Das Publikum ist noch recht überschaubar, NULLZWEIZWEI sind aber bereits in vollem Gange und bereiten das Werk gebührend auf die folgende Show von Antifuchs vor. Die drei veranstalten Sprechchöre, sorgen für den ersten Moshpit des Abends und zeigen bei „Дай мне“, ihrem bisher erfolgreichsten Track, was sie zu bieten haben. Mit einem letzten „Antifuuuchs!“-Ausruf von Bazu gehen sie ab und überlassen dem Mainact die Bühne – Antifuchs steht bereits am Bühnenrand in den Startlöchern und lässt sich von lautem Geschrei nach oben tragen.
Passend zum Release ihres zweiten Albums „Love, Weed & Mittelfinger“ startet sie mit dem „INTRO“ in die Performance – entgegen ihrer üblichen Attitüde wirkt die ruhige Kampfansage im ersten Moment unerwartet, damit legt sie aber geschickt den Grundstein für eine Show, deren Spannungsbogen sie bis zur letzten Sekunde aufrecht erhalten kann. Das Konzert wird noch einiges an Überraschungen bereithalten – für die Fans, aber auch für Antifuchs selbst. Die Bühne teilt sie mit ihrem DJ Tacka77 und der Kollegin $HAKAL, die sie aber zuerst noch von Publikum hereinrufen lässt: „Ich glaube, die ist noch im Backstage und kifft. Wien, gebt ihr mal Bescheid, dass die Show begonnen hat!“
Antifuchs schnappt sich ein grünes Klemmbrett, darauf sind mehrere A4-Seiten geheftet, auf der vordersten steht in großen Buchstaben „ANTI DIET DIET CLUB“. In Anlehnung an „Fressflash“ läuft die komplette Show unter diesem Motto. Sie blättert im Laufe des Abend immer wieder durch, um einen neuen Abschnitt anzukündigen und inszeniert so geschickt einen Konzert-Workout-Plan. „Und jetzt ziehen wir die Geschwindigkeit für unser Workout mal richtig hoch! Habt ihr Bock auf einen Klassiker?“ Schon bei den ersten Takten von „Neongold“ beweist das Publikum, wie viel Bock es hat: Die „Antiarmy“ zeigt sich durchwegs textsicher und macht bei allen Animationsspielchen mit. Als Belohnung verteilen Antifuchs und ihr Team für „Flying Fuck“ Bandanas an das gesamte Publikum.
Bei „Baklava & Bitches“ teilen sie und $HAKAL die Menge in zwei Hälften. Zur Erleichterung mancher möchten sie aber nicht einen Moshpit starten, sondern je eine Publikumshälfte einzelne Parts des Refrains übernehmen lassen. Anfangs klingt das noch zögerlich, dann zeigt sich aber auch Antifuchs sichtlich begeistert, wie laut alle schlussendlich mitsingen. „Egal, ob ihr Baklava seid oder Bitches, ich nehm‘ euch beide!“, lobt sie. Um den Planpunkt „Lovesongs“ zu vervollständigen, hängt sie noch „Hombre“ dran.
Plötzlich hält sie Inne. Das Ganze sei ihr noch zu wenig: „Wisst ihr, ich geh‘ immer mit erhobenem Mittelfinger durch die Welt und denk mir dann so ‚fuck, ich sollte echt mehr Liebe verteilen‘. Deshalb zeig ich euch jetzt, wie ihr mit euren Mittelfingern Liebe macht!“ Antifuchs und $HAKAL stehen nebeneinander auf der Bühne, beide Mittelfinger zur Seite weggestreckt. Als Tacka77 mit „Fressflash“ einsetzt, führen sie beide Mittelfinger im Takt immer wieder über den Köpfen zusammen und bilden eine Herzform. Innerhalb weniger Sekunden übernimmt die Menge diesen Bewegungsablauf und das Werk wirkt wie der Schauplatz einer trashigen Nachmittags-Animation am Pool eines All-Inclusive-Hotels.
Eigentlich, merkt Antifuchs an, wäre es laut Plan jetzt Zeit für eine Raucherpause. $HAKAL weist sie aber auf das Rauchverbot hin, weshalb Anti zwar jemandem aus dem Publikum bestimmt, um ihr einen Joint mit reichlich „Kush“ zu drehen – „das ist aber der Feierabend-Joint, den rauchen wir dann alle gemeinsam draußen nach der Show“. Abgesehen davon wolle sie ja das Workout überstehen. Deshalb entscheidet sie sich für Wasser und möchte sich vergewissern, dass eh jede*r genug zu trinken hat. Becher schnellen in die Höhe und ihr schallen laute Rufe entgegen.
Die Menge geht in die Hocke. Als beim Drop alle hochspringen, kommen NULLZWEIZWEI nochmal auf die Bühne – „seht ihr, das passiert immer, wenn ihr in die Hocke geht“. Gemeinsam performen sie „Pisdez“ und starten einen letzten Moshpit. Die Stimmung hat ihren absoluten Höhepunkt erreicht und das Werk gefühlt zehn Grad mehr. Nach einem Blick auf den Workout-Plan stellt Antifuchs fest, dass die Show jetzt eigentlich zu Ende wäre. Weil sie aber noch so viel Bock auf den Abend hat, folgt noch ein Mashup von „Preach“ und „Anti Army“.
Noch ehe das Publikum den ersten „Zugabe“-Ruf anstimmen – oder Antifuchs überhaupt von der Bühne gehen, kann, steht ihr Manager neben ihr mit einer besonderen Nachricht. Man habe solange an der Promo für das Album gearbeitet und wer zeitgleich zum Release tourt, könne das nur schwer richtig genießen – „damit sie das aber trotzdem kann, hat sich dein Team eine Kleinigkeit überlegt“. Bevor Antifuchs wirklich realisiert, was passiert, wird eine große Torte im Albumdesign auf die Bühne getragen. Statt weiterer Songs, gibt’s jetzt eben Kuchen für alle als Zugabe.
Fazit: Antifuchs bringt eine Power und Intensität mit, die man sich mit dieser Ausdauer und Ehrlichkeit von anderen Acts nur wünschen kann. Bei unserer Geburtstagsfeier am 18. Mai hat sie schon gezeigt, was sie drauf hat und diese Anforderungen mit der Show nach mal um ein Vielfaches gesprengt. In Anbetracht der Konzertgröße – die Show wurde vorab von der Grelle Forelle in das kleinere Werk verlegt – gilt Antifuchs wohl, zumindest in Wien, noch als Live-Act-Geheimtipp.
Weitere Fotos des Abends:
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