit JuJu Rogers, der stärker in die Trap-Richtung geht“.
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